Kinderfilmfestival 2012: Gute Chancen

Kiek ist ein sehr eigensinniges Mädchen, das gerne Skateboard fahren möchte und andere außergewöhnliche Sachen macht, die sonst keine „normalen“ Kinder machen. Gott sei Dank wächst sie in einer liebevollen, glücklichen, intakten Familie auf, in der die Bindung zum Vater und Mutter sehr eng ist, obgleich sie auch Einzelkind ist.

Umso mehr bekommt Kiek große Angst, als ihr geliebter Vater als Arzt wieder einmal in ein Kriegsgebiet fliegen muss, um den Leuten dort helfen zu können. Beruhigend und verharmlosend versuchen die Mutter und die Großmutter Kieks Angst, dem Vater könnte etwas zustoßen, zu minimieren. „Wenn es schiefgehen kann, wird es einmal schiefgehen!“, lautet das pessimistische Motto der 8-Jährigen Kiek.

Auch die Geschichte „Von dem Mann der so viel Angst hatte, dass er starb“, die ihr ihr Vater kurz vor dessen Abreise erzählte, bringt nichts. 
Die Mutter versucht ihrer Tochter zu erklären : „Die Chance und die Wahrscheinlichkeit, dass deinem Papa etwas passieren könnte sind sehr gering“. Sie bringt auch den folgenden Vergleich: „Stell dir vor: Du kaufst 1 Lottoschein, du hast die Chance etwas zu gewinnen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass du gewinnen wirst, ist sehr gering. Kennst du etwa jemanden der im Lotto gewonnen hat? Nein? Na siehst du“.

Auch in der Schule versucht sie ihr Klassenlehrer zu beruhigen, was anfangs hilft, aber mit der Zeit nicht einfacher wird. 
Kiek malt sich in ihrer Fantasie verschiedene Horrorszenarien aus, was mit ihrem Vater passieren könnte. Die Lage verschlimmert sich, als ihr Vater als vermisst gilt, und es kein einziges Lebenszeichen von ihm gibt. Kieks Horrorszenarien verschlimmern sich: Er könnte von Urwaldeinwohnern aufgegessen worden sein, eine andere Frau gefunden haben oder sich in einem Fass vor dem Feind verstecken. Ihre Mutter und ihre Großmutter versuchen die „heile Welt“ aufrechtzuerhalten, was vor Kiek nicht immer einfach ist. Dies durchschaut auch Kiek. Die Fassade bröckelt.

Als sie ihre Mutter mitten in der Nacht verzweifelt weinen sieht und ihre Großmutter darüber schimpfen hört, dass ihr Vater zu egoistisch ist und sich immer in Gefahr bringen muss, verschlechtern sich Kieks Hoffnungen auf die baldige Rückkehr ihres Vaters nach Hause. 

Auch in der Schule wechselt sie im Schultheaterstück „Peter Pan“ von der Hauptrolle des Peter Pans zur Nebenrolle eines Baumes. Ihre beste Freundin Wiendy kommt ihr belehrend und besserwisserisch anstatt hilfreich vor und sie distanzieren sich voneinander.

Von nun an zieht sie sich immer mehr in ihre eigene Welt zurück. Sie stellt die Hypothese auf: „Die Chancen stehen sehr hoch einen toten Vater zu haben. Aber wenn man eine tote Maus und einen toten Hund noch dazu hat, ist die Chance viel geringer, einen toten Vater zu haben. Denn ich kenne keinen Menschen, der einen toten Vater, eine tote Maus und einen toten Hund hat“.
Dieser Hypothese zur Folge, versucht sie eine tote Maus und einen toten Hund zu beschaffen. 
Eine tote Maus bekommt sie in der Tierhandlung, für einen toten Hund geht sie sogar so weit, dass sie ihren eigenen Hund von der Autobahnbrücke stürzen will.

Gott sei Dank hält sie ein Jogger davon ab. Langsam beginnt sie zu begreifen, dass sie nicht für das Schicksal ihres Vaters verantwortlich ist und der Realität ins Auge blicken muss. Um eine Erkenntnis reicher, aber noch immer unglücklich beginnt sie wenigstens sich wieder mit Freunde aus ihrer Klasse zu treffen. Die Aufführung des Schultheaterstückes naht und sie beharrt auf dem Versprechen, dass ihr ihr Vater per Telefon gab, er werde sicher kommen, um sie spielen zu sehen. 
Am Tag der Aufführung spielt sie mit gemischten Gefühlen ihre Rolle. Als sie ihre Mutter und ihre Großmutter aufgrund eines Telefonanrufes aus dem Zuschauerraum laufen sieht, ahnt sie Schlimmes, sie rechnet mit dem toten Vater.

Innerlich gefasst, aber mit einem letzten Fünkchen Hoffnung fragt sie vorsichtig ihre Mutter, ob Papa tot sei. 
Doch die Antwort, die sie bekommt, ist eine andere, als die sie erwartet hatte. „Papa lebt. Sie haben ihn ein Bein angeschossen. Er wird so schnell wie möglich, nach Hause ins Spital überstellt, aber er lebt!“. Glücklicher als zuvor, umarmen sich alle. Doch als sie ihren Papa auf der Krankenliege am Flughafen sieht, ist sie einerseits glücklich ihn wieder zu sehen, aber es schmerzt sie, dass ihm etwas zugestoßen ist. 
Dennoch lernt Kiek Schritt für Schritt ihre eigene Angst zu überwinden. Sie lernt ihre Angst beim Skateboardfahren zu überwinden und lernt, dass dies auch mit Risiko verbunden ist, getreu dem Motto „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“. Voller Stolz zeigt sie den Klassenkollegin und ihrer wiederversöhnten Freundin Wiendy ihr Können, als sie auf ihren Arm zu Boden stürzt. 
Mit gebrochenem Arm kommt sie ans Krankenbett ihres verwundeten Papas. Die beiden necken sich ein wenig und Kiek spürt noch immer die enge Bindung zu ihrem Vater und umgekehrt, dies stimmt sie fröhlich.

Als sie die Stimmen ihrer Mutter und Großmutter hört, stellt sich Kiek und ihr Vater schlafend. Die beiden Besucher kommen aber auf die Schliche und alle sind glücklich so wie es gerade ist. 
Als Konsequenz der Sorgen um seiner Selbst, sucht sich Kieks Vater einen Job im Innland, bei dem er aber dennoch voller Erfüllung kranken Menschen helfen kann.
 Der Film ist für Kinder im Alter von 8-12 Jahren geeignet. Alle Horrorszenarien zum Beispiel der Pommes-Krieg, in Kieks Fantasie werden im Film animiert dargestellt, das für den Zuschauer, besonders die kleineren darunter, leichter begreifbar gemacht werden. Von der Thematik sind viele verschiedene Themen darunter: Krieg, Angst und Sorge um einen geliebten Menschen, Bindungen zu geliebten und nahestehenden Menschen, die eigene Selbstwirksamkeit & Grenzen an Möglichkeiten, Dinge zu verändern. 

Auf kindgerechte Art und Weise wurde die Hauptthematik „Angst und Sorge um einen geliebten Menschen“ dargestellt und thematisiert, da es auch zu den kindlichen Ängsten im Alltag der Kinder gehört und aus dessen Lebensumwelt stammt.

Die Regisseurin Nicole van Kilsdonk besitzt den Mut, auf einerseits ironische, aber dennoch ernste Weise solche lebensnahen Kinderängste filmisch umzusetzen. Die Hauptdarstellerin Pippa Allen spielte so authentisch, sodass sie den Zuschauer in die Gedanken und Ängste der Kinder blicken ließ. Somit wurde manch kindliche Logik auch für den erwachsenen Zuschauer zugänglich gemacht.

Prädikat: Unbedingt sehenswert!

Ich, ein Mädel aus Linzer Umgebung schreibe liebend gerne Konzert-Reviews, Filmkritiken und so manch anderes über Kultur, Leute und dem ganzen Drumherum. Wortspielereien mit Gefühlen, die echten Tatsachen und Stimmungen sind mein Metier, in dem ich mich am Wohlsten fühle. Kultur wie sie leibt & lebt im Linzer Raum und sonstwo, am Puls der Zeit, niemals vergessen, sondern dokumentiert, hier auf subtext.at Das ist meine Welt, ahoi!