Wurmfestival – Das Ende einer Legende?

Zehn Jahre nach der Erstauflage war es dass das letzte Mal, dass der Wurm in Neumarkt/Kallham Feuer speien durfte. Das Wurmfestival hauchte sein Leben aus – mit altbekannten Stärken und Schwächen.

Aber fangen wir mal mit einer Stärke an. Das war und ist seit jeher das Lineup, das alle verschiedenen Geschmacksrichtungen(und, wie sich herausstellen sollte, auch Nichtgeschmacksrichtungen) abdeckt. So auch diesmal – vom Punk bis zum Electro bis hin zum Reggae war alles vertreten. Auch eine Unzahl an lokalen Bands spielte auch heuer wieder am Wurmfestival, in unterschiedlichen Qualitätsrichtungen. Von gelungenen Auftritten wie den Ryotts aus Edt bei Lambach bis hin zu Blitzkrieg-Pop-Vergewaltigungen, wo man auch merkte, dass manche Musiker schon bei simpelsten Riffs überfordert waren.

Eingedeckt mit Vier-Euro-Baumgartner-Dosenbier schaffte ich es dennoch, einigen Acts länger zu lauschen. Das Bier – ein Fortschritt. Konnte man auf vergangenen Auflagen doch mit 3,50-Euro-Heineken-Seiterln nicht nur sein Geld, sondern auch seine Zuneigung zu Bier loswerden. Den Anfang machten um halb acht Uhr abends „His Name is Sandusky“. Sichtlich stolz auf den Slot auf der Hauptbühne wurde zu Beginn solider, straighter Rock geboten. Durchaus hörbar – vor allem im Vergleich zu den erwähnten Blitzkrieg-Pop und Smells Like Teen Spirit – Versuchen auf der Nebenstage. Dass man „His Name is Sandusky“-Leadsänger Flo zu späterer Stunde – also nicht mehr ganz so Herr seiner Stimme – auf dem Klo wiedertraf und dieser sich schon da fürs Kommen bedankte, machte die Band noch sympathischer.

Ein frühes Highlight folgte danach mit den „Ryotts“. Die sind in Oberösterreich schon längst keine Unbekannten mehr und haben mit „Universe“ ihre neue Platte am Start. Die treu erschienene Fangemeinde dankte es ihnen und feierte sie lautstark. Da war es auch egal, dass die Monitore eher zur Zierde auf der Bühne standen – ein fast schon obligatorisches Soundproblem. Die „Ryotts“ bieten auf jeden Fall eine Liveshow, die jedem ans Herz gelegt werden kann!

Weiter ging es danach mit dem ersten „Headliner“ des Abends. Olympique. Die sind mit „Crystal Palace“ ja ziemlich schnell auf dem Radar der österrreichischen Musiklandschaft erschienen, und es wurde auch schnell deutlich, warum das so ist. Fabian Woschnagg und Co. sind mittlerweile routiniert und sorgen für eine Liveshow, wo vom Girle bis zum Veteranen alle auf ihre Kosten kommen. Wenngleich das Set auch festivalbedingt etwas arg kurz ausgefallen ist.

Für ein bisschen Extravaganz sorgten im Anschluss „Johann Sebastian Bass“. Im Vorausscheid zum Song Contest noch gescheitert (vielleicht auch gut so, es bewahrt sie hoffentlich vor dem Sellout) sorgten sie für einen der meistbeachteten Auftritte des Abends. Tanzbar, energiegeladen, irgendwie doch nicht ganz ernstzunehmen, aber großartig. Die Halle war zum ersten Mal berstend voll – völlig zu Recht. Genauso wie beim Headliner „Rakede“. Die Hamburger spielten ein routiniertes, tanzbares Set, das dem entsprach, was man 2015 von einer aktuellen deutschen Pop-Band erwarten darf. Dass sie in den musikalischen Himmel schießen, überrascht nicht. Ein Act, der in kurzer Zeit wohl noch weit höher angesiedelt sein wird!

Danach wurde es spannend. Sollte man sich die musikalische Sinnlosigkeit – Moneyboy und Evil Jared – wirklich zu Gemüte führen? Die Überlegungen wurden jedoch relativ schnell vereinfacht: Zustände und Gedränge wie im Rahmen einer Massenpanik machten es fast unmöglich, von A nach B zu kommen, auch zu kleineren Floors. Also wurde kurzerhand auf die musikalische Sinnlosigkeit verzichtet. Ich werde es verkraften.

Recht viel Entschädigung wurde auf der Mainstage jedoch nicht geboten. Ex-Texta-Mitglied Skero ist ja bekanntlich auf Solopfaden unterwegs. Begoldketterlt präsentierte er seine Platte „Memoiren eines Riesen“. Inhaltlich ja noch annehmbar, aber leider warteten halt alle auf „Kabinenparty“. Naja. Mit ein paar Bier zu ertragen. Ein Vorgeschmack auf seine zweite Soloplatte wurde ebenfalls geboten – Texta und Blumentopf sind derzeit aber die wohl bessere Empfehlung.

Zu späterer, biergeschwängerter Stunde wurde es dann volkstümlicher. Folkshilfe sind ja auch seit der eben abgelaufenen Songcontest-Entscheidung der breiteren Masse ein Begriff. Dass die live funktionieren werden, war klar. „Karl und Resi“, „Seid a poa Tag“, „Summersun“ und Co brachten die Menge zum Tanzen und Harmonie in die Halle, wo sich alle lieb hatten. Fast alle – von den beiden Helden, die sich an der Bar schlägerten, mal abgesehen. Die Folkshilfe schaffte allerdings den Spagat zwischen Quetschn und auch für Kritiker derselben guter Musik. Danke dafür!

„Party gemacht bis zum Untergang“ – für die wenigen, die noch nicht untergegangen waren – wurde danach mit Kommando Elefant. Sichtlich bewusst darüber, wann sie hier auf welcher Party spielen durften, machte die Truppe das beste draus. Balladen wurden da halt dann auch mal zurückhaltender gespielt. Im Anbetracht der Umstände – sehr gut!

Den Rausspieler um vier Uhr morgens durften danach die Jungs von „Flut“ machen. Bewaffnet mit allerhand analogem Equipment markierten sie das Ende eines Festivals, das vieles gesehen hat. Und bei allen Schwächen für die heimische Musiklandschaft notwendig war. Hoffentlich gibts da was Neues! Bis dahin: Good Bye, Wurmfestival!

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.