Noppen Air #23: Sonnenbrand statt Schneesturm
Fast schon traditionell eingeweiht wurde die Festivalsaison im Mühlviertel: Das Noppen Air Musikfestival ging in seine bereits 23. (!) Auflage – dieses Mal nach der Arktis im Vorjahr bei strahlendem Sonnenschein. Auch wir ließen uns es natürlich wieder nicht nehmen, „on Tour“ zu gehen. Aber auch musikalisch wurde einiges geboten: von Australien bis Bayern reichte die musikalische Bandbreite.
Einer der Runnig Gags am Noppen Air Musikfestival 2018 war wohl das überdurchschnittliche Sonntagswetter. Da hat wohl jeder einzelne der ca. 4600 Festivalbesucher*innen ihr Gemüse brav zusammen gegessen. So viel Sonnenschein und so wenig Niederschlag hat es das letzte mal 2011 gegeben. Pünktlich zur Eröffnung der Festivalsaision wurden letztes Wochenende am Noppen Air das Campingequipment wieder ausgepackt und Freitagmiittag war der Campingplatz schon gut gefüllt. Bekannt ist das Festival trotz strengeren Campingplatzregeln für den Einfallsreichtum der Besucher*innen. Wo man bei vielen Festivals mit einem Sechs-Personen-Zelt schon auffällt, machen am Noppen Air so manche Zelt-Musikanlagen der Stage Konkurrenz.
Traditioneller Weise war auch das Team von „Subtext on Tour“ wieder am Start. Neben Schminkstation, Sofortbildern und einer Playstation-Spielestation stand als erster Programmpunkt das „Offical Noppen Air – Flunkyball Tunier“ am Plan. Zahlreiche Fans der acht Teams fanden sich ein, um dem Team „Sturz“ bei ihrem glorreichen Siegeszug beizustehen.
Im Vorfeld hörte man schon so eine oder anders Stimme munkeln, dass das heurige Noppen Air Line up sehr mutig zusammengesetzt wurde – nach Größen wie Fiva, Wanda, Seiler und Sperr oder Granada Farewell Dear Ghost als Headliner war für manche nicht nachvollziehbar. Eine kleine persönliche Anmerkung hier: ich fand es mal spannend abseits der gehypten Bands die andere Seite kennen zu lernen.
Was dann aber selbst für mich als mutig galt, war die Opener-Band – in den letzten Jahren stimmten eher heimische Indie-Klänge auf das bevorstehenden Festivalwochenende ein. Heuer übernahm dies die Australische Band „A Summerset Parade“, statt zarter Musik erwartete einem harter Alternative-Punk aus Brisbane. Unerwartet, aber doch sehr qualitätiv, eine Band, die auch schon am frühen Abend Spaß macht.
Ein kleiner Genrewechsel war dann der Auftritt von „Lex Audrey“. Das Projekt von Niklas Apfel (Pichler), Patrick Pillichshammer und Lukas Staudinger überrascht einen musikalisch immer wieder. Mit ihrer EP „GodGiven“ sind sie momentan am Durchstarten und sind nicht ohne Grund auf den Lineups der größeren Indie/Alternativefestivals von Österreich zu finden. Musikalisch sind die Jungs perfekt aufeinander abgestimmt – da sitzt jeder Ton und alles wirkt, als wäre jede Passage bis zum leisesten Ton perfektioniert. Songs wie „All about the inside“ oder „GodGiven“ ließen das Publikum näher zur Bühne rücken und sich den großartigen Indieklängen hingeben.
Die Überraschung des Abends war „Lilly Among Clouds“. In Österreich gilt die deutsche Musikerin noch als Geheimtipp, weltweit hat sie sich jedoch schon einen Namen erspielt. Mit ihren Songs konnte sie somit auch am Noppen Air punkten. Ihre starke Stimme gepaart mit den sanften Klavier- oder Gitarrenklängen konnten uns auf jeden Fall überzeugen.
„Farewell Dear Ghost“: nicht ohne Grund Gewinner des FM4 Award 2018, sorgten auch am Noppen Air für Stimmung. Die erste Band des Abends, die neben dem musikalischen Aspekt auch für visuelle Reize sorgten. Auf der Bühne wuchs während der Umbauphase ein kleiner Neondschungel. Seit dem letzten Zusammentreffen mit den Jungs hat sich bei ihnen so einiges getan, ihr zweites Album „Neon Nature“ erschien, und gefühlt tourten sie das gesamte Jahr quer über den Globus. Die Erfahrungen spiegeln sich in ihrer Musik wieder – lauter, poppiger und tanzbarer präsentiert sich die Band. Der neue Stil wurde mit offenen Armen vom Noppen Publikum empfangen – und ja, es wurde getanzt.
Die vorletzte Band des Abends, „Giant Rooks“, haben sich ihren „Headlinerstatus“ klar verdient. Schon beim Posthof-Konzert im Winter, wo sie als Vorband von Mighty Oaks auftraten, war uns klar: diese deutsche Band wird wie steil nach oben gehen. Sie jetzt als Headliner am Noppen Air zu sehen bestätigt unsere Hypothese. Im letzten Jahr veröffentlichten sie ihrer zweite EP „New Estate“ und sicherten sich damit einen fixen Platz auch in der österreichischen Musiklandschaft. Mit viel Energie und Kraft lieferten sie auch am Freitag eine starke Show, die einem keine andere Wahl ließ, außer mit der Band mitzufeiern.
Den Abschluss des Abends machte die österreichische Live-Elektro Band „Gudrun von Laxenburg“. Die Band, die sich auch einer Jamrunde 2009 gegründet, hat mittlerweile schon den Ruf, alle Tanzbarrieren niederzureißen. Beats werden direkt auf der Bühne live produziert und treffen auch zu späterer Stunde auf tanzlustige Menschen. Nebenan im Irish Pub spielten unsere Freunde vom „Mamas Soul Club“. Für diese endete der Auftritt nicht sehr positiv. Das Konzert musste nach einem Becherwurf abgebrochen werden und der verletzte Trompeter wurde mit der Rettung in das nächste Krankenhaus gebracht. Nach den Konzerten wurde in gewohnter Weise in den verschiedenen Bars bis in den frühen Morgenstunden weitergefeiert.
Fotos Freitag: Lisa Leeb und Lukas Holzer
Text Freitag: Lisa Leeb
Samstag
Samstag, Tag zwei. Die Vorzeichen für einen Festivaltag? Ähnlich dem Freitag: heiß, flüssig (also von der konsumierten Biermenge her gesehen), kurzum einfach perfekt. Auch wir von subtext on Tour hatten uns wieder was ausgedacht: Flipcup stand dieses Mal am sportlichen Frühnachmittagsprogramm. Fünf Teams ritterten um die goldene Bierdose – der Sieger, den wir hier der Einfachheit halber einfach nur „Surfboard“ nennen, feierte den Triumph dann auch gleich noch mit einem kleinen Metal-Konzert am Campingplatz. Haben wir so auch noch nie gesehen. Daneben konnte man sich wie gehabt bei Crash Bandicoot Racing oder der Schminkstation austoben – oder wahlweise auch ein paar Minütchen verpassten Schlaf aufholen.
Pünktlich um 16 Uhr ging es dann auch indoor am Festivalgelände mit Musik weiter. Zuerst am Start: Dschuls & Mey. Die machen Mundart-Hip-Hop, und hatten mehr als nur Heimvorteil. Selten hatte man um diese Zeit so viele Gesichter vor der Main Stage gesehen – verdientermaßen, muss man sagen. Das Trio aus G-Town (wobei man jetzt streiten kann, ob das angesprochene „G“(ramatsetten) als „Town“ bezeichnet werden kann) hat live sofort alle an seiner Seite, und so wurde bereits um 16 Uhr einer der wohl energischsten Gigs des Noppen Air Festivals zu einem Highlight.
Für alle Indie-Freunde hingegen interessant: Naked Cameo. Eine von Österreichs wohl vielversprechendsten Bands entttäuschte uns auch am Noppen Air nicht. „Of Two Minds“ heißt das akteulle Album, mit dem Lukas Maletzky und Co derzeit durchs Land touren. Bereits mit der Single „Luddite“ hatten sie Vorfreude auf die Platte eingeläutet – am Noppen Air konnte man den Gig wohl unter der Kategorie „Solide“ verbuchen. Für Ekstase war es dann wohl doch noch etwas zu Früh.
Heimliche Headliner der Herzen sind für uns, nicht nur seit dem Acoustic Lakeside Festival 2017, die Herren Duscher & Gratzer. Sonst verarschen sie ihr Publikum auf FM4, auf der Bühne ziehen sie dann einen ganzen Haufen Rockklischees durch den Kakao. Auch wenn das Publikum natürlich auf die „Nadine“ wartete: ein herrlich lustig-ironischer Gig. Wie eigentlich eh immer. Aber, liebe Herren, wann kommt denn nun das Album?
Nach dem Dschuls & Mey-Heimspiel erstmals so richtig voll wurde es dann bei der Keller Steff Big Band. Nunja, was soll man sagen: die Combo aus Bayern weiß, wie man einen richtigen Abriss veranstaltet. „5 vor 12“ heißt das aktuellste Werk – bei einigen Besuchern schien zumindest der Bewusstseinsstatus auch schon in die Richtung zu gehen. Kein Wunder, war es doch dann auch schon fast 20:00. Prime-Time quasi. Aus Übersee in Bayern angereist, wusste Keller Steff und seine Verstärkung durchaus zu gefallen. Brass-Pop-Mundart: mit dieser Combo kann man am Noppen Air Festival nichts falsch machen.
Danach ein Artist, der unter dem Motto „man liebt ihn, oder man kann ihn nicht leiden“ fällt: Romano. Eins muss man dem Artist aber lassen: der gute Herr weiß, wie man eine Crowd unterhält. Da wird abgeklatscht, eingeschlagen, und danach auch noch am Gelände fachgesimpelt und geselfiet. Und nicht nur bei „Klaps auf den Po“ war die Stimmung am Kochen. Angesichts dessen, dass ich mich eher in den „Ich kann ihn nicht leiden“-Status einordnen würde: Chapeau! Der überraschende Act des Tages waren aber danach Leoniden. Bis Dezember sind sie jetzt fast durchgehend unterwegs, und wir können nur sagen: bitte schaut euch das an. „Abriss“ wäre da dann doch noch eine Untertreibung – das gleichnamige Album „Leoniden“ wechselt gekonnt zwischen Indie, Pop und Elektronischer Musik umher, dass es eine Freude ist. Sicher eines der Highlights des Abends!
Wer danach noch Energie hatte (oder noch stehen konnte), konnte einerseits beim Allgäuer Goa-Crossover, andererseits bei den Acoustic-Lakeside-Vogaln abshaken. Eine Gelegenheit, die viele Besucher nutzten, um sich auf den Frühschoppen am Sonntag vorzubereiten. Aber das ist eine andere Geschichte….
Liebes Noppen Air Festival, es war uns wieder eine Freude – wir sehen uns nächstes Mal (und das Wetter bestellt ihr bitte gleich wieder genau so!)!
Fotos und Text Tag 2: Christoph Thorwartl