AWOLNATION: Zum Bersten gefüllt

Ein sich überschlagender Kreisch-Singsang. Brattige Riffs. Ein hyperaktives Songverständnis, bis zum Bersten gefüllt mit ekstatischen Ausbrüchen. Dazwischen: Lässig unbekümmerte Lieder, sehnsuchtsvolle Harmonien und viel Liebe zum Detail. Awolnation bemühen sich bei der dritten Veröffentlichung um kalifornische Leichtigkeit, ändern an ihrem Konzept in sieben Jahren jedoch oberflächlich wenig.

Die Synapsen dürfen wieder brutzeln. „Let’s start the magic“, wie vollmundig im Opener verkündet wird. Zu „Here Come The Runts“ möchte man bereits einen Liveticker verfassen, so mannigfaltig und gewöhnungsbedürftig zeigt sich dieser. Eine Genre-Zuordnung? Mehr als unnötig. Dass Drahtseilakteur Aaron Bruno auf Hörgewohnheiten nichts gibt, haben wir inzwischen ja schon gelernt. An und für sich zugängliche Songs werden zwischenzeitlich von schrägen Zwischenspielen gestört. Konterkariert. Durch den Fleischwolf gedreht und mit eingängigen Melodien versehen – so weit es sich halt ausgeht. Die auf den Kopf gestellte, durchgeschüttelte und immer wieder neu zusammengesetzte Single „Passion“ setzt auf Groove und ein Energielevel, welches permanent am Anschlag zu sein scheint. Krachig wie smooth. Der Wahnsinn lauert hier im Refrain, der nach seinen eigenen Regeln taumelt und im anschließenden „Sound Witness System“ noch nicht zu Ende geht.

Der „Miracle Man“ macht Radau, während alle weiter auf ein Wunder warten. „Handyman“ nimmt es hingegen musikalisch locker, textlich ernst („I’m a sinner, seasoned beginner, lucky to be alive“) und geht einem hilfreich zur Hand. „Jealous Buffon“ fährt vorsichtig rechts ran und nimmt den Sound der 80er mal schnell mit und Songs wie das saloppe „Table For One“, das wechselhafte „Seven Sticks Of Dynamite“ oder das ausgeglichene „My Molasses“ lassen einen minutenlang in der mentalen Hängematte baumeln.

Aaron Bruno macht auch auf dem dritten Album das, was er schon immer gemacht hat: Was er will. „Here Come The Runts“ erfüllt Awolnation-Standards, liefert Unangepasstes für Angepasste, eine Patchwork-Stilübung. Im Gegensatz zum immens erfolgreichen Debüt „Megalithic Symphony“ und zum sehr starken Nachfolger „Run“, vermittelt dieses Album einen unzeitgemäßen Vibe. Mehr (echte) Instrumente sollten zum Zug kommen – statt Elektronik. Gewollt, getan. Eine gewisse Orientierungslosigkeit strahlt diese Veröffentlichung dennoch aus. Die Frage bleibt im Raum, wie viel sonnengebräunte Narrenfreiheit (siehe das unsägliche „Cannonball“) der Formation aus Los Angeles überhaupt gut tut. Eine Übergangsplatte.

Tracklist:
01. Here Come The Runts
02. Passion
03. Sound Witness System
04. Miracle Man
05. Handyman
06. Jealous Buffoon
07. Seven Sticks Of Dynamite
08. A Little Luck And A Couple Of Dogs
09. Table For One
10. My Molasses
11. Cannonball
12. Tall, Tall Tale
13. The Buffoon
14. Stop That Train

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