FJØRT: Für die geschlossenen Augen im Licht

FJØRT sind gerade auf Kontakt-Tour im deutschsprachigen Raum unterwegs und haben, wie schon vor zwei Jahren die Briten We Never Learned To Live im Schlepptau dabei. Leider kamen sie dabei nur im Westen Österreichs vorbei. Die Reise nach Innsbruck letzten Samstag hat sich aber mehr als nur gelohnt. So viel will schon mal gesagt sein.

Den Anfang machen We Never Learned To Live aus Brighton (UK). Die waren auch schon vor zwei Jahren gemeinsam mit FJØRT in Linz zu Gast und haben mit ihrer Postrock/Screamo-Mischung und ausufernden Songs an der 10 Minuten Grenze schon damals für ein paar offene Münder gesorgt. Soundkulissen, die an epische Filmmusik denken lassen wechseln sich mit härteren Parts ab und lassen immer noch genügend Raum für eingängigere Momente. Sänger Seán Mahon beeindruckt mit seinem spielenden Wechsel zwischen Screams und Cleangesang – laut und leise. Dabei macht es ihm auch nichts aus, kurzfristig sein Mikrofon im Graben zwischen Bühne und Geländer zu verlieren. Hier wird auch ohne Mikro weitergesungen. Noch viel mehr zum Staunen regt aber Drummer Gary Marsden an. Wenn dieser in furiosen Tempo seine Bleche und Trommeln mit geradezu animalischer Gewalt bearbeitet, ist es fast unmöglich wegzusehen. Das sich langsam vermehrende Innsbrucker Publikum hielt zwar noch etwas Respektabstand, würdigte die tadellose Darbietung der – den meisten unbekannten – Band aber mit ordentlich Applaus. Hiermit sei übrigens jedem Menschen, der sich für diese Art von Musik interessiert ihre aktuelle Platte Silently, I Threw Them Skyward ans Herz gelegt.

Weiter im Programm. Die Band, auf die alle gewartet haben betrat die Bühne und die etwa 80 Leute im Publikum rückten dichter zusammen. Die ersten Töne donnern und dröhnen. Der Gesamtsound wirkt die ersten Songs lang aber noch etwas dünn. Ein Problem, das sich aber mit Fortdauer des Sets schnell legt, denn was FJØRT da zu dritt aus dem Hut bzw. Verstärker zaubern, ist mehr als nur beachtlich. Gitarrist und Sänger Chris Hell überlasst live das Mikro auffallend öfter seinem Kollegen David Kosslowski, als das auf dem Album der Fall ist. Klarerweise vor allem dann, wenn ein anspruchsvoller Gitarrenpart ansteht. Aber auch die Zwischenansagen überlässt er größtenteils dem Kollegen. Bei FJØRT drängt sich aber keiner in den Vordergrund. Sie sind ein Team, eine Einheit – und als solche ballern sie einem ihre Songs auf den Punkt gespielt um die Ohren. Das Publikum dankt es mit Textsicherheit und immer wieder auch mal mit einem Moshpit. Der Schwerpunkt liegt heute auf der neuen Platte ,Kontakt, aber auch Songs wie die Demontage-Perle Kleinaufklein, d’accord, oder das mit extra langem Intro veredelte Gescholten fehlen nicht. Vor Paroli gibt es die klare Ansage: Nicht verstecken! Mund aufmachen! Raus auf die Straße! Den Faschismus zurückdrängen!

Nach Lebewohl verschwinden die Herren treffenderweise kurz von der Bühne. Natürlich um nochmal wiederzukommen. Die beiden Hymnen Lichterloh und Valhalla erklingen zum Finale. Spätestens jetzt gibt es absolut kein Halten mehr. Während in den vorderen Reihen inbrünstig mitgebrüllt wird was das Zeug hält, fliegen dahinter nochmal die Fetzen. Am Schluss bleibt dieses liebliche Pfeifen in den Ohren und verschwitzte Konzertbesucher und Musiker stehen sich einander glückselig applaudierend gegenüber.

Fotos: Andreas Wörister

 

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.