SARAH BRIGHTMAN: „Ich bin eine Weltenbummlerin“

Sie ist eine Diva, sie war mit Musical-Legende Andrew Lloyd Webber liiert, sie hat Millionen von Platten verkauft, mit „Time To Say Goodbye“ einen Welthit gelandet und als wäre das nicht schon genug, wird sie auch noch bald ins Weltall fliegen: Sarah Brightman.

Sie spricht sehr artikuliert und betont. Wenn sie lacht, tut sie es herzlich und man fühlt sich gleich wohl in ihrer Nähe. Sie ist ganz in Schwarz gekleidet und sie trägt mörderische High-Heels, die einem sofort auffallen. Vor dem offiziellen Gespräch lenkt sie den Blick auf den Wiener Stephansdom, der von ihrer Hotelsuite aus zu sehen ist. „Dort habe ich einmal gesungen. Es war großartig“, erzählt sie.

Ein Interview über Träume, Entscheidungen und wie man einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen behält.

subtext.at: Sarah, lebst du deinen Traum oder jagst du ihm hinterher?
Sarah Brightman: Dass ist ein sehr guter Punkt (lacht). Nun, im Moment vermutlich beides. Das Leben verläuft nicht immer so, wie man es sich vorstellt. Auf der anderen Seite, auch aus meiner Perspektive, ist es äußerst wichtig, überhaupt einen Traum zu haben. Vielleicht wird dieser Traum nie in Erfüllung gehen, wer weiß das schon, aber die Reise, die man bis dahin macht, die kann einem keiner mehr nehmen. Du machst Erfahrungen und lernst Menschen kennen, die dein Leben bereichern. Mich hat es auch manchmal an abgelegene Orte verschlagen, aber wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, hat sich die Reise als richtig erwiesen – auch wenn sie lange gedauert hat (lächelt). Jeder sollte die Möglichkeit haben, Träume zu haben – selbst dann, wenn sie nicht realisiert werden. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens.

subtext.at: Lassen viele von uns ihre Träume einfach dahinziehen, weil sie als naive Fantasien abgetan werden? Wie realistisch ist es überhaupt noch, einen Traum zu haben?
Sarah Brightman: Heutzutage kann jeder die Wahl treffen, in welche Situation sie ihr Leben manövrieren möchten. Das ist das Gute daran. Vieles mag auch mit der wirtschaftlichen Situation des- oder derjenigen zusammenhängen. Man muss sich einfach geistig Ziele setzen. Ein Ziel nach dem anderen. Das kann dir schon Hoffnung geben. Wenn ich optimistisch an die Sache herangehe, werden sich die Dinge sicher zum Positiven für mich verändern. Davon bin ich überzeugt. Viele Leute müssen daran arbeiten, an sich auch arbeiten, um glücklich zu sein.

subtext.at: Die Angst vor dem Versagen spielt sicher auch eine Rolle. Braucht man einen starken Charakter, um sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und um es zu erreichen?
Sarah Brightman: Ich denke, dass wir am Ende die Entscheidung treffen, was wir möchten und was nicht. Wenn du sagst „Nein, das schaffe ich nicht“, dann hast du damit schon eine Entscheidung getroffen. All die negativen Dinge, mit denen man konfrontiert wird, machen einen nur noch stärker. Manchmal reagiert man auch so, wie man es vielleicht gar nicht erwartet. Natürlich kommt es auch auf den eigenen Charakter an, wie man mit welcher Entscheidung umgeht. Ich hoffe, ich konnte meine Sichtweise verständlich erklären (lacht).

subtext.at: Opferst du andererseits andere Ziele für deinen Lebenstraum?
Sarah Brightman: (überlegt) Du musst wissen, dass ich nicht in solch spezifischen Strukturen denke. Moment, meine Nase juckt, ich glaube, es kommt von den Blumen im Zimmer (lacht und überlegt lange). Das ist eine sehr gute Frage, weißt du? Ich habe meine Entscheidung schon relativ früh getroffen. Ich wollte das Leben mit meiner Arbeit als Sängerin bestreiten. Manchmal willst du etwas realisieren, dass in deinem Geist herumspuckt, in deiner Vorstellung. Das kann dich manchmal ganz woanders hinführen. Du musst dir aber die Freiheit gönnen, diese Reisen antreten zu dürfen. (überlegt) Ich habe beispielsweise nie besonders lange in einem Land gelebt. Ich habe die Entscheidung getroffen, all meine Leidenschaft in meine Arbeit zu stecken, was wiederum dazu geführt hat, dass ich unabhängig sein wollte von Orten, Dingen oder Menschen. Anders hätte ich es nicht vollbringen können.

Manchmal fragen mich Leute, wo mein Zuhause ist. Ich sage ihnen dann, dass ich das nicht weiß und keines besitze. Ich bin eine Weltenbummlerin. Eine Weltbürgerin. Sie entgegen dann und sagen „Ja, aber jeder braucht ein Zuhause“. Ich sage dann „Nein, denn das Unterwegssein, das Reisen, das ist mein Zuhause“. Es hört sich vielleicht abstrakt an, aber so ist es. Viele Leute würden ihr Leben gegen meines nicht eintauschen wollen. Warum? Weil es nomadenhaft anmutet, ohne festes Zuhause. Für mich war es die richtige Entscheidung. Bestimmt habe auch ich einige Dinge dafür geopfert, wie man sagt. Was wichtig ist: Versuche, deine Persönlichkeit anzuerkennen. Sei der, der du bist.

subtext.at: Du hast das Thema Freiheit angesprochen – denkst du, dass je weniger Verantwortung man hat umso mehr Freiheit hat man?
Sarah Brightman: Nicht unbedingt. Die Verantwortung vollzieht sich ja trotzdem, egal was du tust. Es gibt immer eine. Vielleicht ist das ein Mangel an Freiheit. Was ich aber meinte war eher die Freiheit, um etwas Erschaffen zu können. Um das vollbringen zu können, musst du dir einen stillen Ort suchen. Im Leben geht es um harte Arbeit, jedoch nicht um das Materielle, sondern das Geistige. Es geht um Ideen. Ideen sind so wichtig für uns und unsere Vorstellung. Ich habe früh für mich festgelegt, dass ich das Leben, welches viele Frauen mit einer Familie wollen, nicht führen kann. Da musste ich loslassen. Das hat mir wiederum viel eigennützige Zeit gebracht, in der ich mich voll ausleben konnte.

subtext.at: „The world’s biggest-selling soprano is heading to outer space“ titelte jüngst der britische Guardian. Was hat es damit auf sich?
Sarah Brightman: Offiziell habe ich schon mit dem Training für den Raumflug begonnen. Darauf bereite ich mich schon seit einigen Jahren vor. Den Traum, ins Weltall zu fliegen, habe ich noch länger. Es ging mir darum, mit Leuten in Verbindung zu treten, die sich auf diesem Gebiet auskennen. Bin ich überhaupt die richtige Kandidatin für so etwas? Ich musste durch viele medizinische, psychologische und physische Tests gehen. Ich habe sie alle bestanden und die Vorgaben erreicht (lächelt). Nebenbei habe ich viel über mich selbst herausgefunden, wie ich auf bestimmte Dinge reagiere beispielsweise. Diese Zeit hat mich sehr inspiriert und vieles hat den Weg auf das Album „Dreamchaser“ gefunden. Dann ging es darum, eine Tour zusammenzustellen, bevor es dann wirklich zum finalen Punkt geht – und zwar hinauf ins All. Ich bin wirklich aufgeregt (lacht).

subtext.at: Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho hat einmal gesagt: „Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das Universum darauf hinwirken, dass du es erreichen kannst.“
Sarah Brightman: Das stimmt. Wenn ich so recht überlege und zurückblicke, macht dieser Weg, den ich vor Jahren eingeschlagen habe, für mich Sinn. Ich bin in den 60ern aufgewachsen, da war dieses Thema überall vertreten, in den Zeitungen und im Fernsehen. Wir haben die erste Mondlandung live mitangesehen. Wir haben damals gedacht, dass Weltall würde in unserer Zukunft noch eine große Rolle spielen. Falsch gedacht. Das Weltall lag lange still und es wurde auch nicht mehr viel darüber berichtet. Dann konnte man auf einmal Tickets ins All buchen und es kam erneut ins Rollen. (überlegt) Ich bin wirklich glücklich darüber, dass ich noch jung genug bin und ich die Chance bekomme, dieses Abenteuer anzugehen.

subtext.at: Bist du eine Person, die schnell zu einem Entschluss kommt und flott eine Entscheidung trifft oder wägst du das Für und Wider eher ab?
Sarah Brightman: Manchmal passieren Dinge einfach, die im Zusammenhang mit einer Entscheidung stehen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, wann du eine falsche Entscheidung getroffen hast, denn dann kannst du Abstand von ihr nehmen. Das ist vielleicht nicht ganz einfach, sich das einzugestehen, aber es ist das Wesentliche daran. Viele tun sich schwer, eine Wahl zu treffen. Das bekomme ich mit.

subtext.at: Bleibst du in schwierigen Situationen cool und behälst die Nerven?
Sarah Brightman: Ja! Definitv, wobei ich da auch am coolsten bin, weil normalerweise reagiere ich nicht so gelassen in ganz normalen Alltagssituationen (lacht).

subtext.at: Welchen Rat würdest du jemandem geben, der einen nahezu unerfüllbaren Traum hegt?
Sarah Brightman: (überlegt) Meine Rat würde so lauten: Genieße es! Du kannst ein Teil dieser Erfahrung, dieser Reise sein und schauen, wie weit du kommst. Wenn du dich irgendwann unbehaglich und unwohl fühlst, dann lasse es. Behalte die Vorstellung davon in deinem Kopf, wenn es dich glücklich macht. Es geht doch immer um die eigene Zufriedenheit. Das ist das Wichtigste. Wir sind alle intelligente Lebewesen und ich denke, dass wir schon instinktiv wissen, was gut für uns ist.

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