Gnackwatschn: Facebooksüchtig & Pflanzenliebhaber!
Ein Interview mit Gnackwatschn ist wohl der Untergang jedes Musikjournalisten. Knapp eine Stunde lang haben mir die Jungs ihre Geschichten über die Almhütte, so manche Auftritte, kleine Kakteen und Regentonnen erzählt. Über ihr neues Album haben wir natürlich auch kurz gesprochen.
subtext.at: Was war die nervigste Interviewfrage, die ihr je bekommen habt?
Gregor: Wie seid ihr zu eurem Bandnamen gekommen?
Dani: Das stimmt.
Chris: Ja, hätte ich auch gesagt.
Bertl: Es ist jetzt keine schlechte Frage – aber sie nervt, weil sie immer gefragt wird.
Gregor: Und die zweite ist: „Könnt ihr von eurer Musik leben?“. Eigentlich anstrengender ist es, wenn die Journalisten dann darüber schreiben. Da gibt es das Beispiel mit einem Medium aus Graz – ich will jetzt keine Namen nennen – dort war ein Zweispalter in diesem Wochenmagazin. Die Person hat nur darüber geschrieben, wie wir zu unserem Bandnamen gekommen sind und ob wir von der Musik leben können. „Von der Musik können sie leider noch nicht leben – sie sind sehr motiviert und haben einen Bandnamen gefunden“.
Erwin: So in etwa „sie haben schon einen Namen erfunden, aber sich noch keinen gemacht“.
Chris: Die nächste Frage ist, ob wir uns vorstellen können, auch auf Englisch zu singen.
Bertl: Ja, das kommt auch immer, warum sollten wir das tun?
Dani: Was wir auch immer gefragt werden, ist, ob der Erwin schwul ist.
Bernhard: Die Frage hab ich noch nie gehört – weil es ja eh klar ist, oder?
Dani: Der Erwin hat aber noch nicht genug Erfahrungswerte um des richtig auszuleben.
subtext.at: Ihr habt zwischen dem jetzigen Album und dem letzten eine längere Pause….
Alle: (empörtes Stöhnen)
subtext.at: Zumindest eine gewisse Zeit und in Oberösterreich wart ihr nicht präsent. Was war der Grund dafür?
Bertl: Naja, wir haben in dieser Zeit sehr viele Auftritte gespielt. Und haben versucht an unserem Sound zu arbeiten. Das war eigentlich die größte Aufgabe, die wir hatten. Gleichzeitig haben wir den Erwin dazu bekommen, unseren Posaunisten. Wir waren ja zuerst nur zu fünft und hatten als einzigen Bläser nur den Trompeter. Und nachdem der Erwin zu uns gekommen ist – das war ja alles in dieser Zeit – haben wir einmal geschaut was für Musik wir machen wollen, weil wir nicht unbedingt zufrieden waren mit der Musik, die wir vorher produziert haben. Im Songwriting sind da teilweise Sachen entstanden, die schwer den Liedern von Andreas Gabalier zuzuordnen sind. Die Gefahr mit Volksmusik, wenn du es mit modernen Musik verbindest, ist, dass es schnell nach Schlager klingt. Bzw. teilweise etwas „proletig“, weil eine Polka ist eine „Humdada Humdada“-Musik.
Erwin: Es kommt auch immer darauf an, was für Musikgenre man ansprechen will, bzw. auf was man sich bezieht. Die einen sind der Meinung, dass wir nur die „depatn Steira mit ihre Lederhosn“ sind, die ihr steirisches Programm spielen, was im Prinzip immer das Gleiche ist. Aber so ist es nicht: wir definieren uns schon auch durch andere Genres.
Gregor: Das ist es ja. Wenn man mit einer Lederhose auf der Bühne steht, wird man automatisch in eine Schublade gesteckt, die von weiten schon „Gabalier!“ schreit. Lederhosen und Converse ist geil und steirisch, ja okay. Die Gefahr aber ist, dass, wenn man Volksmusikelemente einbaut, sehr schnell in die falsche Richtung abdriftet und sich deswegen sehr genau überlegen muss, welche man verwendet.
subtext: Wie hebt ihr euch eurer Meinung nach von Musiker wie dem Gabalier, von „Humdada“ mit ein bisschen Elektro ab?
Gregor: Man hört es (lacht).
Bertl: Wir machen keinen Schlager!
In der Zwischenzeit kam das Essen. Zitat: „Wir sind Männer wir können auch essen und reden gleichzeitig“
subtext.at: Wie versucht ihr euch jetzt wirklich, vom Schlager abzuheben?
Gregor: Naja, wir kämpfen jetzt nicht aktiv dagegen an – es passiert halt. Wir versuchen einfach, unseren eigenen Sound zu verwirklichen. Das ist für uns das Wichtige. Es war jetzt nicht so, dass wir die ganze Zeit an den Gabalier gedacht haben, als wir unsere Lieder geschrieben haben.
Dani: Na, des stimmt nicht, ich denk nur an ihn. (lacht)
Gregor: Es war einfach. Wenn jemand ein Lied geschrieben hat, oder nur eine Idee gehabt hat dann war es meistens so, dass derjenige zu uns gekommen ist. Wir haben uns das zusammen angehört, und wenn es textlich und soundtechnisch nicht gepasst hat – und zu sehr an Schlager erinnert hat – haben wir gemeinsam gesagt, dass das so einfach nicht gehe. Es gab Lieder, wo wir es wir es sofort gespürt haben, dass es nicht zu uns passt. Da hätten wir die Akkorde 100mal umschreiben können und es hätte immer noch nicht gepasst. Deswegen hat es so lange gedauert, bis wir unser Album fertig gehabt haben. Vor allem, weil wir uns selber erst finden haben müssen.
subtext: Das heißt ihr habt euch Zeit genommen, um euren eigenen Sound zu kreieren?
Bertl: Ja, genau. Dass wir uns wohlfühlen mit dem was wir machen. Von uns sechs Leuten steht jeder 100 % hinter der Band und jeder hat eine Freude am Spielen. Auch falls wir uns vor einem Gig streiten würden auf der Bühne, schon nach dem ersten Lied würde sich wieder jeder mit jedem verstehen.
subtext: Ihr habt es kurz vorher angesprochen: das Songwriting. Wie funktioniert das bei euch? Macht das einer, oder ihr als Kollektiv gemeinsam?
Bernhard: Während des letzen Albums hat sich bei uns irgendwie ein Prozess entwickelt. Es hat so angefangen, dass einer eine Idee hatte und meistens einen Refrain dafür. Darum ist dann meistens gemeinsam eine Melodie entstanden, mit der jeder leben kann. Dann haben sich die Texter zusammen gesetzt und haben den Text ausformuliert, und die Bläser haben die Bläserline für die gemeinsame Melodie geschrieben. Die wollten es gar nicht hören, was für Text dazu gesungen wurde, sondern haben einfach gemacht. Danach ist das Ganze zusammen geführt worden, und angehört natürlich. Später haben wir uns wieder in Gruppen aufgeteilt und an dem Song weitergefeilt. Wir mit der „Rhythmussektion Bass und Schlagzeug“ haben dann ein paar Sachen und ein paar Breaks ausgecheckt.
Dani: Die Ziehharmonika war nie definiert worden, wohin sie gehört – zu Rhythmus oder Melodie. Sie war meistens dort, wo das meiste Bier vor Ort war.
Gregor: Für dieses Album haben wir uns vorgenommen – und es auch fast komplett durchgezogen – es auf einer Berghütte zu schreiben. Wir haben uns quasi ins Songwriting-Exil begeben – ohne Handyempfang. Wir haben uns dort komplett zurückgezogen, unser gesamtes Equipment aus dem Proberaum raufgebracht – und dort ist eigentlich dieser Songwritingprozess entstanden, von dem wir vorher geredet haben.
Bertl: Ich denke, dass es wenige Bands gibt, die so im Kollektiv die Lieder schreiben. Viele Bands haben einen Mastermind, der für die Songs verantwortlich ist. So war es auch bei uns beim ersten Album. Bei zweiten Album haben wir uns da einfach neu finden müssen. Die Hütte war da einfach der perfekte Ort dafür, weil wir sehr abgeschottet waren und es einfach keinen Handyempfang und Internetempfang gab. Weil nicht alle 30 Sekunden jemand am Handy gehangen ist und Facebook oder WhatsApp gecheckt hat – wie unser Schlagzeuger es immer wieder gerne macht.
Bernhard: Naja, was soll ich machen wenn ihr den Rhythmus nicht, könnt muss ich mich irgendwie beschäftigen. (lacht) Ich bin halt facebooksüchtig (lacht)
subtext.at: Ihr habt mir mit euren Erzählungen über die Almhütte meine nächste Frage schon vorweg genommen. Wie ist es euch da oben generell gegangen ? Hab ihr euch da komplett weggesperrt? Durftet ihr dazwischen mal wieder runter kommen ins die Zivilisation?
Gregor: Ja, schon. Aber es war mehr so, dass keiner runter konnte. Wir sind gemeinsam mit einem Bus raufgefahren, und da war es dann auch nicht wirklich möglich, die Alm alleine zu verlassen. Das ist wahrscheinlich auch das Erfolgskonzept, weil jedem bewusst war, dass er die Zeit nur für die Band verbucht hatte und keine Ablenkung von Freunden, Hunden oder anderen Konzerten eingeplant war. Man hatte den Kopf frei und konnte sich hundertprozentig auf die neuen Songs konzentrieren. Und DKT spielen (lacht).
subtext.at: Habt ihr dann dort auch andere Flüssigkeiten als das steirische Kernöl zu euch genommen?
Gregor: Das Kernöl hat jetzt natürlich relativ wenig Wassergehalt, deswegen haben wir uns natürlich auch mit andern Flüssigkeiten versorgen müssen, um nicht zu dehydrieren. (lacht)
Dani: Ich hab Mineral aufgspritzt mit Koks auf die Halbe getrunken, des sprudelt immer so schön (lacht).
Bertl: Ich glaube, wenn du 4 Tage auf einer Hütte bist mit sieben Jungs, kann man sicher auch Wasser und Saft trinken, aber ein Bier hat noch niemanden geschadet. Es wird jeder etwas lustiger. Aber wir sind beim Bier geblieben, Schnaps oder sonst was anderes war nicht dabei.
Chris: Es war nicht das Ziel, sich komplett zu betrinken, sondern neue Lieder zu schreiben. Die Arbeit stand da schon im Vordergrund.
subtext.at: Weg von der Hütte und dem Kernöl, hin zu euren Texten. Ihr seit alle doch sehr politisch angehaucht, und schafft es dennoch eure Texte so gut zu verpacken, dass sie ein Standard-FPÖ-Wähler vielleicht nicht unbedingt verstehen würde, dass es doch eher linke Texte sind….
Alle: Ja, wir verstehen sie auch nicht (lacht).
Bertl: Lustig, dass du es jetzt erwähnst. Wir sind einmal von einem Auftritt heimgefahren und da war die Landtagswahl in der Steiermark, und wir haben damals darüber gesprochen wie politisch wir in unseren Texten sein wollen. Wir haben uns selbst immer davor gescheut, zu politisch zu werden. Aus dem einfachen Grund – wenn du als Band zu politisch in einer Richtung unterwegs bist, schließt du automatisch eine große Gruppe an Menschen aus, die deine Musik aufgrund deiner Einstellung nicht hören möchten und dich als Arschloch abstempeln. Wir wollen niemanden, nur weil er eine andere politische Meinung, hat als Arschloch bezeichnen. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir in unseren Liedern unsere politische Meinung vertreten, ohne das bekannte Abstempeln.
subtext.at: Eine Frage noch zum neuen Album: wie seid ihr zu dem Text von „King Steifi von Schwasiland“ gekommen?
Dani: Das ist eine sehr lustig Geschichte. Wir hatten den rhythmischen Teil schon fertig und waren auf der Suchen nach einem Text. Anfangs wollten wir über den Opernball schreiben, sind dann aber zu den Entschluss gekommen, dass oberflächig über oberflächige Menschen zu motzen nicht sehr zielführend ist. Und der Text hat auch nicht unbedingt zu der Musik gepasst. Jetzt haben wir uns gedacht, dass wir, wie andere erfolgreiche Musiker auch, einen sehr einfachen Text dazu schreiben könnten, um auch mal mal im Radio rauf und runter gespielt zu werden. Das Ziel war auch, mal ein Sauflied zu machen. Und dieser King Steifi von Schwasiland ist die Bezeichnung für den Menschen, der am Vortag am betrunkesten war beim Fortgehen. Dann haben wir einfach zum Spaß einen Text darüber geschrieben – und Teile davon sind auch heute noch „erhalten“. Der Rest war einfach nur Stuss und perverses Zeug. Im Endeffekt haben wir uns dann in das Lied verliebt und nochmal bearbeitet. So, dass es auch öffentlich hörbar wurde.
(Eine heftige Diskussion bricht aus ob das Lied immer schon am Album sein hätte sollen oder nicht, dazu flogen auch kleine Gegenstände durch den Raum, um seiner Meinung Nachdruck zu verleihen)
subtext.at: Gibt es Momente von Konzerten in Oberösterreich, die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?
Bertl: Ja! Also beim Noppen Air sind wir heim gebracht worden von der Feuerwehr – oder eher mit dem Feuerwehrauto. Der Fahrer war etwa in unseren Alter, und hat uns schon mal den Bus aufgesperrt. Er meinte, dass er gleich kommt, um uns runter zu fahren. Wir sind dann alle eingestiegen, und der Chrisi ist zum Fahrersitz gegangen und hat alle Schalter eingeschalten, die er gefunden hat. D, die sind aber noch nicht losgegangen, bis der junge Fahrer das Auto gestartet hat. Erst als er die Zündung betätigt hat, ist dann alles losgegangen, Blaulicht, Sirene, und so weiter. Die Leute rundherum sind alle weggehupft. Der Fahrer hat das Auto dann wieder abgestellt und meinte, wir sollen alle Schalter wieder rauf geben. Im Hotel dann, wo wir mit Sado Maso Gituar Club und Garish untergebracht waren – blöd gesagt waren das damals im Vergleich zu uns ältere Herren mit vielen absolvierten Auftritten – waren wir dann noch ein paar Bier getrunken. Das wars dann Bis wir uns gedacht haben: „Oh, da stehen ziemlich viele Pflanzen im Stiegenhaus“.
Dani: Man muss auch sagen, dass das Feng-Shui nicht gepasst hat.
Bertl: Wir haben uns gedacht: „Warum geben wir nicht alle Pflanzen in ein Zimmer?“ Wir im gesamten Hotel alle Pflanzen zusammen gesucht, und in das eine Zimmer gegeben. Das Endprodukt hat ausgeschaut, als wäre es ein Dschungel. Zehn Minuten haben wir dann ein paar Fotos gemacht, bis wir dann ein schlechtes Gewissen bekommen haben und wir die Pflanzen wieder zurück gebracht haben. Es war dann aber so viel Erde am Boden, und wir wussten auch nicht mehr welche Pflanze wohin gehört. Da ist es dann schon mal passiert, dass ein kleiner Kaktus einen riesigen Untertopf hatte. Zum Schluss ist dann ein Kaktus übrig geblieben, der keinen Untertopf hatte. Den hat der Chrisi dann beim Fenster raus geschmissen. Am nächsten Tag, als wir aufgewacht sind, haben wir schon die Staubsauger gehört – und draußen vor der Zimmertür war alles pipifein. Keiner vom Hotel hat irgendwas zu uns gesagt.
Chris: In Leibnitz haben wir den Dani auch mal in eine volle Regentone eingetaucht. Warum wir das gemacht haben, wissen wir jetzt nicht mehr!
subtext.at: Was darf bei euch im Backstageraum nicht fehlen?
Einstimmig: Bier!
Gregor: Ich muss ganz ehrlich sagen: wir sind glaub ich eine von den einfachsten Bands, die da sehr genügsam sind. Solange wir irgendwas zum Essen bekommen und ein paar Bier haben, die wir genießen können vor und nach dem Auftritt, sind wir komplett zufrieden.
Erwin: Wichtig ist und auch ein kleiner Raum, wo man sich umziehen kann und seine Ruhe hat.
Bertl: Ich bin halt froh, wenn es was Veganes gibt. Oft ist man dann schon zwei Tage unterwegs und ernährt sich nur von Erdnüssen und Brot.
Subtext.at: Zum Abschluss: stellt euch vor ihr habt einen Gig in 50 Jahren, wie würde der ausschauen?
Gregor: Gleich wie jetzt, nur um die Hälfte langsamer.
Bertl: Ich glaube, wenn wir so ein richtiges Urgestein wären in der österreichischen Musikszene, dann würde ich schauen, dass es nicht nur so eine „Best of“ – Geschichte ist, sondern das man wirklich noch weiter an seiner Musik arbeitet und sich weiterentwickelt. Und neue Alben aufnimmt. Mit vollem Elan die neuen Sachen spielt, und 100% dahintersteht. Als Vorband würden wir dann lokale Bands haben, die wir unterstützen können.
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Nächster Auftritte:
- 12.08.2016 Gusenside in Neumarkt