Foto: Christoph Leeb

Schlommerfest: gegen die Franckviertler Tristesse

Das Linzer Franckviertel hat nicht immer den besten Ruf. Warum das so ist, hat wohl mannigfaltige Gründe. Ein Grund, das Viertel zu lieben, ist aber ein kleiner, dafür umso feinerer Atelier- und Kulturverein inmitten eines alten Fabriksgeländes: der oder das Schlot. Am vergangenen Samstag luden die „Schlotis“, wie sie sich nennen, zu einem „Spätschlommerfest“: ohne Regen, mit gutem Bier, und noch besserer Musik.

Der Schlot ist seit Jahren einer der Gründe, um ins Franckviertel zu pilgern. Großteils ehrenamtliche Kulturarbeit, ein bisschen Stadtteilentwicklung quasi nebenbei – und außerdem wissen die Damen und Herren, wie man anständige Feste veranstaltet. Auch das Spätschlommerfest am vergangnen Samstag fällt in diese Kategorie – mit vier Live-Bands outdoor und einer Party, die erst in den frühen Morgenstunden endete.

Aber der Reihe nach. 3G-Regel? Ja, wurde kontrolliert. Green Event? Ja, war das Spätschlommerfest auch. Öko-Klos, Bio-Bier, und die wahrscheinlich beste Pizza, die man auf einem heimischen Festival kriegen kann, zeugten davon. Pünktlich um 18:15 (ja, so früh!) standen mit MaulWurf auch die ersten Live-Künstler auf der Laderampe, äh, Bühne. Das Trio kommt aus Linz, macht Mundart-Rock, und nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Erstaunlich: auch angesichts dieser frühen Uhrzeit waren bereits einige Leute anwesend – und wer weiß, vielleicht werden die Spotify-Streamingzahlen nach dem Gig in die Höhe schnellen!

Danach on stage: die Linzer Garage-Urgewalt Johnny & The Rotten. Bistdudeppert, liefern die drei Jungs ab. Die Platte „Down The Rabbit Hole“ läuft in der subtext.at-Redaktion schon seit einiger Zeit auf und ab, und nicht zuletzt ob ihrer herausragenden Live-Qualitäten werden sie uns auch am 9. Oktober in der ehrwürdigen KAPU am Qlash beehren. „King of the Waves“, „Welcome to the Desert“, irgendwo zwischen laut, räudig und geil angesiedelt – ein frühes Konzerthighlight in der Franckviertler’schen Abenddämmerung. Schön, dass auch die Nachbarn in den Genuss hochwertiger Musik kamen – das dürfte übrigens auch der Headliner Pabst so gesehen haben, denen die Herren Rotten auch getaugt haben dürften!

Danach stand ein Artist auf der Bühne, der uns quasi seit unserer Gründung begleitet. Average, früher noch als Average MC unterwegs – mittlerweile eines von Linz‘ Hip-Hop-Urgesteinen. Neuerdings mit Liveband – was das Konzerterlebnis gleich nochmals auf eine höhere Stufe hebt. Leider ohne Raddish, der in Frankreich auf einer Hochzeit weilte, und mit dem Average aktuell an neuem Material werkelt, aber dennoch gut. Alte Tracks wie „Spaßfreie Zone“ (immer noch der beste Beat der letzten Jahre) funktionieren genauso gut wie Tracks seines 2019er-Albums „Pont“, daneben immer einen Schmäh auf der Lippe, ein Abstecher ins Publikum und ein Feature – was will man mehr? Ein Gig, bei dem man nix falsch machen kann und Lust auf eine Wiederholung bekommt!

Der Headliner des Abends stammte aber aus Berlin: Pabst. Ich nehms vorweg: ich habe schon einiges an Live-Konzerten hinter mir, aber so ein Brett, wie es das Trio ablieferte, ist mir auch selten untergekommen. Pabst – das ist eine Mischung aus Noise, Pop, Punk, musikalischer Urgewalt, Moshpit, Schweiß und Spaß. Die Platten „Chlorine“ und „Deuce Ex Machina“ drücken live aber sowas von. Moshpits? Kann es, das Schlot. „My Apocalypse“ dürfte dann auch sowas wie das Programm sein – einige in den ersten Reihen dürften sich dann doch (im postivsten aller Sinne gemeint!) aufgegeben haben und lieferten ein Bild ab, das an ein Konzert „wie früher“ erinnerte. Sehr schön war das – und eins vorweg: sollte Pabst mal in eurer Nähe spielen, hingehen! Man wird mit einem breiten Grinser und einer neuen Platte für die Sammlung nach Hause gehen!

Danach: Abrissparty indoor. Bier, Schweiß, Tanz. Gepaart mit einem „etwas“ dröhnenden Schädel am nächsten Vormittag dürfen wir sagen: liebes Schlot, danke für dieses Fest. Auf viele weitere – das Franckviertel braucht das!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.