Molchat Doma
Foto: Ines Mayer

Molchat Doma im Gasometer Wien

Post-Punk auf der großen Bühne – die weißrussische Post-Punk Band Molchat Doma spielte am Donnerstag, 21.11.2024 im Gasometer Wien. Als Support dabei waren Urban Heat.

Das Publikum im Gasometer ist gemischt. Das sieht man an der Vielfalt an Outfits: Von full-on Goth Make-up und Kleidung, über trendy Y2K Look bis hin zu simplen T-Shirt Jeans Kombis ist alles dabei. Auch wenn alle Altersgruppen vertreten sind, man merkt schon: Viele sind wegen TikTok da. In der Menge ist man umgeben von Gesprächen auf Russisch.

Urban heat

Um 20 Uhr ging es los mit der Vorband Urban Heat. Wie der Headliner des Abends hatten auch die drei Amerikaner Jonathon Horstmann, Kevin Paquin und Pixel Foley, der Post-Punk Band aus Austin Texas, ihren viralen Moment auf Social Media mit ihrer Single „Have You Ever“ . Als amerikanisches Pendant zu Molchat Doma setzten sie die Stimmung für den Abend. Nach ein paar Songs ist die Halle halbwegs gut gefüllt, während im Foyer noch laufend Leute eintrudeln, in der Getränkeschlange warten oder ihre Jacken an der Garderobe abgeben. Das Publikum war eher minimalistisch, was das Tanzen betrifft – abgesehen von einzelnen Menschen. Die Stimmung dennoch top.

Nach ein paar Songs befreite sich der Sänger von seinem T-Shirt. Oben ohne – mit einem durchtrainierten Oberkörper und einem Sixpack, das jedes Fitnessmagazin zieren könnte, sang er dann u. a. einen Song über Vampire. Der Crowd gefällts. In einer Ansage richtete Frontman Jonathon Horstmann bewegende Worte an das Publikum: „There is nothing wrong with you, there is something wrong with this world“ – eine klare Botschaft für alle, die mit Depressionen oder Sucht kämpfen.

Molchat Doma

Um ca. 21:15 Uhr geht es weiter. Die Spannung steigt. Tosender Applaus als ein Bandmitglied nach dem Anderen die Bühne betritt. Am Ende stehen die drei Männer verteilt auf der großen Bühne. Ein aufwändiges Bühnenbild? Gibt’s nicht – braucht es auch nicht. Frontman Ego Shkutko überzeugt mit Tanzmoves, die etwas an diese eine Szene aus Pulp Fiction erinnern.

Der Gasometer ist gut gefüllt. In den ersten Reihen sind die Fans komplett in der Musik drinnen – pure Begeisterung in den Gesichtern sichtbar. Weiter hinten sieht’s anders aus: laute Gespräche und nervige Neonlichter von den Bars. Wie man den Abend erlebt? Hängt ziemlich davon ab, wo man sich im Raum befindet. Zu Beginn gibt’s eher ruhigere Songs, bei denen man eher mit dem Kopf nickt und minimalistisch tanzt. Gegen Ende wird die Stimmung tanzbarer, die Leute legen richtig los. Ein Song folgt beinahe nahtlos auf den anderen. Zwischendurch gab es einigermaßen regelmäßig ein „спаси́бо“ (Spaciba) des auf der Bühne kommunikationstechnisch eher zurückhaltenden Trios.

Eine Sonnenbrille wäre praktisch gewesen

Eine Sache, die an diesem Abend besonders auffällt, ist Licht: Brutales Strobo, wilde Farbkominationen – teilweise richtig lässig gerade bei den schnelleren Tracks, bei manch einem langsameren Song aber irgendwie unpassend. Es war aber vor allem eins: hell. Eine Sonnenbrille wäre praktisch gewesen. Auf Bild- und Videoaufnahmen schickt es sich, doch irgendwie lenkt die Lichtshow fast ein bisschen zu sehr von der Musik ab. Hier gibt’s noch Potential nach oben. Bei den Songs wurde teilweise auch brav mitgesungen, insbesondere beim Track „Люди Hадоели (Lyudi Nadoyeli)“ schreit das Publikum besonders laut mit.

Fast zwei Stunden spielten Molchat Doma, doch zumindest in meiner Zeitwahrnehmung war das keineswegs zu lang – die Zeit verging wie im Flug. Viele warten aber vor allem auf einen Song. Eingeleitet mit einem mehrfachen „Are you ready?“ wurde „Судно (Борис Рижий)“ (Sudno (Boris Ryzhy)) als aller allerletzte Zugabe gespielt. Die Menge geht ab, es wird ordentlich getanzt, Videoaufnahmen werden gemacht. Nach dem Konzert hieß es für alle: rein ins chaotische Garderoben-Gedränge. Einige gemütlichere Menschen, welche sich nicht sofort in die Monster-Schlange einreihten, konnten sogar noch beim Merch-Stand Fotos mit der Band und Autogramme ergattern.

Fazit

Leider reicht mein Duolingo-Beginnerrussisch nicht aus, um die Lyrics zu verstehen, daher fällt für mich diese Ebene weg.
Als leidenschaftliche Hobby-Philosophin, wenn es um Songtexte geht, war es definitiv etwas ungewohnt, mich ausschließlich den Rhythmen und Klängen der Musik hinzugeben. An diesem Abend ging’s mir ums tanzen und mich in der Musik verlieren. Vielleicht waren für mich gerade deswegen, die Störfaktoren Licht, das meiner Meinung etwas zu geräumige Venue und die lauten Gespräche so prägnant. Dennoch hatte ich während der fast zwei Stunden Show nicht einmal den Gedanken „Wann ist es endlich aus?“. Molchat Doma begeistert mit ihrer Musik. Die Band ist keineswegs ein One-Hit-Wonder. Es lohnt sich auf jeden Fall sie mal live sehen – Nach Möglichkeit aber vielleicht lieber in einem kleineren Venue.

Fotos: Ines Mayer

kreatives chaos in person - mach gern alles a bissi, aktuell am liebsten hinter der kamera :)