Filmrezension „Familientreffen mit Hindernissen“

“Familientreffen mit Hindernissen” ist eine französische Komödie unter der Regie Julie Delpys (bekannte Filme: „2 Tage Paris“, „2 Tage New York“). Der Film wurde 2011 gedreht und porträtiert eine Familie in den späten 70er Jahren.

Als Originaltitel wurde „Le Skylab“ gewählt, nach einem Satelliten, der in der Bretagne landen soll (es aber schlussendlich in Australien tut). Die Altersfreigabe wurde mit 12 Jahren angesetzt. Als SchauspielerInnen wirken Lou Alvarez (Albertine), Eric Elmosnino, Aure Atika, Julie Delpy selbst (Anna) und einige andere mit.

Die Geschichte wird in einer Rückblende Albertines erzählt, welche als Erwachsene mit ihrer eigenen Familie Zug fährt und sich dabei an das Wochenende als Elfjährige bei ihrer Oma erinnert. Zu deren 67. Geburtstag treffen alle Geschwister, Kinder und Enkelkinder ein. Das Ankommen ist chaotisch: Kinder fangen gleich zu streiten an, das Essen wird aufgrund eines Regenschauers nach drinnen verlegt, um schließlich bei Sonnenschein wieder draußen fortgesetzt zu werden. Ein Onkel präsentiert seine Geschäftsidee, es wird gesungen, Fußball gespielt, zwischendurch halten die Kinder ihren Großonkel noch vom Selbstmord ab.

Nachmittags macht sich nun ein Teil der Familie auf den Weg zum Strand. Die männlichen Jugendlichen rauchen, flirten und verabreden sich für abends bei einer Party, Albertine findet an dem Sohn einer Bekannten, die sie und ihr Vater zufällig am FKK- Strand treffen, gefallen. Während sich Albertine und ihr Vater beim Krebse suchen verlaufen,  gehen andere Verwandte bewusst zum FKK- Strand. Wieder andere schwimmen oder spielen Karten.

Beim Abendessen kommt es schließlich zu politischen und ethischen Debatten,  die beinahe in Schlägereien ausarten. Man schreit sich an und beschimpft sich. Die Kinder und Jugendlichen gehen unterdessen zu der nahgelegenen Feier. Es wird getanzt, geküsst, gelacht, geweint (Albertine tanzt mit Matthieu, dem Sohn der Bekannten der Eltern, muss aber erfahren, dass dieser eine Freundin hat). Wieder zurück geht es ans Erzählen von Gruselgeschichten im Zelt. Auch im Haus ist noch keine Ruhe eingekehrt…

„Familientreffen mit Hindernissen“ ist ein (zumeist) realistisches Familienportrait: Dinge werden unter den Tisch gekehrt, andere offen besprochen, man vertritt unterschiedliche Ansichten, wenn es etwa um Politik und Feminismus geht, hält aber genauso zusammen. Erziehungsprobleme werden dargestellt; speziell geschlechtsspezifische, da ein Junge mit Puppen spielt und seinen Cousinen Frisuren macht, worüber die Eltern schockiert sind.

Die Filmmusik wurde gut eingesetzt, weiteres Lob gibt es für die authentische Darstellung der SchauspielerInnen (speziell etwa für Lou Alvarez und Julie Delpy), das Konzept hinter dem Film sowie das Kamerateam. Es gelang, peinliche, fröhliche etc. Momente einzufangen. Der Humor ist teils sehr grotesk, Personen wie der Großonkel ähneln phasenweise Karikaturfiguren.

Kritik gibt es nun vor allem für die Umsetzung. Der Film kratzt meiner Meinung nach etwas an der Oberfläche, die Dialoge wirken manchmal unüberlegt eingesetzt beziehungsweise hat es den Anschein, dass anderen Dingen einfach mehr Beachtung geschenkt wurde, was gerade bei einem Familienporträt ein Manko ist. Die Sprache ist in Ansätzen derb, der Humor gräbt nicht tief. Das häufige Thema Sex (gesprochen, gesungen, nachgespielt) -speziell unter den Kindern- wirkt bereits gekünstelt und realitätsfern. Positiv wiederrum ist, dass sich der Film mit neuen Werten auseinandersetzt, in diesem Fall möglicherweise kritisch durch eine Überzeichnung. Schwärmereien werden von den handelnden Personen mit Liebe verwechselt; Suchtmittel und anderes mit Glück.

Pluspunkte gibt es hingegen für die Verarbeitung der sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Situation, Feminismus inklusive. Des Weiteren ist eine Wertlegung auf Details auffallend.

Fazit: nette, aber eher leichte Unterhaltung mit kritischen Ansätzen, die man vielleicht weiter vorantreiben hätte sollen.

Familientreffen mit Hindernissen“ ist zurzeit im City Kino Linz zu sehen.

Katharina ist Sozialwissenschaftlerin und Redakteurin. Sie beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen (z.B. frauenpolitischen) und kulturellen (z.B. Film, Theater, Literatur) Themen. Zum Ausgleich schreibt sie in ihrer Freizeit gerne literarische Texte: https://wortfetzereien.wordpress.com/