ottensheim open air 2024
Foto: Christoph Leeb

Ottensheim Open Air: Festivalidylle an der Rodl

Seit 1993 (!) ein Garant für eines der schönsten Festivals des Landes: das Ottensheim Open Air. Das idyllische Festival am Rodlgelände überzeugte aber heuer auch mit einem bunten Lineup: My Ugly Clementine, Cava, Mavi Phoenix und vielen mehr.

Zuallererst: Sorry, wir haben es heuer zeitbedingt leider nur am Freitag auf das Ottensheim Open Air geschafft. Schade – denn das Festival im Linzer Vorort hat seit mehr als 30 Jahren etwas zu bieten, was andere Festivals erst entdecken mussten: eine faire Preisgestaltung, ein festivaltaugliches Gelände, Gratis-Camping, ein buntes Lineup. Und nicht zu vergessen: die Klo-Stage. Aber der Reihe nach.

Anreisebedingt leider nur am Ende mitbekommen haben wir die frankophilen Rapper der Aist Connection. Der großen Anzahl an Leuten vor der Stage nach zu urteilen: Ja, die haben sich eine Fanbase geschaffen. Eine Fanbase, die zu früher Uhrzeit eine solche Menge an Leuten vor der Stage versammelt, ist eine gute. Mit Songs über den Donaustrand und Co schaffen es Aist Connection trotz mancher Sprachbarriere, ihre Message zu transportieren. Auch später am Abend noch, wie sich herausstellen sollte.

Die erste Band, die wir dann „richtig“ mitbekamen, waren Rolltreppe. Rolltreppe stammen aus Wien, machen Punk, sind angefressen, und das im positiven Sinne. Laut, kritisch – und im Oktober wieder in Linz zu sehen, angeblich. Gerne wieder, denn Songs über die „kranken Welten“ und überhöhte Mieten kann es eh nicht genug geben!

Weiter gings mit Gästen aus Berlin. Also zumindest den Gästen, die die Anreise aus der deutschen Bundeshauptstadt geschafft hatten. Cava sind ein Duo, mischen Punk mit einer gehörigen Portion Garage-Rock. Und haben natürlich auch Inhalte zu bieten. Schmerz, Leid, Tod, Kapitalismus, Depression – quasi die ganze Palette, was „die Jugend“ (sic!) heute bewegt. Solang das dann so wie auf der Debutplatte „Damage Control“ betrieben wird, gut so. Instrumentenwechsel inklusive ein frühes Highlight des Sommertages.

Der zweite Gast aus Berlin an diesem Abend, Ebow, hat es leider nicht aufs Ottensheim Open Air geschafft. Das lag nicht mal an ihr oder anderen „produktionstechnischen Gründen“, sondern schlicht und einfach an einem Nichtzurverfügungstellen eines Schienenfahrzeuges durch ein großes börsennotiertes Schienenunternehmen in der Bundesrepublik. Naja, macht ja nix – wenn Ersatz doch eh so nach liegt.

Average ist samt Texta-DJ Dan kurzerhand angereist und hat den Slot übernommen. „Vale Tudo“ heißt sein aktuelles Album, das noch gar nicht so her lang erschienen ist und gemeinsam mit David Raddish produziert wurde. Hier schlägt der Linzer Rapper durchaus neue Töne an, wie in Tracks wie „Sprache“, „Vale Tudo“, „Kids“ zum Abschluss oder „Wir sind reich“ deutlich wird. Musikalisch, versteht sich, denn inhaltlich ist sich Average treu geblieben. Ausflüge in die „Tuesday Classics“ mit Flip sind da ebenso inklusive wie die „Spaßfreie Zone“, deren Beat immer noch fett wie nur irgendwas ist. Nach der Absage von Ebow das Beste draus gemacht, chapeau!

Headliner des Abends: My Ugly Clementine. Was sind My Ugly Clementine eigentlich? Nun, sie sind eine Rockband. Eine non-male-Rockband, wie sie selber schreiben. Und doch sind sie so viel mehr. Vorweg: Es hilft, wenn alle Bandmembers singen können. Bei Mira Lu Kovacs, Sophie Lindinger und Nastasja Ronck ist das eh klar. Dass „Vitamin C“, ihr Debutalbum, hohe Wellen schlug, auch. Nun hätte man damit ja auch die Geschichte fertig erzählt haben können – doch My Ugly Clementine haben mit „The Good Life“ gehörig nachgelegt. Und sie wissen auch, dass sie in Ottensheim erst gegen 23 Uhr auf der Stage stehen. „Na, habts heut alle schon was getrunken?“ fragt Mira Lu Kovacs, und erntet erwarteten Applaus dafür.

Die Songauswahl? Bekannt, mit „Never Be Yours“ wird gleich ein Brett zum Start losgetreten, und „Who“, „Playground“ und Co funktionieren wunderbar. Auch die „neuen Sachen“ wie das ohrwurmtauglichste „Are You In“ oder „The Adviser“ – genauso wie Natasha Bedingfield für eines der besseren „Unwritten“-Covers herhalten muss. Schöner Abschluss, ehe man dann nicht nur an der Bar, sondern auch von „oben“ einen Spritzer bekommen konnte. Oder wahlweise an der Klo-Stage versumpfen, die das Ottensheim Open Air so einzigartig macht. Etwa mit Djaro und seinen anonymen Melancholikern am Samstag oder mit Janis Jobless am Freitag.

Fazit: Ein Festival, wie man es sich vorstellt. Chillige Leute, faire Preisgestaltung (ja, 7 Euro für eine Bosna sind 2024 schon üblich!), Awarenesskonzept und viel, viel Liebe zum Detail. Gerne wieder, bis 2025!

Fotos: Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.