Rettet das Kulturland OÖ!
Es wird nicht nur im sozialen Bereich in OÖ gespart, sondern auch im Kultursektor – auch unsere Projekte wird vor den Kürzungen nicht verschont werden. Die KUPF (Kulturplatform OÖ) hat die Initiative „Kulturland retten“ ins Leben gerufen, um gemeinsam mit den Kulturschaffenden in OÖ gegen diese Kürzungen anzukämpfen. Klemens Pilsl hat uns ein ausführliches Interview gegeben, warum es sinnvoll ist, ein klares Zeichen für die Erhaltung der Kulturlandschaft OÖ zu setzten.
Soziologe, Kulturarbeiter, Schreiber. Textproduktionen für OÖNachrichten, Versorgerin, The Gap, Kulturrisse, KAPUzine, Mole, IG Kultur Österreich und viele andere. Langjähriger Redakteur für die KUPFzeitung. Seit 2012 auch als stv. Geschäftsführer der Kulturplattform OÖ tätig. Klemens Pilsl ist in der Freien Szene definitiv ein Begriff, er hat in der Vergangenheit unzählige Projekte begleitet und realisiert. Als Mitarbeiter in der KUPF setzte sich in den letzten Jahren vor allem im Bildungsbereich für Künstler*innen und Kulturinitiativen ein. Das er mit an der Front gegen die Kürzungen im Kulturbudget kämpft ist somit nicht weithergeholt. Kurz bevor die Unterschriftenaktion ausläuft haben wir uns getroffen und über die Initiative „Kulturland retten“ geplaudert.
subtext.at: “Wir können es uns nicht leisten, keine Kultur zu finanzieren” – in ähnlichen Worten fasste der pensionierte Landeshauptmann Josef Pühringer die Situation zusammen. Was ist für dich als Vertreter von der Kupf unleistbar? Was ist für dich persönlich der Kern dieser Aussage? Stimmst du dieser Aussage zu?
Klemens: Unleistbar für eine Gesellschaft scheint mir die Fokussierung auf kurzfristige Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Verwertbarkeit. Unleistbar scheint es mir für eine Gesellschaft, die Ideologie des Ökonomischen den zivilisatorischen Errungenschaften des Humanismus, der Kunst und der Wissenschaft vorzuziehen. Natürlich würde Oberösterreich ohne sein vielfältiges Kunst- und Kulturschaffen nicht schlagartig absterben – aber es würde grauer, behäbiger und hinterwäldlerischer. Ein Oberösterreich ohne Kultur wäre eine volkswirtschaftliche und soziale Tragödie.
subtext.at: Förderungen zu kürzen, gerade im Kulturbereich, war schon immer eine Stärke des Land OÖ – bis jetzt gab es aus meiner Sicht dennoch eine beständige und florierende kulturelle freie Szene. Warum siehst du diese in den nächsten Jahren trotzdem bedroht?
Klemens: Tatsächlich hat das Land OÖ seine Freie Szene in den letzten Jahren richtiggehend ausgehungert – also bereits unter der Regentschaft des von dir eingangs zitierten LH Pühringer. Wenn man die Inflationsentwicklung berücksichtigt, haben wir bei den Förderungen für die Freien seit dem Jahr 2001 sagenhafte 68% verloren!
Nun hat der aktuelle Landeshauptmann Stelzer, der einer schwarz-blauen Landesregierung vorsteht, erneut Einschnitte um die 30% für dieses Segment angekündigt. Hier kann man nicht vom Einsparen sprechen, sondern nur von existentiellen Kürzungen.
subtext.at: Zur Initiative Kulturland retten: magst du uns kurz erzählen wie es dazu kam?
Klemens: Der KUPF wurde in der KUPF im Sommer 2017 klar, dass Schwarz-Blau im kommenden Budgetjahr 2018 ernst machen wird. Wir wollten eigentlich ein breites Bündnis mit anderen Betroffenen außerhalb des Kulturbereichs gegen die kommende Kürzungslawine aufbauen – das hat nicht geklappt, deshalb haben wir die Kampagne #kulturlandretten entwickelt. Mein Kollege Thomas Diesenreiter und ich haben viel Hirnschmalz in die strategische Planung investiert. Ein wichtiges Element unserer Initiative war von Anfang an ihre Breite: Wir wollen nicht die freie Szene, die Clubs oder die KUPF vor Kürzungen bewahren – nein, wir wollen das ganze Kulturland Oberösterreich retten. Die Blasmusiken, das Landestheater, die Museen, die Kunst-Studis, die Tanzszene und die Kulturinitiativen. Wir hatten da einiges an Überzeugunsarbeit zu leisten, aber das hat sich echt ausgezahlt.
subtext.at: Was erhoffst du dir mit dieser Initiative? Was sind die konkreten Ziele? Und sind diese auch realisierbar? Wenn ja wie? Wenn nein, warum nicht?
Klemens: Unsere Kampagne hat intern mehrere Zielsetzungen und Möglichkeiten. Eines der Ziele haben wir bereits erfolgreich erreicht: Es zu schaffen, dass der Kulturbetrieb und die Zivilgesellschaft zusammenrücken, sich den Rücken stärken und gemeinsam ihren Unmut artikulieren. Das Unwohlsein von Teilen der Bevölkerung über die schwarz-blaue Landespolitik hatte bislang keinen medialen Niederschlag in Oberösterreich gefunden – das hat sich nun schlagartig geändert.
Aber die Ziele der Kampagne erschöpfen sich natürlich nicht in Symbolpolitik. Wir wollen, dass der Landeshauptmann die harten Einschnitte im Kulturbereich zurücknimmt. Und wir haben 15.000 Unterschreibende, die hinter uns stehen. Unsere Chancen sind schwer einzuschätzen, aber es sind jedenfalls reelle Chancen.
subtext.at: Siehst du auch Chancen in den Einsparungen? Gibt es daran etwas Positives?
Klemens: Naja, es gibt auch im Kulturbereich sicher ein paar Anhänger leninistischer Verelendungstheorien, die im Elend der Kulturschaffenden Chancen auf künstlerische und kulturelle Innovation sehen. Es mag ja auch sein, dass Not erfinderisch macht, dennoch finde ich solche Zugänge zynisch und untauglich.
Mein Zugang ist gänzlich anders: Kunst und Kultur sind wertvolle und essentielle Säulen unserer Gesellschaft, sie sind unabdingbare Tools in der Bewältigung der heraufdräuenden Herausforderungen für die Demokratien. Es gilt, sie zu fördern und auszubauen!
subtext.at: Wie könnten Künstler*innen und Kulturinitiativen aus der Geldknappheit profitieren? Ist dies überhaupt möglich, daraus als Kulturschaffende*r einen Vorteil zu ziehen? Wie kann man als Künstler*in davon lernen?
Klemens: Kunst hat oft etwas mit Lernen zu tun. Aber das Land OÖ wird mit seinen Kürzungen die KünstlerInnen vor allem zwei Dinge lehren: dass Kunst, solange sie nicht am Markt verwertbar ist, ein privates Hobby ist. Und dass man sich am bestens anderswo darum kümmert.
subtext.at: Das ewige Klischee der freien Szene mit dem Geld nicht gut umgehen zu können, kommt durch die öffentlichen Diskussionen immer wieder hervor. Und ist nach wie vor in den Köpfen der Personen, die nicht direkt in diesem Bereich mitwirken. Wie kann hier die Kupf oder die Initiative „Kulturland retten“ gegen diese Stigmatisierung wirken?
Klemens: Subventionierte Kulturinitiativen unterliegen strengen Auflagen – Förderanträge müssen inhaltlich und in der Budgetierung gut unterfüttert sein. Jeder Cent einer Kulturförderung muss natürlich in komplizierten Abrechnungsprozuduren klar und transparent belegbar sein. Fördergeber verlangen Rechnungsprüfungsberichte, im Bereich der Drittmittelfinanzierung gibt es auch einen zunehmenden Druck zur Wirtschaftsprüfung. Die Kulturschaffenden sind vielgeprüfte und meist sehr seriöse SubventionsnehmerInnen, die ihre Mittel und auch Subventionen sehr sorgsam einsetzen und belegen. Das von dir angesprochene Stigma scheint mir auch nicht weit verbreitet zu sein – aber es wird gerne immer wieder von rechten Kulturkämpfern neu aufgekocht.
subtext.at: Bzw. falls sich dieses Klischee doch bewahrheitet, wie wird die Kupf oder die Initiative gerade diese Personen oder Organisationen unterstützen? Gibt es da schon Lösungsansätze?
Klemens: Das Klischee des sorglosen Umgangs mit Geld kann sich angesichts der Einsparungen gar nicht verwirklichen – es bleibt einfach ein blödes Klischee. Eher steht zu befürchten, dass Kulturinitiativen pleite gehen oder kurz davor zusperren müssen. Natürlich gibt es da eine Solidarität in der Szene, aber die wird die Förderkürzungen von 30% nicht auffangen können. Die KUPF bereitet ihre Mitgliedsinitiativen schon länger darauf vor, dass Förderungen rapide zurückgehen werden. Einige Initiativen arbeiten bereits erfolgreich mit Crowd Investments, mit Crowd Funding, mit eigenen Wirtschaftsbetrieben oder alternativen Fördermodellen von LEADER bis zum EU-Projekt. Diese Möglichkeiten stehen aber keinesfalls allen offen.
subtext.at: Was sind die direkten und indirekten Auswirkungen der momentanen Kulturpolitik bzw. wie werden diese sein? Kannst du hier konkrete Beispiele nennen?
Klemens: Es wird weniger Veranstaltungen, weniger kulturelle Angebote, weniger Theateraufführungen, weniger Blasmusik und weniger Arbeitsplätze geben. Mittelfristig führt das unausweichlich zu einer Schwächung der Regionen, zu Brain Drain, weiterer Vereinzelung und jeder Menge Tristesse. Langfristig schwächt es die Idee von einer vielfältigen, resilienten und zukünftsfähigen Gesellschaft.
subtext.at: Bist du ein Anhänger der Theorie, dass OÖ ein Testbeispiel ist für die restliche Nation? Und, dass diese Kürzungen im Kulturbudget auch auf Bundesebene bald real werden?
Klemens: Ja, man kann von Schwarz-Blau in OÖ stellenweise auf bundesweite Entwicklungen schließen. Die Kulturinitiativen und KünstlerInnen, die jetzt von Schwarz-Blau in OÖ zusammengekürzt werden, werden wohl bald auch von Schwarz-Blau auf Bundesebene zusammengekürzt. Das betrifft vor allem auch die Kulturhäuser mit überregionaler Bedeutung, wie etwa die KAPU Linz, das Röda Steyr oder das Kino Ebensee. Diese sind von beiden Förderstellen abhängig.
subtext.at: Was rätst du Kulturschaffende Personen die von den Kürzungen in Zukunft betroffen sein werden? Gibt es andere Methoden um das Loch im Budget zu füllen?
Klemens: Wir haben ja oben schon über alternative Finanzierungsmöglichkeiten in der Crowd, durch EU-Subventionen oder andere Neuerungen gesprochen. Aber nicht jeder kleine Verein am Land kann eine LEADER-Förderung stemmen, nicht jeder Schriftsteller kann einen wohlhabenden Mäzen finden. Ich bleibe dabei: Die Förderung von Kunst & Kultur darf eine moderne Gesellschaft nicht dem Markt oder Privaten überlassen.
subtext.at: Wie können sich Künstler*inne, Kulturinitiativen und kulturinteressierte Person für den Erhalt des Kulturlandes einbringen?
Klemens: Auf kulturlandretten.at haben wir einige Möglichkeiten aufgezählt. Aber natürlich muss jedeR selbst wissen, wie er oder sie sich einbringt: Mit einer Unterschrift, mit Content in den sozialen Medien, mit Kunst, auf der Strasse. Ich freue mich jedenfalls über jede Unterschrift unter unserer Petition und über jeden einzelnen, der unsere Demonstration am 4. Dezember in Linz besucht!
Bis morgen ist es noch möglich bei der Online-Petition zu unterschreiben.
HIER!