Morcheeba: opulent als Untertreibung des Jahres

Eine Produktion, wie sie Linz schon lange nicht mehr gesehen hat, eine Band, die wohl nicht mehr so schnell in einer kleinen Location wie dem Linzer Posthof spielen wird: Morcheeba. Vergangenen Samstag sorgten Skye Edwards und Co für einen Abend, den Linz nicht so schnell vergessen wird. Auch wir sind noch immer baff. 

Es gibt Bands, die tauchen immer wieder in der Favoriten-Playlist auf, obwohl man ewig nichts mehr davon gehört hat. Morcheeba sind eine solche. In den 90ern mit Kalibern wie Massive Attack und Portishead in einem Atemzug genannt, wurde es dann lange ruhig um die Band aus London, die 1995 das Licht der Musikwelt erblickte. Der geneigte Redakteur ging damals in die erste Volksschulklasse, viele andere waren da noch nicht mal geboren. Bis 2013 veröffentlichten sie regelmäßig, dann ist es still geworden. Bis ins letzte Jahr, als mit „Blaze Away“ endlich wieder ein Album angekündigt wurde. Gott sei Dank angesichts dessen, was man am vergangenen Samstag zu hören und vor allem zu sehen bekam.

Doch auch der Support soll nicht unerwähnt bleiben. Hyyts hieß der, und hierzulande hat garantiert noch niemand bis vor dem Samstag etwas von ihnen gehört. Das sollte sich schleunigst ändern. Das Pop-Trio aus Glasgow und vor allem Frontmann Adam lassen nämlich nichts anbrennen, was man an Pop leiwand findet. Eine Stimme, die in zumindest 90 von 100 Tönen denselbigen auch trifft, rudimentäre Deutschkenntnisse, ein Shaina-Twain-Cover, mehr oder minder gelungene Dance-Moves: die beiden Schotten kann man nur sympathisch finden. hätte eigentlich nur mehr eine Windmaschine zur Glückseligkeit gefehlt.

Danach ein Konzert, an das man lange, lange, lange zurückdenken wird. Morcheeba betreten die Bühne, unterstützt von einer Lichtshow, die wir, wir nehmens vorweg, so im mittleren Saal des Posthofes überhaupt noch nie gesehen haben. Dazu ebenfalls auf der Höhe: der Sound. Bereits ab den ersten Takten von „Never Undo“ kriegt man ein wohlig-warmes Gefühl in den Gehörgängen, was sich bei „Friction“ und „Never an Easy Way“ nahtlos fortsetzt. Skye Edwards, die seit 2010 wieder am Mic steht und 100 von 100 Tönen trifft, scheint an diesem Abend ebenso gut gelaunt wie der Rest der Band – darunter auch ihr Sohn an den Drums. Weitere Highlights: klarerweise „The Sea“, „Trigger Happy“, der neue Titeltreack „Blaze Away“ und der All-Time-Hit „Blood Like Lemonade“. „Let’s Dance“ (David, schau owa!) darf natürlich ebensowenig fehlen wie „Rome Wasn’t Built In A Day“ am Ende. Frenetischer Applaus am Ende, durchschwitzte Mittvierziger wie ebenso durchschwitzte Mittdreißiger, und die Gewissheit, dass das Konzert auch bei einem happigen Ticketpreis von €45 jeden Cent wert war. Die 800 Zuschauer dürften es genauso gesehen haben – ein definitiver Anwärter für die Topkonzerte des Jahres!

Foto: Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.