BON IVER: Lebst du noch oder welkst du schon?

Für die einen ist es wohltuender als ein warmes Thermalbad, den anderen schlafen hingegen mühelos die Füße ein: Das neue Album von Bon Iver spaltet die Lager in zwei Hälften. So weit, so gut. Eine Frage bleibt: Wie ist es denn nun? Pur und authentisch oder eintönig und langweilig? Darauf gibt es einstweilen keine eindeutige Antwort.

Ruhige, sanfte Musik kann auch polarisieren. Was dich zu Tränen rührt, bringt mir nur ein müdes Lächeln hervor. Oder umgekehrt, natürlich. Außerdem hat nicht jeder Musikfreund ein Faible für zeitlupenhaftige Songs. Wie man sich die Musik von  Justin Vernon aka Bon Iver jetzt vorzustellen hat? So, als würde ein einsamer Landstreicher einsame Landstriche vertonen. Behutsam wie eine Bettfeder. Liebevoll, feinsinnig, immer ein bisschen zu wenig statt zu viel.

In seiner Konsequenz ist „Bon Iver“ schon bemerkenswert. Eine sakrale Stimmung, die heuer nur die Fleet Foxes besser hinbekommen haben. Alles greift ineinander. Diese Verbundenheit, auch die zur Natur, symbolisiert schon das Cover. Was soll man auch anders erwarten, wenn man seine Platte abgeschieden vom Rest der Welt in einer Holzhütte aufnimmt?

Vielleicht muss man sich viel Zeit nehmen, um hier nicht enttäuscht zu werden. In dieser speziellen Atmosphäre knistert der Funke, doch leider verläuft vieles in einem gleichförmigen Muster. Selbst prominente Musiker wie Kanye West, keineswegs der typische Pfadfinder, zeigen sich jedoch begeisterungsfähig. Vielleicht ist ja doch etwas dran an Bon Iver. Das Gefühl, diese Platte immer wieder hören zu wollen, stellt sich aber nicht sofort ein. Es ist mehr ein Experiment. Ein Album für besondere Momente. Augenblicke, in denen man Ruhe braucht. Kraft tanken will. Die Gedanken ganz weit weg platzieren möchte. Eine mentale Wanderung.
Manchmal liegen Können und Kitsch gefährlich nah beieinander und die melancholisch gediegene, vor sich hin perlende Sanftheit auf „Bon Iver“ liefert vorerst keine eindeutigen Ergebnisse.

Facts:
Bon Iver – Bon Iver
Gesamtspielzeit: ca. 41 Minuten
4AD (Jagjaguwar)

Links & Webtips:
boniver.org
facebook.com/boniverwi
myspace.com/boniver

Foto:
D. L. Anderson

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