Madame Baheux: feminines Balkanquartett
Zum Weltfrauentag gab es letzten Samstag in Freistadt Musik aus dem Balkan von Madame Baheux zu hören. Dier Kulturverein Raml Wirt veranstaltete in Kooperation mit der Local Bühne Freistadt ein etwas anderes Konzert – und ein etwas anderer Abend verdient auch eine etwas andere Kritik.
Vor einer Woche machte Madame Baheux und ihre Band einen Stop im Salzhof Freistadt. Das „Frauen- Power“ Quartett wurde durch drei Musiker unterstützt – Trompete, Klavier und Ziehharmonika. Jelena Popržan aus Serbien, Ljubinka Jokić aus Bosnien, Maria Petrova aus Bulgarien und Lina Neuner aus Wien: vier Stimmen, fünfzehn Saiten, zwei Bögen plus Percussion und Drums. Mitreißende Folk-Songs aus Bulgarien, Serbien, Bosnien und Mazedonien in innovativen Arrangements, smarte Eigenkompositionen der Bandmitglieder und Lieder von Ewan MacColl, Bertolt Brecht, Georg Kreisler sowie ein Lied über ungastliche Wiener und ihre ausländischen Gäste in experimentellem Fiktiv-Wienerisch.
Meine persönliche musikalische Komfortzone liegt zwischen Alternative, Indie und Pop. Alles was darüber hinaus geht ist quasi Neuland für mich. So auch das Konzert von Madame Baheux. Somit ist es für mich schwer einen qualitativen Bericht zu verfassen, weil mir schlichtweg das Know-How fehlt. Ich kann leider nicht objektiv beurteilen, ob der für mich fremdklingende unrhythmische Takt perfekt ausgeführt wurde und bewusst schräg klingen sollte. Was ich euch aber erzählen kann: wie es für mich war, als totale Jazz- und Balkanniete so einem Konzert beizuwohnen.
Wie kam es also dazu, dass ich mich unbewusst dieser Komfortzonenerweiterung aussetzte? Purer Zufall: ich wusste das der Kulturverein Raml Wirt gemeinsam mit der Local Bühne zum Weltfrauentag dieses Konzert veranstaltet und somit folgte ich der Einladung. Es gab im Vorhinein schon einige Anzeichen, dass das Konzert nicht unbedingt in mein Beuteschema passte. Keiner meiner Freunde kannte die Band, es wurde äußerst pünktlich um 19.30 begonnen, der Saal war bestuhlt und sämtliche Musiklehrer*innen und Politiker*innen, die ich in Freistadt kenne, waren anwesend – die High Soceity von Freistadt quasi. Trotz der Vorzeichen traute ich mich, mutig wie ich bin, in den Saal.
Zugegeben, der erste Teil des Abends war für mich etwas verstörend, die ungewöhnliche Rhythmen und Tonfolgen waren fremd für mich und jedes Mal wenn ich dachte, ich fand den Rhythmus ändert sich dieser und ich fühlte mich wieder etwas verloren. Gedanken wie „Ich bin wohl für die Hochkultur kognitiv nicht fähig“ kamen mir ständig in den Sinn. Etwas deprimiert ging es in die Pause, zwei Makava später und ein Austausch mit anderen Besuchern war meine Depression verflogen. Es ging vielen ähnlich, selbst denen, die sich in diesem Genre eher bewandert betiteln würden. Madame Baheux ist eben doch etwas ganz Spezielles.
Voller Elan ging es somit in die zweite Hälfte. Entweder war dies musikalisch leichter verträglich oder mein Hirn hat sich an die Musik gewöhnt. Somit kann ich sagen, dass ich die zweite Hälfte durchaus genoß – die Balkanklänge waren nicht mehr befremdlich, sondern berührten mich. Die übersetzten Geschichten von den Liedern waren plötzlich verständlich und ich konnte mich hundertprozentig auf die Musik konzentrieren. Man könnte denke ich von einem Wunder sprechen.
Eigentlich wollte ich mich dieser Art der Musik erst in meinen späten 30er für mich entdecken um mir für später etwas „Neues“ aufzuheben. Durch einen Zufall wurde ich ins kalte Wasser geschmissen und muss gestehen: nach einer kurzen Aklimatisierungsphase konnte ich das Konzert auch richtig genießen. Ich kann somit diese Erfahrung nur weiter empfehlen.
Foto: Lisa Leeb