Tu felix Austria?

Arigona Zogaj muss Österreich verlassen. Na endlich.

So zumindest dürfte, wenn man Umfragen Glauben schenken darf, die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung denken. Und auch die Regierung dürfte an der aktuellen gefühlten 882. Auflage der Ausländerdebatte nicht ganz mit Abneigung begegnen. Lässt sich das Thema doch wunderbar verwenden, um von den wahren Skandalen in diesem Land abzulenken.

Arigona Zogaj muss also mitsamt ihrer Familie Österreich verlassen. So lautet die Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Die FPÖ hält es vor Freude nicht mehr auf den Parlamentssesseln und stimmt für die Mindestsicherung, die Grünen kollabieren vor Schock, und der SPÖ kann man wie immer in den letzten Jahren keine eindeutige Meinung zur Asyldebatte abringen. Die Mehrheit der Österreicher begrüßt dieses Urteil – denn „Recht müsse Recht bleiben“ und wer sich hier, wenn auch unfreiwillig, weil als Kind noch nicht in Entscheidungen eingebunden, illegal aufhält, hat das Land zu verlassen.

Was mich zu meiner Headline bringt – „Tu felix Austria“, du glückliches Österreich. Ob in Österreich Arbeitslosigkeit herrscht, ob Kriminalitätsraten steigen, ob Drogendelikte zunehmen – es gibt immer denselben Schuldigen, „die Ausländer“. Abgesehen davon, dass viele Leute und auch gewisse Parlamentsparteien immer noch Schwierigkeiten haben, Asylwerber und Wirtschaftsmigrant zu unterscheiden, ist das Grundproblem ein anderes. Neid. Da ist es das (kaum zum Überleben reichende) Taschengeld für Asylwerber auf der einen Seite, da ist die medizinische Versorgung für Familienangehörige auf der anderen Seite. „Die Ausländer“ nehmen uns die Arbeitsplätze weg und liegen uns auf der Steuergeld-Tasche. So der Tenor. Dabei gibt es noch jemand andern, der „uns“ bald viel mehr auf der Steuergeld-Tasche liegen wird, als „wir“ uns je gedacht haben.

Die Regierung. Dieselbe Regierung, die zuvor noch so bedacht auf die Einhaltung der Gesetze war, verschiebt die Budgetrede einfach so mal fünf Wochen nach hinten. „Findet das Prozedere halt später statt“, wie es der Vorzeigesozialist Josef Cap ausdrückte. Weils wurscht ist. Und mit Wahlen im Herbst sowieso nicht einmal im Ansatz etwas zu tun hat. Dieselben Gesetze, die man im Fall Zogaj noch unbedingt einhalten musste, werden hier mal einfach so außer Kraft gesetzt. Und in der Bevölkerung bleibt der Aufschrei aus. Weil ein Budget samt Sparpaket keine Rehaugen hat und uns „unsere“ Arbeitsplätze nicht weg nimmt, nicht einbrechen geht und keine Drogen verkauft. Also ist alles gut. Außer Arigona reist wieder ein. Glückliches Österreich? Ich gehöre da sicher nicht dazu.

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.