Nonchalante Debütantin: CHANTAL DORN und ihr Album „Feuerfest“
Schwer entflammbar: „Feuerfest“, das Debütalbum von Chantal Dorn, brennt weder lichterloh noch meterhoch, sondern gefällt sich in seiner konstanten Glut. Nicht mehr und nicht weniger. Ein mit viel Charme vorgetragener, handgemachter Deutschpop-Einstand, dem jedoch der Nachhaltigkeitseffekt fehlt.
Es hat etwas ausgesprochen Behagliches, wie sich die Songs von Chantal Dorn auf „Feuerfest“ im Takt wiegen. Das kann man gut und gern, je nach Standpunkt, willkommen heißen oder kritisieren, denn die Platte macht anfangs Versprechen, die sie nicht hält. Die Sturm- und Drangphase des Lebens ist beendet und die Flammen glimmen eben nur noch, was verständlich ist. Anstatt, dass die Ansätze und Einflüsse nun miteinander ringen, ja lodern, fügen sie sich gleichmäßig zusammen, bewegen sich im Sound irgendwo zwischen einer Annett Louisan („Tanze bis ich nicht mehr kann“) oder den aufgelösten Rosenstolz („Wir geben niemals auf“, „Schlafwandler“). Das Tempo ist meist gedrosselt, der Blick zum Himmel und die Gedanken über den Wolken. Der Opener „Segel“ klingt warm und überraschend sphärisch, verzichtet eben auf einen temperamentvollen Start. Die Begleitband spielt im Laufe der nächsten Minuten jazzig bis poppig angehauchte Oden, taucht ab ins Varieté („So weit war die Welt“) oder wandelt auf den Wegen von Sting zu „Englishman In New York“-Zeiten („Auf dem langen Weg zu dir“).
Nachdenk-Deutschpop, durchgehend federleicht und zuweilen chansonesk, der derart routiniert und unaufgeregt dargeboten wird, als wäre die Interpretin schon beim vierten oder fünften Album angelangt. Dorn hat ihre bisherigen Lebensjahre unter anderem damit verbracht, als Journalistin, Radiomoderatorin, Kolumnistin, Schauspielerin oder Casting-Teilnehmerin (The Voice Of Germany) tätig zu sein. Diese Selbstsicherheit ist dem wohligen Material durchaus anzuhören.
Wenn Dorn nur noch wüsste, was ihr richtig gut steht, wäre diese Platte vielleicht über sich selbst hinausgewachsen. Die Songs sind nicht immer so ambitioniert, wie es die Rahmenbedingungen erhoffen lassen. „Warum fühl ich mich so gehetzt, wann hat die Panik eingesetzt“, fragt die Sängerin in der mit dem Countrygenre liebäugelnden Single „Es ist immer jetzt“, die sich alles andere als gehetzt anfühlt, geschweige instrumentiert ist, sondern frei von Hektik, Eile oder Druck scheint. Der Titelsong schwingt allzu sehr die Pathos-Keule und für das größte Fragezeichen sorgen noch die „Briefe aus der Dunkelheit“, die zwischen all der vertonten Leichtigkeit des Materials eine fast gotische Strenge ins Songwriting packen, die sich fremd anfühlt. Dann sich lieber betören lassen von einem Lied wie dem loungigen „Während du schliefst“.
Wohin Dorn und ihr Produzent Oliver Pinelli (Unheilig, Nena) musikalisch hinwollen, ist auf „Feuerfest“ nicht vollkommen ersichtlich. Die Ansätze machen Hoffnung, brauchen aber noch weiter Schliff. Auch ihr Profil als Sängerin, Interpretin und Songwriterin muss geschärft werden. Dieses Debüt ist so zwiegespalten wie der Schreiber dieser Zeilen. Gut gemacht oder schlicht zu beliebig? Chantal Dorn macht es einem mit der Entscheidungsfindung jedenfalls nicht leicht. Dieses Album wird dementsprechend die Welt nicht in Brand setzen und kocht vorerst nur auf kleiner Flamme.
Tracklist:
01. Segel
02. Feuerfest
03. Wir geben niemals auf
04. Während du schliefst
05. Das Ende vom Lied
06. Es ist immer jetzt
07. So weit war die Welt
08. Auf dem langen Weg zu dir
09. Schlafwandler
10. Briefe aus der Dunkelheit
11. Tanze bis ich nicht mehr kann
12. Warte nicht auf mich
Fotos: © Daniel Flax, Dietmar Mathis // Wild Waters