Glück durch Selbstoptimierung?

Wie würde Österreich aussehen, wenn eine Künstliche Intelligenz das Leben aller Menschen optimiert? Welche Rolle könnten Neue Medien sowie digitale Techniken bei der Kontrolle der Bevölkerung einnehmen? Unter dem Motto Aut of control haben das Junge Theater und Schüler*innen der NMS 17 ihre Vision einer Zukunft entwickelt, die nun beim Theaterfestival Schäxpir präsentiert wurde.

Im Jahr 15 nach der Künstlichen Intelligenz N.O.R.B.E.R.T haben sich Probleme wie Kriege und der Klimawandel erübrigt. Die Bewohner*innen optimieren sich selbst – etwa hinsichtlich der richtigen Sozialkontakte und ihres Status – und werden von N.O.R.B.E.R.T entsprechend bewertet. Um den*die beste*n Bewohner*in zu ermitteln, treten die vier Kandidat*innen mit den meisten Statuspunkten im Battle „Survival of the fittest“ gegeneinander an. Sie haben unter anderem Wissensfragen zu beantworten und setzen Aktionen zur Erhöhung ihrer Punkte. Dafür können sie „Fitties“ – Klebestreifen auf ihre Kleidung – von Jurorinnen und Likes aus dem Publikum erhalten, welche aus blauen, auf die Bühne geworfenen Bällen bestehen.

Der Ort ihrer Konfrontation erinnert mit weißen Blöcken, neofarben Streifen auf dem Boden und Bildschirm an eine Computersimulation. In ihr bewegen sich die Darsteller*innen (Steven Cloos, Anna Katharina Fleck, Karina Pele, Lukas Weiss) in weißen Ganzkörperanzügen mit schwarzen Streifen, kombiniert mit schwarzen, kinnlangen Perücken (Bühne und Kostüme: Emilia Schmucker). Selbstsicher, beinahe selbstverliebt geben sich die Charaktere in der Welt, in der die Künstliche Intelligenz (Stimme: Björn Büchner) das Denken übernahm. Das Hinterfragen N.O.R.B.E.R.Ts gesellschaftspolitischer Ordnung wird zur Herausforderung, zumal systemkritisches Gedankengut nicht erlaubt ist und Influencer*innen am Werk sind. Bereits Vorhandenes wie Digitales Lernen – hier anhand des History Chats – und das Vorschlagen von geeigneten Partner*innen ist in Aut of control zugespitzt. Wer sich selbst optimiert, optimiert damit auch die Gesellschaft.

Dargestellt wird die moderne, nach Perfektionismus strebende Welt in der Inszenierung von Nele Neitzke etwa mit Pässen einschließlich einer bestimmten Punktezahl für die Besucher*innen der Vorstellung und mit eingespielten Werbeslogans (Sounds: Susanne Schwab). Dystopische Ansätze treffen auf utopische. So bringt der verstärkte Einsatz von Technologien sowohl Positives als auch Schattenseiten hervor. Das Glück der einen Schwester führt möglicherweise zum Unglück der anderen, wobei die an dieser Stelle gezeigte Emotionalität aufgesetzt wirkt und damit nicht zum Rest des Stückes passt.

Um bei den Besucher*innen in Erinnerung zu bleiben, fehlt Aut of control außerdem ein Stück weit Spannung, möglicherweise durch ein unvorhersehbares Ereignis. Obwohl das Publikum bei der Vormittagsvorstellung am 26. Juni in der Studiobühne des Landestheaters immer wieder unruhig ist, schafft es das Stück Lacher zu entlocken. Gepunktet haben dürfte es vor allem mit dem Aufgreifen derzeitiger jugendlicher Lebenswelten, englische Ausdrücke inklusive.

Das Schäxpir-Festival steht noch bis 30. Juni in Linzer Kultureinrichtungen auf dem Programm.

Foto: Reinhard Winkler

Katharina ist Sozialwissenschaftlerin und Redakteurin. Sie beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen (z.B. frauenpolitischen) und kulturellen (z.B. Film, Theater, Literatur) Themen. Zum Ausgleich schreibt sie in ihrer Freizeit gerne literarische Texte: https://wortfetzereien.wordpress.com/