Amorphis im Posthof Linz
Foto: Christoph Leeb

Amorphis: Finnische Urgewalt im Posthof

„Wer eine Karte für Amorphis erwirbt, weiß, dass ein Konzert der Band immer ein Erlebnis ist“ – so gelesen auf der Konzertankündigung zur Amorphis-Halo-Tour am vergangenen Samstag im Linzer Posthof. Selten war eine solche Ankündigung eine derartige Untertreibung wie im Rahmen dieses Konzertes.

Dass der Linzer Posthof an diesem Abend ausverkauft war, war nicht weiter verwunderlich. Die finnische Metal-Dampfwalze Amorphis garantiert einen stimmungsvollen Konzertabend, und auch die gut 1200 Anwesenden an diesem Abend wurden nicht enttäuscht.

Leider haben wir arbeitsbedingt den Opener des Abends, Lost Society, nur mehr gut eineinhalb Songs lang bewundern dürfen. Kennt ihr das Gefühl, dass man sich ob solcher Tatsachen oft mal in den sprichwörtlichen Allerwertesten beißt? So auch in diesem Fall, denn Lost Society machen massiv Spaß. Die stammen ebenfalls aus Finnland, machen Metal mit Alternative-Einflüssen der moderneren Sorte, und haben eines garantiert: Bühnenpräsenz. Gerne wieder, dann mit Full-Length-Set – dafür nimmt man sich auch gerne mal frei.

Sólstafir

Danach on stage: Sólstafir. Eine Band, die im Herzen dieses Redakteurs einen ganz hohen Stellenwert genießt. Kein Wunder, denn was Aðalbjörn Tryggvason seit 1994 auf die Bühnen dieser Welt zaubert, lässt sich in kein Genre einordnen. Folk? Ja. Rock? Joa. Post-Rock? Ja, auch. Umso schlimmer, dass die Bandgeschichte auch nicht immer friktionsfrei verlaufen ist, Streitigkeiten mit Ex-Drummern inklusive. Ja, Aðalbjörn Tryggvason ist ein Freigeist. Einer, der sein eigenes Ding macht, koste es was es wolle, und auch wenn man manchmal aneckt. Lässt man das alles mal beiseite, dann kriegt man bei Sólstafir immer noch eines der intensivsten einstündigen Konzerterlebnisse und eine nur sechs Songs umfassende Setlist. „Bláfjall„, „Akkeri“, „Öl“, „Fjara“ sowie mit die schönste Postrock-Hymne „Ótta“ gibt es zu hören, ehe Tryggvason mit „Goddess of The Ages“ ein Konzert beendet, das zurecht mit donnerndem Applaus honoriert ist. Wo Sólstafir draufsteht, ist Sólstafir drinnen. Und das ist auch 2023 noch immer gut so.

Amorphis

Danach on stage: Amorphis. Muss man nicht nur im Metal-Genre nicht mehr vorstellen, haben die Finnen doch ihr Genre seit 1990 (!) mitgeschmiedet wie wenige andere. Timi Joutsen und co sind aktuell mit ihrem 14. Studioalbum unterwegs. In der Heimat sowieso Superstars, stehen sie weiter südlich immer weiter oben auf den „Must-Listen-To“-Listen von Metalfans. Und das kommt nicht von ungefähr. „Northwards“ beginnt das Konzert, fast schon standesgemäß. Es folgen „On The Dark Waters“ und „Bad Blood“ – spätestens dann ist das Publikum angekommen. Wahlweise von der Bierbar oder endgültig im Konzert. Amorphis selbst zeigen sich gut gelaunt, spielen die Setlist routiniert runter – klar, was soll auf Tour schon sonst so passieren? Aber so gibt es dennoch Highlights wie „Silver Bride“ und „Sky Is Mine“, die die Menge vor der Bühne in Ekstase versetzen. „House Of Sleep“ darf natürlich nicht fehlen, und nach knappen eineinhalb Stunden entlassen Amorphis mit „The Bee“ die Menge in den kalten Novemberabend. Ein Konzert, das wenige Wünsche offen gelassen hat, Wirt und Publikum zufriedenstellte, auch wenn einige der Besucher am nächsten Tag wohl etwas Schädelweh gehabt haben werden. So soll ein Metal-Abend sein!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.