Granada „Geh Bitte“: mit Herzblut granteln
Das Warten hat ein Ende, Granada, die Band, die als Side-Projekt von Effi begann, veröffentlichte am 22.6 das zweite Album. „Geh Bitte“ ist eine Hommage an das 21. Jahrhundert – mit all den Vor- und Nachteilen.
Eingestellt auf ein Sommeralbum wurde ich doch etwas überrascht – „Geh bitte“ ist kein lockerflockiges Sommeralbum, sondern beweist durchaus Tiefgang. Verpackt in schönen Melodien und einfachen Texten wird das zeitgenössische Bild der Gesellschaft neu vertont.
„Miad vom Tanzen“ eröffnet das neue Album. In altbekannter Weise präsentiert sich hier Granada – zynische Texte mit Schirm, Charme und Melone sozusagen. Thomas Petritsch sudert auf Mundart vom Heimgehen – oder besser gesagt vom Heimgebrachtwerden nach einer durchgezechten Nacht. Der Titel täuscht etwas, denn müde wird man von dem Lied bestimmt nicht. Ich kann es kaum erwarten es auch live zu erleben.
Der Song „Die Stodt“ startet mit einem kräftigen Intro – die Drums lassen grüßen. Die Power-Melodie versteckt einen traurigen Text über eine im Stillstand lebende Stadt. Eine Stadt, die sich selbst aufgeben hat, ausgebrannt ist und wo Veränderung oder Aufschwung keinen Platz hat. Visualisiert wurde der Song von Bernhard Kaufmann und Raffael Hollitzky nach dem Konzept der Band.
So fangen die guten Filme von früher an – rockig und gitarrenlastig. „Sauna“ ist hot und der Text umso mehr. Zweideutig wird mit der österreichischen Sprache gespielt – zwischen sexuellen Anspielungen und Beschreibungstexte für einen Saunagang findet sich das Lied wieder. Melodisch erinnert es wie zu Beginn schon erwähnt an einen Film wie „The Breakfast Club“ oder „Pretty in Pink“.
Kein unbekanntes Lied ist das vierte auf der Platte – “ Berlin“. Schon das eine oder andere Mal wurde das Lied des eifersüchtigen Liebhabers auf der Bühne performt. Grüße aus Graz nach „Scheiß Berlin“ ist die Grundaussage des Textes . Hinterlegt mit einer lockeren Melodie kann es schon passieren, dass sich das Lied einen den ganzen Tag als Ohrwurm begleitet.
Ohne geht es oft nicht, aber es ist halt auch nicht alles – genau, ich spreche vom Geld, oder, wie Granada es besingt, die „Marie“. Ein Song, der meiner Oma besonders gefallen würde: sie hat mir schon als Kind eingetrichtert, dass man sich mit Geld nicht alles kaufen kann. Auch 2018 gibt es noch Dinge, die nicht käuflich sind, wie Freunde und Liebe.
Apropos „käuflich“: „Prada“, der nächste Song, handelt von einem It-Girl am Land. Ein Mädchen, das die Prada-Tasche vielleicht ab und zu beiseite geben und neben Schminke und Mode auch an andere Dinge denken sollte. „So makaber, du trägst nur Prada“ lauter der Refrain, der vielleicht durch seine simple Art zum Denken anregt.
Die Eingangsmelodie von „Messer“ erinnert an einen Ausflug in die Normandie, wo genüsslich zwischen den Weinreben ein Gläschen gezwitschert wird. Auch dieses Lied wurde schon das eine oder andere Mal live gespielt – zumindest erinnere ich mich an so einige Momente, wo ich lauthals zu dem Lied mitsang inmitten einer wundervollen Festivalcommunity. „Deine Wörter sind heute wieder scharf wie Messer“ – bissige Kommunikation mit tödlichen Blicken bringt laut Granada nur eines: nämlich eine schwarze Seele. Auch wenn die Melodie ein sommerliches Lied versprechen, schaffen Granada hier (wiedermal) einen starken Kontrast zwischen Text und Beat.
„Mallorca im Regen“ – der Titel verspricht schon mal einen Sommerhit. Hört man genauer hin, ist das ganze nicht mehr so klar. Unschlüssig ob das Lied ein trauriges Liebeslied oder eine Homage an Mallorca ist.
„Ohhhhh ohhohoho“ – „Gin“ bezaubert nicht durch seine eingängige Melodie, sondern gibt auch eine großartigen Möglichkeit, seine Stimmbänder zu lockern. Inhaltlich (außer das hochprozentige Getränk) bietet der Song jedoch weniges.
„Vom Herz kummt“ sorgt kurz vorm Schluss des Albums noch einmal für andächtige Stimmung. Frei nach dem Titel: wenn es nicht vom Herz kommt, ist es nichts wert. Wieder ein Lied womit meine Oma eine Freude hat. 5 Minuten und 34 Sekunden lang kann man man sich diesem moralischen Dilemma hingeben. Den Schluss macht der Song „Verwoitn“ – im Wiener Dialekt wird über die schöne alte Zeit, die politische Situation und über die Menschheit im Generellen gesudert. Und so schließt sich der Kreis wieder.
Granada überzeugt mit ihrem zweiten Album, es ist ähnlich wie das erste eine gut gelungene Mischung aus eingängigen Melodien und humorvoll gestalteten Texten. Hie und da wird man zum Denken oder Mitsingen angeregt – ein Album, was man immer und immer wieder auf und ab hören kann.
Album: Geh Bitte
Band: Granada
Veröffentlicht am: 22.06.2018
Titel:
1. Miad vom Tanzen
2. Die Stodt
3. Sauna
4. Berlin
5. Marie
6. Prada
7. Messer
8. Mallorca im Regen
9. Gin
10. Kopfverloren
11. Vom Herz kummt
12. Verwoitn