AVEC: „Ich bin grundsätzlich ein melancholischer Mensch!“
Im Rahmen des Rock im Dorf Festivals 2016 durften wir mit der größten österreichischen Newcomerin der letzten Monate reden. AVEC nahm sich Backstage die Zeit und beantworte uns Fragen zu ihrer Karriere, Festivals, dem kommenden Album, und wie es sich anfühlt innerhalb kürzester Zeit so berühmt zu sein. Eines gleich vorweg: die junge Dame ist ein sehr sympathischer und angenehmer Gesprächspartner und es wurde viel gelacht.
subtext.at: Deine Musik ist sehr melancholisch, stellenweise schwer und traurig, aber auch tragend. Man könnte auch sagen, sie hat etwas Nordisches, eine Art von Musik für regnerische Herbsttage. Hat das damit zu tun, dass dein Verhältnis zur Musik doch etwas schwierig war? Du musstest ja als Kind Geige lernen, obwohl du das nie wolltest.
Avec: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Es war jetzt nicht so, dass mich meine Eltern dazu gezwungen hätten. Am Ende hab ich das schon irgendwie freiwillig gemacht. Aber mit dem hat es gar nicht so viel zu tun. Ich bin grundsätzlich ein melancholischer Mensch, wenn man das so sagen kann, und ich höre privat auch viele SongwriterInnen, die in dieses Melancholische reingehen. Deswegen hat sich das dann so ergeben, dass meine Musik ebenfalls melancholisch ist.
subtext.at: Der Stil spiegelt also deine Persönlichkeit wieder?
Avec: Ganz genau.
subtext.at: Deine Eltern waren bzw. sind ja große Country-Fans. Ist es dir nie in den Kopf gekommen, Country zu machen bzw. derartige Elemente einfließen zu lassen? War das vielleicht auch ein bewusster Protest gegen deine Eltern?
Avec: Nein, gar nicht. Ich hab ein paar Country- Songs. Also eigentlich sinds keine, aber sie gehen ungefähr in diese Richtung. Aber Country war für mich eigentlich nie ein Thema, weil das Genre schwierig ist und es auch nicht zu mir passt. Ich fühle mich in meinem Bereich einfach viel wohler als in jedem anderen.
subtext.at: Musik funktioniert also für dich auch nur, wenn du dich selbst damit identifizieren kannst und du dich darin wohl fühlst?
Avec: Ja, ganz genau.
subtext.at: Deine Karriere ist ja doch recht steil verlaufen. Über Nacht auf einmal auf FM4 gelaufen und jetzt mittlerweile schon fast in Dauerschleife, dein Song Granny hat fast 3 Millionen Klicks auf Spotify und du warst für 3 Amadeus Music Awards nominiert (Anm.: Fm4 Award, Alternative Pop / Rock, Künstlerin des Jahres). Ein Karrierestart, der noch rasanter verlaufen ist, als jener von Bilderbuch und Wanda. Wie fühlt sich das an? An so einem schnellen Erfolg sind doch schon viele Musiker gescheitert…
Avec: Ähm… Erstens (lacht), ich fühl mich nicht berühmt, famous oder so, und zweitens realisiere ich das noch nicht so ganz. Mir ist letztens passiert, dass ich alleine im Auto gesessen bin und laut FM4 gehört hab, und dann auf einmal „Granny“ gekommen ist. Da hab ich mir kurz gedacht: „Das ist jetzt echt schräg (lacht herzlich)“ – und habe laut mitgesungen. Aber es geht noch, ich bin noch auf dem Boden geblieben. Ich glaube, dass irgendwann der Punkt kommt, wo ich wirklich darüber nachdenke und erst realisiere, was in dem letzten halben Jahr passiert ist. Aber jetzt lass ich das alles auf mich zukommen und warte, wie das Ganze ausgeht.
subtext: Also eigentlich die typischste österreichische Eigenschaft, einfach abwarten, wird..
Avec: ..schon was passieren (lacht). Ganz genau.
subtext.at: Wie vorhin bereits angesprochen bist du ja noch sehr jung, und das Projekt AVEC frisst eine Menge Zeit. Wie lässt sich das mit deinem Studium vereinbaren?
Avec: Sagen wir es so: das Studium ist jetzt eher mal ruhend gestellt. Ich habe das Glück, noch zu Hause wohnen zu können und so kein Geld für Miete und die ganzen Sachen zu brauchen. Man lebt halt, es geht, abwarten.
subtext.at: Es ist so wunderschön, wie sich das mit dem Abwarten durchzieht.
Avec: (lacht herzlich)
subtext.at: Was war in diesem halben Jahr Karriere bisher der größte Wow-Moment?
Avec: Das war, als ich „Granny“ das erste Mal im Radio gehört hab. Ich habe angefangen, Songs zu schreiben, und mir immer gedacht, dass es so cool wäre, wenn der Song einmal im Radio läuft. Dann wars wirklich so, Granny, FM4, da hab ich mir echt gedacht: What the fuck geht hier eigentlich ab? Das war der „What The Fuck?“-Moment.
subtext.at: Ich hoffe, es hat noch keinen gegeben, aber dafür bin ich zu viel Realist und Pessimist um das nicht zu glauben: was war auf der anderen Seite der größte Down-Moment?
Avec: Den hat es bisher noch nicht gegeben (lacht). Ich lebe meinen Traum und darf Musikerin und Künstlerin sein. Das ist eigentlich alles, was ich je machen wollte.
subtext.at: Das Rock im Dorf ist ja dein zweites Festival, das Noppen Air war die Festivalpremiere. Wie war bzw. ist es eigentlich, das erste bzw. zweite Mal auf einer im Vergleich zum kleinen Club um vieles größeren Bühne zu stehen?
Avec: Das war echt cool, weil Festivals einfach eine ganz eigene Stimmung haben, die ein Club nie erreichen kann. Es sind zwei ganz verschiedene Sachen. Eine sehr schöne Abwechslung.
subtext.at: Wie war das auch, das erste Mal den Backstage mit alten Hasen der Musikszenem wie Krautschädlm oder Größen wie Seiler und Speer zu teilen? Hast du dich da schnell reingefunden?
Avec: Das ist extrem arg. Weil du rechnest einfach nie, dass du irgendwann mit Krautschädl am selben Tag, am selben Festival spielst – und das ist dann schon einfach cool.
subtext.at: Kommen wir zu meiner Standardkategorie, dem Wordrap. Ich gebe dir den Satzanfang vor und du beendest diesen bitte. Der lustigste Moment auf den bisherigen Konzerten bisher war,..
Avec: Als meinem Gitarristen, sprich Keyboarder, sprich Bassisten einfach der Amp ausgefallen ist unterm Song. Und ich hab mir nur gedacht : „Wieso spielt der denn nicht? (wie so oft in diesem Interview beiderseitiges und lautstarkes Lachen)“ . Und dreh mich so nach rechts – und er ist komplett im Stress irgendwo am Boden rumgekrochen.
subtext.at: Wo war das?
Avec: Das war lustigerweise in der Arge (Anm.: ARGEkultur Salzburg, Konzertlocation in Salzburg) (lacht). Aber wir haben es gut rumgebracht, der Amp hat dann wieder funktioniert. Aber es war ein kleiner Schockmoment. Warum spielt er nicht? Fuck.
subtext.at: Der wichtigste Gegenstand auf einem Konzert für mich ist,..
Avec: Also mein wichtigster Gegenstand ist auf jeden Fall mein Kapodaster (Anm.: Klemme für den Gitarrenhals, um die Tonart zu ändern), weil ich hab nur den einzigen in der Band. Und auch nur den einen (lacht).
subtext.at: Also: ohne den fällt der Gig ins Wasser?
Avec: Ja, das wäre schwierig, weil ich bin musikalisch jetzt auch nicht so gut drauf, dass ich mir das alles selber umlegen kann ohne Kapo. Das ist schon lebensnotwendig für einen Gig.
Subtext.at: Heute natürlich auch dabei?
Avec: Ja (lacht), in meiner Hosentasche sogar.
subtext.at: Mein nächstes großes Ziel im kommenden Jahr ist,..
Avec: Das Album.
subtext.at: Das sollte doch bereits im Frühsommer kommen?
Avec: Ja… (lacht). Das hat sich etwas verschoben und kommt jetzt auf jeden Fall im Herbst. Das kann ich fix sagen. Weiteres Ziel ist natürlich, dass wir viele Gigs spielen – und eine Album-Tour wäre sehr cool.
subtext: Was wäre denn DAS Festival, auf dem du unbedingt spielen willst?
Avec: Hmm… am Akustic Lakeside darf ich schon spielen, das war schon immer ein Traum. Popfest Wien auch.
subtext.at: Frequency maybe?
Avec: Ja das wäre jetzt eine andere Größe (lacht), aber schon cool.
subtext.at: Wie ist das eigentlich für dich? Würdest du gerne einen Frequency Gig um 14:00 nachmittags spielen, obwohl man weiß, dass um diese Uhrzeit noch sehr wenige Leute vor der Bühne sind, einfach weil es das Frequency ist oder doch lieber ein kleineres Festival, dafür um eine bessere Uhrzeit vor mehr Gästen? Für was würdest du dich entscheiden?
Avec: Das ist eine schwierige Frage. Natürlich würde ich gerne am Frequency spielen, wegen der Uhrzeit würde ich mir da nichts denken. Wir haben jetzt schon viele Shows am Nachmittag gespielt. Und mir ist es egal ob jetzt fünf, zehn oder hundert Leute da sind. Selbst wenn es nur eine Person ist, spiele ich gerne für diesen einen Menschen, und wenn es diesem gefällt, bin ich umso glücklicher.
subtext.at: Wieder zurück zum Album. Wieso hat sich das Album jetzt doch deutlich verzögert?
Avec: Ich habe in dieser Zeit, wo es eigentlich kommen sollte, noch einige neue Songs geschrieben, die besser waren als einige alte, die wir bereits fürs Album aufgenommen hatten. Darum sind wir wieder ins Studio gegangen und haben die neuen aufgenommen – und jetzt ist alles ready to go, voll zufrieden.
subtext.at: Sehr schön – gibts schon ein fixes Datum?
Avec: Nein leider, aber auf jeden Fall Herbst.
subtext.at: Wird es eine Vinyl-Veröffentlichung geben?
Avec: Wahrscheinlich schon. Ich will jetzt nichts Falsches sagen, aber ich persönlich bin schon sehr bedacht darauf, dass es eine Vinyl gibt!
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