RUSSKAJA: „Ordnung kann jeder, nur das Genie beherrscht das Chaos“

Mit weltgewandter, ja kosmopolitischer Kraft, kehren die Polka-Crossover-Rocker von Russkaja zurück auf die österreichische Bildfläche – und darüber hinaus. Dass die Formation um Sänger Georgij Makazaria keine Scheuklappen kennt, sowohl von den Inhalten her wie musikalisch, zeigt abermals das neu erscheinende Album „Kosmopoliturbo“.

Songs in italienischer, englischer oder spanischer Sprache werden in bester Russkaja-Manier zum Besten geboten. Nach zwölf ereignisreichen Jahren scheint die Band weiterhin Vergnügen und Spaß auszustrahlen. Ein Interview mit Frontmann und Sänger Georgij Makazaria und Gitarrist Engel Mayr über Lacher auf Knopfdruck, Globalisierung und genau, den Kosmopolitismus.

 

subtext.at: Oftmals hat es den Anschein, dass ein Großteil der in der Unterhaltungsbranche tätigen Menschen im Geiste noch ein Kind geblieben ist…
Georgij Makazaria: Ein bisserl Kind zu sein, ist für jeden Künstler sehr wichtig. Das ist das, was uns als Musiker auf der Bühne aufrecht erhält. Wir sind ja eigentlich schon erwachsene Männer, außer der Engel hier…
Engel Mayr: Amtlich!
Georgij Makazaria: Er ist sehr kindisch (lacht). Wir sind auf jeden Fall noch Kind geblieben, wenn man so will. Wie siehst du das, Engel?
Engel Mayr: Es ist eine Mischung aus noch Kind geblieben sein, Spaß, den wir als Musiker und auf der Bühne haben. Wir haben den größten Spaß von allen.

subtext.at: Bei Russkaja habe ich das Gefühl, dass die Gruppe für euch eine Art Vehikel ist, um eben euer inneres Kind nach außen zu tragen. Verliert man das, je älter man wird, diese kindliche Neugier, diesen Spaß, wie ihr es nennt?
Georgij Makazaria: Gott bewahre, dass es einem nicht passiert (klopft auf den Holztisch vor sich). So etwas sollte man nicht verlieren, man sollte es eher ausbauen. Solange die Gesundheit es mitmacht, ist alles an Spaß erlaubt.

subtext.at: Ist der Spaß die einzige Triebfeder eures musikalischen Schaffens?
Engel Mayr: Nein, das ist nur ein großer Teil. Wir versuchen, uns mit jedem Album irgendwie neu zu erfinden oder in eine neue Richtung zu gehen. Etwas anders zu machen und immer Neues zu erschaffen. Das ist unser Antrieb. Das geht bei mir immer so weiter.
Georgij Makazaria: Wir haben gerade eine super Besetzung und verbringen auch gerne Zeit miteinander – auch auf engstem Raum. Wir sind eine begnadete Band, denn wir dürfen eben nicht nur Musik machen, wir erforschen auch neue Gegenden und Gebiete gemeinsam. Wir kommen jedes Jahr irgendwohin, wo wir noch nicht waren. Das ist wirklich so. Es erwartet uns noch einiges.


subtext.at: Erwarten die Leute von euch, dass ihr privat auch stets lustig seid und ausflippst?
Georgij Makazaria: Privat bin ich eher so der ruhige Typ. Die Leute, die sich etwas erwarten, da sage ich immer in jedem Interview: „Erwarte dir nichts und du bekommst alles.“
Engel Mayr: Dalai Lama!
Georgij Makazaria: Dalai Lama (lächelt).

subtext.at: Der Kosmopolitismus, ist das die Anschauung, die ihr mit eurem neuen Album verbreiten möchtet? Ist das eure Lebensphilosophie?
Georgij Makazaria: Wir haben diesen Titel, diese Überschrift für dieses Album ausgewählt und erst jetzt leben wir uns in diese Überschrift langsam rein (lacht). Wir wissen auch nicht genau, was das so ist. Auf diesem Album sind jedenfalls viele verschiedene Sprachen vertreten. Italienisch, Spanisch, Deutsch, Englisch und es geht noch in eine japanische wie russische Richtung. Das ist mein Zugang zum Kosmopolitismus. Nomen est Omen, wer weiß, vielleicht dürfen wir jetzt um die ganze Welt rumschleudern (lacht).
Engel Mayr: Beim Brainstorming sind wir auf diesen Titel gekommen. Mir taugt er total , weil er ein bisschen das beschreibt, was bei uns immer passiert. Wir kommen wo hin und wir sind mit unserer Musik und mit unserer Weltanschauung gern gesehene Gäste. Das passt total, wenn du als Kosmopolit herumkommt und überall gern gesehener Gast bist.
Georgij Makazaria: Musikalisch kann man sagen, dass die Lieder auf dem Album sehr verschieden sind. Der rote Faden im Russkaya-Style ist aber weiterhin zu finden.

subtext.at: Wir leben in einer Welt, wo man in Wien ein T-Shirt trägt, welches beispielsweise in Bangladesch genäht wurde. Seid ihr Globalisierungsgegner oder Globaliserungsbefürwörter?
Engel Mayr: Das ist eine sehr tief gehende Frage an dieser Stelle (lächelt). Es kommt natürlich stark auf den Kontext an, in dem sie gestellt wird. Gute Frage. (überlegt) Mal dafür, mal dagegen.
Georgij Makazaria: Wenn ich die Wahl habe, dann kaufe ich lieber den Knoblauch aus Österreich statt aus Spanien zum Beispiel. Das muss nicht sein.
Engel Mayr: Auf der anderen Seite bin ich froh, dass ich eine Mango überhaupt kaufen kann.
Georgij Makazaria: Wenn es um die Grenzen und ums Reisen geht, da würde ich eher alles öffnen. Natürlich muss man da ins Detail gehen.

subtext.at: Kannst du mit dem Image, was du hast, gut leben? Ist es dir wichtig, was die Leute über Russkaja denken?
Georgij Makazaria: Die Leute, denen du begegnest, unterteilen sich in ca. drei gleich Teile: Die einen, denen bist du komplett wurscht, den anderen gefällt nicht, was du machst und die letzten Personen, denen taugt das voll. Das wird es immer geben. Was die Leute jetzt für ein Bild von uns haben, das entgeht uns. Wir werden eingeladen auf einem Metal-Festival und auf einem Reggae-Festival, beides funktioniert genau so gut. Dann spielen wir auf einem HipHop-Festival und dann auf eine Pop-Festival und wieder funktioniert beides. Auf dem Metal-Festival sind wir halt die softesten von allen (lacht).

subtext.at: Passt ihr das Set dann entsprechend an oder ist es euch egal, welches Publikum da gerade steht?
Engel Mayr: Wir passen es minimal an.
Georgij Makazaria: Wir haben ein Repertoire, da können wir ein total hartes Metal-Programm zusammenstellen, wenn wir möchten und bei einem Pop-Festival mit unseren soften Songs punkten.

subtext.at: Kann man sagen, dass eure Karriere relativ konstant verläuft?
Georgij Makazaria: Die Band gibt es schon seit zwölf Jahren, da gab es auch entsprechende Tiefen, da musste eben die Besetzung wechseln. Musikalisch gesehen, da geht es darum, sich permanent weiterzuentwickeln.

subtext.at: Bei Russkaja laufen die Dinge kalkuliert aus dem Ruder. Kann man das so sagen?
Georgij Makazaria: (überlegt lange) Interessant.

subtext.at: Ich stelle mir vor, dass bei euch innerhalb der Gruppe ein geordnetes Chaos vorherrscht.
Georgij Makazaria: Geordnetes Chaos. Heißt wiederum gar nichts, ne?
Engel Mayr: Ordnung kann jeder, nur das Genie beherrscht das Chaos.
Georgij Makazaria: Chaotische Ordnung oder geordnetes Chaos? Wir sind teilweise schon chaotisch, aber es gibt Elemente in der Band, die sind total geordnet. Da greifen die beiden Teile ineinander.
Engel Mayr: So richtig aus dem Ruder laufen? Passiert bei uns nichts. Ich kenne andere Bands, da kommt es schon manchmal vor, dass man es zum Gig gar nicht schafft, weil es eben irgendwie aus dem Ruder läuft (lächelt).
Georgij Makazaria: Manchmal muss man das Ruder loslassen, damit es läuft. Machen wir immer wieder.

subtext.at: Warum eignet sich Musik ausgesprochen gut, um humoristische Inhalte zu transportieren?
Engel Mayr: Das ist etwas, was in mir ist, was in mir verankert ist und eben in der Musik, die ich mache. Ich bin privat auch ein lustiger Mensch. Humor ist eines dieser Zahnräder bei uns, was ineinander greift.
Georgij Makazaria: Mir fällt es schwer, auf Knopfdruck lustig zu sein. Entweder passiert es von selbst, etwas Lustiges, oder eben nicht. Unsere Aufgabe, unsere Mission, ist es, den Menschen eine schöne Zeit zu bereiten. Humor ist ein gutes Mittel dazu, diese Aufgabe zu erreichen.

subtext.at: Du sagst, auf Knopfdruck funktioniert Humor bei dir nicht. Müsst ihr nicht bei „Willkommen Österreich“ sozusagen auf Knopfdruck für den ein oder anderen Lacher sorgen?
Georgij Makazaria: Von uns wird das nicht wirklich erwartet. Stermann und Grissemann müssen auf Knopfdruck funktionieren.
Engel Mayr: Ich lache nur über ihre Witze!
Georgij Makazaria: Den Eröffnungsspruch am Anfang, den tue ich schon vorbereiten. Und am Ende der Sendung lassen wir die Leute beispielsweise sich im Kreis drehen, damit es lustiger ausschaut. Je nachdem, was uns da gerade einfällt.

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