Ulrich Fuchs, stellvertretender Intendant von Linz09, spricht zur Eröffnung des Kepler Salons. Foto: Linz09

Linz, ungeschminkt

Als im Herbst 2005 die Intendanz für Linz09 feststand und mit Martin Heller und Ulrich Fuchs zwei erfahrene Kulturmanager nach Linz kamen, hatten sie kein Patentrezept für die Kulturhauptstadt im Koffer. Nun zogen sie nach fast fünf Jahren Bilanz.

Der Kepler Salon, eines der wohl nachhaltigsten Projekte von Linz09, war Schauplatz einer Rückschau auf besondere Jahre in der Linzer Kulturentwicklung. Das Team Heller/Fuchs, das schon in Bremen zusammengearbeitet hatte, erklärte, wie sie ein Programm entwickelten, das sich an die Stadt anpasste, auf Bedürfnisse einging, aber auch Neugier auf Neues weckte. Für Martin Heller standen vor allem diverse „weiße Flecken“ im Vordergrund, die für gelernte Linzer wohl eher blinde Flecken waren. Exemplarisch nannte er hier Gastlichkeit und die Angebote in Hotellerie und Gastronomie, die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit für die breite Bevölkerung und das etwas verzerrte Selbstbild der freien Szene. Ulrich Fuchs attestierte der Stadt etwas zu wenig Neugier, was internationale Impulse in Kunst und Kultur betrifft. Das „Wir sind Wir“, das alles selber schaffen wollen, mit eigener Kraft, ohne Fremdimpulse, zeugt zwar von einem gesunden Selbstvertrauen, doch führe nach Jahren auch zu einer gewissen Betriebsblindheit.

Auch die politischen Verhältnisse, die weniger ein Unikum der Stadt als eine österreichische Eigenheit an sich sind, waren Thema. Das Problem, das sich Linz09 als Gesamtheit weder Rot noch Schwarz zuordnen ließ, irritierte. Ebenso, dass Kultur fast ausschließlich von der öffentlichen Hand gefördert wird, während sich Stiftungen, Industrie und private Mäzene eher im Hintergrund halten, ist im internationalen Vergleich eher unüblich. Dass dies dazu führt, dass die Geldgeber aus Angst vor Budgetkürzungen nicht kritisiert werden, leuchtet ein, beschneidet aber auch die kulturelle Vielfalt. So schlossen die Beiden, nach interessanten Analysen und kleineren Anekdoten, mit einer ausgiebigen Diskussionsrunde mit dem Publikum. Sie ließen auch durchblicken, dass sie sich in die Stadt, die sie mitprägten, auch verliebt haben. Ihre „Ausblicke für Linz“, zusammengefasst in 10 Punkten, sollen Impulse, Ideen und Empfehlungen sein, damit Linz 2015 auch wirklich die interessanteste Stadt Österreichs ist.

Links & Webtips:

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