Little Simz: Eine Reise ins Extrovertierte

„Me again, allow me to pick up where I left off.“ Am 8. Dezember brachte die Allroundkünstlerin Little Simz den Gasometer Wien zum Kochen. Unterstützt wurde die 28-Jährige von ihrem langjährigen Freund, DJ und Producer OTG, sowohl als Warm-up Act als auch bei ihrem eigenen Auftritt.

„Ihr dürft mich Osiris nennen.“

OTG, auch bekannt als Osiris the God, macht beatlastigen, modernen Hip Hop mit klaren Vocals und zählt laut Little Simz schon längst zur Familie. 2017 veröffentlichten sie ihre erste gemeinsame Single mit dem Titel „The Book“, die Zusammenarbeit startete aber wenn man es genau nimmt schon 2014. Mit knapp 37 Minuten eine etwas kurze Performance, die gerne etwas lauter hätte sein können, was jedoch nicht am Künstler lag. Bei dem Versuch, OTG nach dem Konzert etwas zu recherchieren stößt man schnell an Grenzen, aber wahrscheinlich nicht mehr lang, denn hier besteht eindeutig Potential.

Manchmal introviertiert, aber nicht immer

Nachdem sich die Bühne in Minutenschnelle in einen Nebelwasserfall verwandelte, tauchte aus dem Nebel Little Simz auf. Begleitet von tosendem Applaus performt sie anfangs noch sehr versteckt, jedoch mit einer Bühnenpräsenz, die man selbst durch die dichten Nebelschwaden bewundern konnte. Später verlagerte sie ihre Show während „101 FM“ sogar kurz mitten ins Publikum.
Little Simz, mit echtem Namen Simbiatu Abisola Abiola Ajikawo, oder kurz Simbi, überzeugt mit unglaublich ehrlichen Texten, die sowohl tiefe Einblicke in ihre ganz persönliche Lebensrealität geben, als auch ohne Smalltalk und Ausschweifungen ihre Perspektive mit starken Zeilen aufzeigen. Im Gespräch mit einer 12-jährigen Konzertbesucherin verrät Simbi, dass sie in dem Alter bereits angefangen hat, selbst Musik zu machen, und ermutigt das Publikum dazu „einfach anzufangen, wenn man was zu sagen hat“.

Die Show selbst war größtenteils farblich nach Alben und EP Covers abgestimmt: Blau für „Drop 6“, gelb und orange für „Sometimes I Might Be Introvert“, Nebel und gedämpft weißes Licht für „Grey Area“. Bei „Venom“, einem Song, der wohl über TikTok seine ohnehin schon große Reichweite nochmal deutlich ausgeweitet hat und mittlerweile zu den meistgehörtesten Tracks der Britin zählt, wagte Little Simz zwei Anläufe. Spätestens hier stand im gesamten Gasometer niemand mehr still, geschweige denn an dem selben Platz an dem man vorher gestanden hatte. Solche Songs haben einfach einen unglaublich livetauglichen Charakter.

Simbi nutzte die Pausen zwischen den Songs um ihr neues Album „No Thank You“ anzukündigen, das am 12.12. erschien, wollte aber die Überraschung nicht vorwegnehmen, indem sie Songs daraus anspielte. Stattdessen bekam das Publikum, sozusagen als kleinen Trost gegen die Enttäuschung, doch noch etwas neues auf die Ohren. Zwar nichts vom neuen Album, aber ein Experiment mit sehr viel Bass, Strobo und Autotune, das wiederum sehr gut bei der versammelten Menge ankam.

Die einzige Kritik an der Show wäre, dass der Raum zwar mit Nebel, jedoch nicht mit dem Sound gefüllt war, und so das volle Potential der Show leider nicht ganz ausgeschöpft wurde. Der Applaus konnte sich dagegen aber sehr wohl hören lassen! Auch lässt sich darüber rätseln, ob vielleicht bewusst die ruhigeren Songs am Anfang gespielt wurden, da die gesamte Show wie eine Reise vom Introvertierten ins Extrovertierte schien, besonders was die Performance betrifft.

Im Song „How Did I Get Here“ singt die Künstlerin über ihre Erfolgsgeschichte und darüber, wie und warum sie es so weit gebracht hat. Die Frage lässt sich ganz kurz beantworten: Little Simz beweist unglaubliches Talent, außergewöhnliche Sprach- und Textaffinität und liefert eine spektakuläre Bühnenperformance. Das ist erst der Anfang!

Wir freuen uns auf mehr, darf ruhig auch lauter sein!

Foto: Lisa Trost

schreibt, fotografiert, filmt. außerdem irgendwie immer überall.