MIDNIGHT im Viper Room: Purer Kampfethamin-Metal

Ein Hornissennest im Arsch, Pferdeaufputschmittel im Blut und Zorn in den Fäusten – wenn das Cleveland-stämmige Black/Speed Metal Trio MIDNIGHT einreitet, wächst lange kein Gras mehr über die Sache. So passiert im Viper Room. Mit dabei: NIGHT DEMON.

Lang hat’s gedauert, dass Jamie Athenar Walters mit seinem Projekt MIDNIGHT – live verstärkt durch Steve SS Dukuslow an den Drums und Shaun Commandor Vanik Vanek als Saitenfingerer – wieder mal in Wien einschlägt. Der 2020er-Gig wurde ja – wie hätte es auch anders sein können – dank Corona abgesagt. Besonders bitter dabei: bei der Neuauflage war das Black/Speed Metal Projekt HELLRIPPER nicht mehr mit von der Partie. Stattdessen: NIGHT DEMON.

NIGHT DEMON

Die drei Habschis aus Kalifornien waren vom ersten Takt an eine wahre Explosion. Laut, intensiv, direkt in die Magengegend – oder, wenn man in der ersten Reihe steht, ein Sängerknie gegen die Brust. So stark wie NIGHT DEMON begonnen hatten, so stark ließen sie auch nach den ersten paar Nummern nach. Was bis „Kill the Pain“ ziemlich gut lief, war ab „Sun Goes Down“ dann eher Einheitsbrei. Klassisch das, was man mittlerweile – oft auch wesentlich motivierter – auf YouTube noch und nöcher als Traditional Heavy Metal kennt.

Natürlich jeweils mit dem unverkennbaren Einfluss von MOTÖRHEAD, was spätestens bei der Verwurstung des unendlich besseren „Overkill“ als Auftakt zu „Dawn Rider“ schmerzlich hervorsticht. Ein bisschen Speed-, ein bisschen Thrash Metal sind dann auch noch dabei, aber NIGHT DEMON lieferten ihr Set durch und durch ohne weitere Highlights oder Überraschungen ab. Zumindest wenn man vom Low Budget Eddie bei „The Chalice“ absieht. „Not great, not terrible“, wie man in der Atomphysik sagt.

MIDNIGHT

Oh ja! OOOOH! JA! Was NIGHT DEMON mit den ersten paar Songs versucht hatten, zogen MIDNIGHT über eine Stunde lang lückenlos durch. Lupenreine Ekstase und ein musikalischer Amoklauf durch die beachtliche Diskografie. Es bleibt fraglich, was man sich hier backstage einbaut – sind es literweise Koffeinlieferanten à la Red Bull oder potentere, teils nicht frei erhältliche Substanzen? Wurden die Henkersmasken innen mit Wick Vaporub eingerieben? Sind Athenar & Co. einfach natürliche Rampensäue? Egal! Das, was die Burschen hier ablieferten, sorgte für genug Energie, um eine mittelgroße Stadt im Speckgürtel für ein Jahr zu versorgen.

Die warnenden Worte des Roadies zum Schlachtvieh in der ersten Reihe hätten sich bewahrheitet: „You guys should remove your bottles and jackets from the stage. Or they’ll be sent flying in your faces…“ Aber gut, nicht nur Glasware und Oberbekleidung waren durch MIDNIGHT gefährdet. Auch die über der Menge hängenden Monitore mussten als Impromptu-Boxsäcke für die Band herhalten. Was aber verständlich ist: wie kann man bei Bangern wie „Fucking Speed and Darkness“ oder „You Can’t Stop Steel“ nicht spontan Löcher in jeden ersichtlichen Einrichtungsgegenstand oder tragendes Mauerwerk dreschen wollen?

Da macht es dann auch nichts aus, dass die Ansagen eher minimalistisch ausfielen, abgesehen vom Selbstdiss ob der Herkunft: „We’re from Cleveland. That’s like the trash version of America.“

Nach gut einer Stunde und dem ein oder anderen Ausflug in die Menge hätten dann die werten Herren aus Trash-City geplant gehabt, sich wieder ins stille Kämmerchen zurückzuziehen. Eine etwas erregte Meute konnte sie jedoch überzeugen, noch ein G’stanzl zum Besten zu geben. Mit den Worten „We don’t do encores. Encores are some rockstar bullshit!“ wurde die Zugabe „Endless Slut“ eingeleitet und in weiterer Folge gebührend abzelebriert. Moshpits, Stage Dives und eine Bühneninvasion gab es als Dank.

Und auch wir sagen nochmals danke: Danke, MIDNIGHT, für diesen wundervollen Abend. Genre wieder!

Gallerie

Fotos: © Markus Wetzlmayr