Lügen über meine Mutter
Mit sanften Worten, ohne dadurch an Kraft zu verlieren, schildert die Autorin die Mächte der patriarchalen Strukturen aus der Sicht eines jungen Mädchens. Die kindliche Perspektive ermöglicht einen Blick auf die Geschehnisse, ohne zu urteilen, aber tief zu empfinden.
Das teilweise autobiographische Werk von Daniela Dröscher erzählt vom Aufwachsen eines Volksschulkindes in einer Familie im letzten Jahrtausend. Frauen durften schon einer erwerblichen Tätigkeit nach gehen, ohne den Ehemann davor um Erlaubnis bitten zu müssen. Die Mutter des Mädchens arbeitete und ist in Teilen des Buches erfolgreicher als ihr Mann. Dies wird neben dem Hauptthema, dem Gewicht der Mutter, thematisiert. Diese beiden Themen sollen aber nicht die einzigen bleiben, die zu Unstimmigkeiten in der Familie führen.
Die Protagonistin schildert die unterschiedlichsten Konflikte zwischen ihren Eltern und den Schwiegereltern der Mutter. Meist geht es um das Gewicht der Mutter, was dagegen getan werden muss und warum man erst dann als Familie glücklich sein kann, wenn die Waage eine bestimmte Zahl anzeigt. Der Vater fokussiert sich in großen Teilen des Buches darauf, sein empfundenes Versagen der Mutter, da sie ihr Gewicht nicht reduzieren bzw. halten kann, als Druckmittel einzusetzen, um das eigene Versagensgefühl zu kompensieren. Selber kündigte er seinen Job, um eine Firma zu gründen, aus welcher er hinausgedrängt wird, obwohl seine Frau ihn davor warnte. Durch ihr fachliches Wissen hatte sie größeres Verständnis über rechtliche Belange und konnte gerade so ihren Mann dazu bringen, aus einem vernichtenden Vertrag auszusteigen.
Dem Vater kam es nach diesem Misslingen gerade recht, dass seine Frau einen hohen Geldbetrag erbt und somit sein Versagen kaschieren kann, da er jetzt Geld hat, welches er beim offenen Fenster hinauswerfen kann.
Die Mutter hingegen erträgt diese Anfeindungen und Ungerechtigkeiten jahrelang. Als sie dann schlussendlich den Mut und die Kraft findet, sich gegen ihren Mann zu stellen und ihre eigenen Bedürfnisse klar aufzuzeigen, wird es von der väterlichen Familienseite so dargestellt, als würde sie das Kindeswohl gefährden und sie knickt daraufhin ein.
Fazit
Die Autorin schafft es, retroperspektiv für sich Schlussfolgerungen zu ziehen und die Strukturen hinter dem Verhalten des Vaters zu erkennen. Diese fließen in dem Buch in Abständen ein und erklären die patriarchalen Machtgefälle. Somit ergibt sich ein Mix aus einer erzählten Geschichte und einem teilweise fachlichen Input, welcher sehr gut gelungen ist. Das Buch vermittelt anhand von realistischen Geschehnissen ohne erhobenen Zeigefinger, wie männliche Verhaltensweisen Frauen unterdrücken.
Lügen über meine Mutter
von Daniela Dröscher
Verlag Kiepenheuer & Witsch
448 Seiten, Deutsch, Gebundene Ausgabe
€ 24,70
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