Hurricane Season: „Weiterentwicklung ist nicht immer gut“
Anlässlich ihrer auf SBÄM Records erschienenen Split-EP haben wir mit den Bands Hurricane Season und Chris Magerl and the Burning Flags geführt. Es ging um neue Energie, gegenseitige Wertschätzung und die Sache mit COVID-19.
Hier Teil 2 des Doppel-Bandinterviews mit Hurricane Season. Teil 1 mit Chris Magerl and the Burning Flags könnt ihr hier lesen.
subtext.at: Ihr seid das erste Mal vor drei Jahren als Support bei einer SBÄM Show im Gasthof Auerhahn in Linz auf unserem Radar aufgetaucht. Letztes Jahr kam dann die erste Platte, jetzt eine Split – was ist in der Zwischenzeit bei euch als Band so passiert? Habt ihr euch musikalisch „weiterentwickelt“, wie man so schön sagt?
Hurricane Season: Ja, das mit unserem Auftritt im Auerhahn hat für uns durchaus viel Bedeutung. Wir konnten im Rahmen der Konzerte mit Hospital Job eine unserer Lieblingsbands für ein paar Shows begleiten und erhielten ein paar Wochen darauf die Anfrage, ob wir beim damals neu entstehenden Label SBÄM Records unser Debut-Album rausbringen wollen. Das haben wir letztlich auch gemacht! Ob wir uns seitdem musikalisch weiterentwickelt haben, müssen wohl eher unsere HörerInnen sagen. Ich denke aber schon, dass wir beim zweiten Album (Release irgendwann 2021) noch ein wenig „drauflegen“ können. Sei es bei melodiösen Hooks und eingängigen Chören, oder ganz grundsätzlich beim Sound an sich. Sich „musikalisch weiterentwickeln“ muss aber meiner Meinung nach nicht zwangsläufig immer was Gutes bedeuten. Es scheint auch mit der Gefahr verbunden zu sein, sich von seinen Wurzeln zu weit zu entfernen und den Sound anzupassen, um bestimmten Vorgaben bzw. dem massentauglichen Musikgeschmack zu entsprechen. Das geht meiner Meinung nach bei vielen Bands nach hinten los. Weezer wäre hier ein sehr plakatives und bekanntes Beispiel. Das lehnen wir in gewisser Weise auch irgendwie ab. Und da wir uns ohnehin als Menschen sowie Musiker immer weiterentwickeln, wirkt sich das naturgemäß auch auf die Musik aus.
subtext.at: Worum drehen sich eure beiden Songs „Tomorrow“ und „L.O.W.“ thematisch (und was bedeutet die Abkürzung)?
Hurricane Season: Die Abkürzung ist eher spontan entstanden, da ich beim Schreiben des Songs gleich die Abkürzung als Überschrift verwendet habe. Also hat die Abkürzung an sich wenig Bedeutung, der Song allerdings schon. Es handelt es sich hierbei um einen Song, den ich für einen sehr guten Freund geschrieben habe, als er in einer schwierigen Situation war. Was letztlich auch auf mich eingewirkt hat und so war es vermutlich ein Versuch, meine Anteilnahme und Unterstützung zu zeigen und meine Gedanken und Gefühle diesbezüglich zu verarbeiten. Das kommt durchaus öfter vor und so finden sich am alten sowie am neuen Album immer wieder Songs, die ich speziell für bestimmte Menschen schreibe. Bei „Tomorrow“ handelt es sich um die Geschichte zu einer schwierigen Situation, in der ich mich vor 10 Jahren selbst befand. Konkret und irgendwie auch „ungeschönt“ geht es dabei um einen Suizidversuch und der damit verbundenen Entscheidung für das Leben.
subtext.at: Wie kam die Idee für die Split zustande? Kanntet ihr euch schon vorher persönlich, ergo: war das schon länger in Planung? Oder war da hauptsächlich das gemeinsame Label aufschlaggebend?
Hurricane Season: Chris Magerl hat uns „einfach“ angeschrieben, uns von der Idee, die Split zu machen, erzählt und wir haben ohne zu zögern JA gesagt! Da die „Corona-Situation“ ohnehin keine Veröffentlichung des zweiten Studioalbum zuließ, war diese Split dann eine super Möglichkeit 2020 dennoch eine Veröffentlichung hinzubekommen. Wir fragten SBÄM und LOSTDOG, ob sie auch mit an Board sind und seitdem sind wir quasi Label-Geschwister.
subtext.at: Zur Feier der Veröffentlichung habt ihr gegenseitig je einen Song der anderen auf Youtube gecovert. Was gefällt euch gegenseitig jeweils an der Musik des anderen?
Hurricane Season: Man muss hier eigentlich auf den Beginn meiner musikalischen „Karriere“ zurück gehen, da ich mein erstes Konzert vor über 15 Jahren als Support von Once Tasted Life spielte. Ebenso waren Sick Of Silence eine der bekanntesten Underground-Bands, also bin ich seit damals eigentlich Fan der Musik von Chris. Ich mag vor allem die eingängigen Melodien und die Verschmelzung dieser poppigen Elemente mit rockigen Gitarren. Mich sprechen aber auch die zumeist gesellschaftskritischen Lyrics von Chris immer wieder sehr an. Das ist vielleicht auch dem geschuldet, dass ich mir persönlich textlich eher schwer getan habe, das so direkt anzusprechen. Unsere Songs beschreiben ja oft eher die daraus entstehende Situation oder Schwierigkeiten. Es geht mehr um die Gefühlslagen und Emotionen der betroffenen Menschen bzw. von mir selbst. Lösungsvorschläge kommen da eher weniger vor.
subtext.at: So eine Veröffentlichung ist während einer Pandemie natürlich mit Hindernissen verbunden. Kurzfristige Absagen, wenig Planungssicherheit, sowieso spärliche Auftrittsmöglichkeiten – Wie geht es euch damit und wie können euch die Leute derzeit am Besten unterstützen?
Hurricane Season: Uns geht es mit der momentanen Situation eigentlich eher beschissen. Die Planungssicherheit, finanziellen Ressourcen und Möglichkeiten unsere Musik zu präsentieren sind bereits ohne die Pandemie sehr begrenzt. Die aktuelle Situation scheint dahingehend der Supergau zu sein. Wir versuchen dennoch weiter Shows zu buchen und für 2021 vorzuarbeiten bzw. arbeiten wir ja schon seit einiger Zeit am zweiten Album, was genug Beschäftigung bedeutet. Natürlich ist es für uns auch schwer abzusehen, inwiefern sich die Situation verbessert bzw. verändert und die gesetzten Ziele erreicht werden können und Shows stattfinden. Momentan ist es irgendwie schwierig… Menschen oder Freunde, die uns oder unsere Musik schätzen, können uns mit dem Kauf von Merchandise grundsätzlich immer unterstützen – was tatsächlich zumindest eine kleine Hilfe ist – aber eigentlich wollen wir im Moment endlich wieder live spielen und unsere Songs präsentieren. Die „Kohle“ war uns ohnehin schon immer einigermaßen egal.
CHRIS MAGERL AND THE BURNING FLAGS
+ HURRICANE SEASON – SPLIT EP