Beyond The Black in Wien
© Kerstin Kern

Beyond The Black: „Songs of love and Death“

Was verbirgt der schwarze Bühnenvorhang? Der Mannheimer Symphonic MetalExportschlager Beyond The Black brachte die Besucher:innen in der Arena Wien zum Mittanzen, -springen und Headbangen. „Dancing in the Dark“-Tour heißt die dritte Tour der Band, die am 09. April in Wien Halt machte.

Ganz im Zeichen des female fronted symphonic metal eröffnet die katalanische Alternative-Metal-Band Ankor aus Barcelona den Abend. Die Leadsängerin weckt nicht nur optisch mit grellorangem Bob direkt Assoziationen an Paramore-Frontfrau Hayley Williams, sondern auch stimmfarblich. Nachdem sie sich als Jessie Williams vorstellt, könnte sie glatt als deren kleine Schwester durchgehen. (Spoiler: Spätestens beim ersten dreckigen Growl und aggressiven Drumbeats („Darkbeat“) wird klar, in Ankor steckt weitaus mehr Metal als Alt Rock.)

Ankor: wilder metal-mix aus spanien

Dass ihr Zusammenspiel so harmonisch wirkt, ist keine Überraschung. David Romeu und Fito Martínez an den Gitarren waren gerade einmal 13 Jahre alt, als sie 2003 die Band gründeten. Eleni Nota demonstriert weibliche Power im Drumsolo bei „Prisoner“ und komplettiert das Quartett. Eingängige Hooks verbinden sich mit klassischen Metal-Rhythmen, teilweise gerappten Verses („Shh.. I’m not gonna lose it“) sowie feenhaftigen, symphonischen Elementen. Das Ergebnis ist eine wilde Mischung, die aber zu funktionieren scheint. Das Publikum liebt es, denn sie fordern direkt eine Zugabe. 

paint it black

Die Rolling Stones schallen aus den Lautsprechern, als das Licht gedimmt wird. Hinter dem schwarzen Vorhang werden die Silhouetten der Bandmitglieder erkenntlich. Beyond the Black haben sich als Stammgäste am Wacken seit ihrer Gründung 2014 einen Namen mit Nachhall erspielt. Sie enttäuschen weder musikalisch noch an Showelementen. Zuletzt gastierten sie am Nova Rock 2023 in Österreich.

Sobald die ersten Töne des folk-rockigen Tournamensgeber „Dancing in the Dark“ erklingen, drehen sich die Köpfe. Jennifer Haben beginnt im Rabenfeder-Outfit auf der B-Stage inmitten der Arena Wien und spaziert durchs Publikum, während sie den ersten Song singt. Der Vorhang fällt und enthüllt, was sich hinter dem Schwarz befindet: Große, symphonische Melodiebögen treffen auf rockige Ohrwurm-Hooks, kräftige Metal-Riffs und Gitarrensoli sowie lange Haare, die durch bunte Lichtkegel fliegen. 

Qualität als konsistenz

„Songs of Love and Death”, der Titeltrack des Türöffner-Debüts der Band, erfüllt alles, was man von einer satten Metalballade erwartet. Gerade in den Tracks des aktuellen Albums weichen klassische Metalsongs Einflüssen aus Folk, Alternative Rock bis hin zu balladenhaften Melodien, die Richtung Pop schlenkern. Diese Mischung bietet den härtesten („Reincarnation“ oder „Horizons“) und hymnischsten („Wounded Healer“, „Marching On“) Tracks eine Plattform, um herauszustechen.

Eine gecastete Neubesetzung der Musiker rund um Frontfrau Jenny hatte 2016 für spöttische Kritik gesorgt. Dass die Jungs aber weitaus mehr als handverlesene, musikalische Jünger ihrer Vocal-Göttin, beweisen sie seitdem als feste Besetzung auf der Bühne. Ihre dritte Headliner-Tour durch Europa zieht wiederkehrende Besucher:innen an, viele Rücken der schwarz gekleideten Menge zieren die Tourdaten früherer „Beyond The Black“-Zeiten.

Highlights und Experimente

Ein kristallklares Highlight des Abends bleibt die Version von „Wide Awake“, die Haben in grellroter Lederjacke alleine auf der B-Stage akustisch am Klavier performt. In einem weiteren Experiment an der Loop-Station harmonisiert sie mit ihrer eigenen Stimme, bevor der Song zurück auf die Hauptbühne expandiert. Habens einnehmende Vocals ziehen sich durch den ganzen Abend, beeindrucken in den lauten und berühren in den zarten Tönen. Auch Gitarrist Chris Hermsdörfer überzeugt stimmlich in den harmonisierten Parts, die eine kraftvolle Dynamik zwischen Mann- und Frauenstimme eröffnen. An der Gitarre sowieso.

Encore-Engel

Eine letzte Prise Pathos krönt den Abend, als die Band zurück auf der Main Stage ihre schwerwiegendsten, energetischsten Titel performt. Gehörnte Hände gehen in die Luft und bleiben oben, bis zur Zugabe nochmal alle Geschütze aufgefahren werden. Im Moment, als die Frontfrau für „Free Me“ schwarze Engelsflügel auspackt, wirkt die Kirsche auf der cremigen Metalsahnetorte, die dieser Abend ist, perfekt platziert. Zum hineinlegen, wenn auch gegen Ende ein klein wenig erdrückend. Die Dramatik ist perfekt, das Publikum begeistert, die fünf Musiker:innen scheinbar gleichfalls.

Fazit

Das Bandgefüge ist elastisch, für eingefleischte Hardcore-Metalheads vielleicht schnell zu experimentell. Diverse Brücken zu anderen Genres erschließen eine breite Zielgruppe. Beyond The Black überzeugt auf Tour wenn nicht musikalisch einheitlich jedoch qualitativ mit Konsistenz.

Was sich hinter „Beyond the Black“ versteckt, ist Symphonic Metal mit viel Symphonik, einer durchdringenden Leadstimme und musikalischen Schmankerl. Metalfans kommen auf ihre Kosten und werden diversen Einflüssen der Genreshifter ausgesetzt. Als Einstiegsdroge in die Metalszene hervorragend geeignet.