Kuttnern, nicht kleckern
Liest Sarah Kuttner Passagen aus ihrem Buch vor, verursacht das ein kollektives Wohlbefinden im Publikum. Vor allem auch, weil sie mal witzige, mal ernste Anekdoten aus ihrem privaten Leben mit einstreut. Zweifelsohne scheinen sich viele Anwesende in ihren Worten und Schilderungen wiederzufinden. Sehr präzise und dann wieder doch nicht rollt sie Gefühle, Sorgen und Hoffnungen auf, die das Leben heutiger Mittzwanziger beschäftigen.
„Mängelexemplar“ konzentriert sich ganz auf die Schilderungen von Karo, die sich in schwankender psychischer Verfassung befindet. Karo durchlebt nach verlorenem Job und Beziehungsaus eine emotionale Achterbahnfahrt, die sie bis zum Psychotherapeuten führt. So gut es geht manövriert sie sich durch Angst, Lebenswille, Wut und Verzweiflung. Da Karo einen reichlich geschwätzigen Schlagabtausch mit ihrem inneren Ich führt, bleibt der Humor zum Glück nicht aus.
Kuttner beweist ein gutes Gespür für das labile Selbstbewusstein der eigensinnigen und redegewandten 27-Jährigen und schafft es, ein authentisches Bild zu zeichnen.
Es gibt Wundermittel, die versprechen, gegen sämtliche Wehwehchen sofort helfen zu können. Davon sollte man lieber die Finger lassen. Auch Karo versucht vieles, um sich von ihren Lasten abzulenken und zu befreien. Vielleicht ist es Sarah Kuttner gelungen, mit „Mängelexemplar“ eine Art Wunderkraut zu züchten, welches nicht gegen alles, aber gegen einige Probleme Wunder vollbringen kann. Durch die emotionale Anteilnahme, die beim Lesen des Buches im besten Falle entsteht, wirken Gefühle direkt auf die Psyche der Leser ein, die eventuell selbst in einem emotionalen Tief stecken. Gegebenenfalls fällt es nach der Lektüre des Buches leichter, sich den eigenen wunden Punkten zu stellen.
Links & Webtips:
- www.sarahkuttner.de
- Sarah Kuttner auf de.wikipedia.org
- „Mängelexemplar“ auf Amazon.de
- S. Fischer Verlag
Foto: sarahkuttner.de / SKM Berlin