Good Riddance B72 Wien
Foto: Christoph Leeb

Good Riddance: Sauna-Aufguss im B72

Sommer. Indoor. Punkrock. Immer ein Garant für einen verschwitzten Konzertabend. Das wurde auch am Mittwoch deutlich – die Punk-Veteranen aus Santa Cruz, Good Riddance, sorgten samt Schweizer Support von Nofnog für angelaufene Wände, Moshpits und Ekstase.

Es sind diese sommerlichen Indoor-Punkshows, die sich lange im Hirn einbrennen. So auch das Konzert der Santa Cruz’schen Punk-Legenden von Good Riddance, die auf ihrem Weg zum Punk Rock Holiday in Tolmin einen Zwischenstopp im ausverkauften Wiener Gürtellokal B72 einlegten. Ideale Voraussetzungen, um vor der Show also noch das eine oder andere Kaltgetränk zu konsumieren. Kleiner Spolier vorweg: diese Getränke sollte man auch brauchen.

Denn auch der Schweizer Support von Nofnog wusste durchaus zu gefallen. Ebenfalls keine Unbekannten – einerseits sind sie auch schon zwei Jahrzehnte auf den Punk-Bühnen dieser Welt zu sehen, andererseits veröffentlichen sie ihre aktuellen Werke auf dem in Linz und international nicht mehr unbekannten SBÄM-Label. Einen Besetzungswechsel haben sie an der Gitarre anscheinend auch hinter sich gehabt, inhaltlich sind sie sich treu geblieben. Hardcore-Punk der melodiöseren Sorte, gewohnt politisch, ausgesprochen gut gelanunt auch als Band auf und vor der Bühne. Den Stagedive hätten wir dann aber schon noch gerne gesehen – aber was beim Support noch nicht ging, wurde dann spätestens beim Headliner nachgeholt. „Insomnia“ heißt die aktuellste, 2022 erschienene Platte. „No Fight, No Glory“ – dafür stehen Nofnog. Tracks wie „Monuments, der Titeltrack „Insomnia“, „Ungovernable“ – die vier Schweizer haben das Herz immer noch am gleichen rechten, pardon, linken Fleck. Eine Live-Performance, die durchaus Lust auf mehr machte.

Good Riddance: eine Stunde Ekstase

Was danach folgte, war der konzertgewordene Wahrheitsbeweis, warum Punk-Shows so einzigartig sind. 23 Songs in einer Stunde Settime, Zugaben exklusive – Russ Rankin und Co knüppelten sich im wahrsten Sinne des Wortes durch die Bandhistorie. Wie man dieses Ereignis beschreiben kann? Schwierig. Der Schweiß tropft nicht nur im wörtlichen Sinne von den Wänden, Moshpits und Stagedives gehören zum Standardrepertoire, und Bühnenmonitore dienen maximal zu Dekorationszwecken.

Ebenfalls gut gelaunt präsentiert sich ein Großteil der Band. Vor allem Bassist Chuck Platt ist bestens gelaunt und scherzt mit dem Publikum – Frontmann Russ Rankin ist da eher das genaue Gegenteil davon. Es ist fast schon ein Phänomen, wie verhältnismäßig ruhig man inmitten der konzertgewordenen Ekstase namens Good Riddance-Konzert als Frontmann bleiben kann. Auch von Stagedivern lässt sich Rankin nicht aus der Ruhe bringen – ein Stoiker oder Zen-Buddhist wäre stolz auf ihn. Erst zum Ende hin beginnt Rankin dann auch ein bisschen aufzutauen – als der wohl am wenigsten durchgeschwitzte Akteur im B72. Macht ihn aber nicht unsympathisch – denn die Setlist lässt wenige Wünsche offen. „Darkest Das“, „Weight Of The World“, „Dry Season“, Half Measures“, „Holding On“, „One For The Braves“ – alles vorhanden. Eine Stunde Ausflug in die Geschichte einer der prägensten Hardcore-Bands der letzten Jahrzehnte – oder: der perfekte Mittwochs-Saunagang!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.