LIDO Sounds 2023
Foto: Christoph Leeb

LIDO SOUNDS – Ein Festival für Linz

Am Freitag um die Mittagszeit folgten auch wir der Völkerwanderung über die Nibelungenbrücke. Von 16.-18. Juni findet das erste LIDO SOUNDS am Linzer Urfahranermarktgelände statt. Mit erwarteten 30.000 Besucher:innen pro Tag soll es das bisher größte Festival der Landeshauptstadt werden.

Wir staunten nicht schlecht, als wir die lange Warteschlange sahen, die sich schon vor den Toren des LIDO SOUNDS Festivalgeländes gebildet hatte. Trotz Startschwierigkeiten bekamen wir (fast) rechtzeitig unsere Presseausweise, schlugen unser Lager auf dem abenteuerlich schwankenden Presseschiff auf und stürzten uns ins Vergnügen.

Danger Dan

Den Auftakt des Festivals durfte Danger Dan gestalten. Alleine mit seinem Stagepiano auf der großen Bühne wirkte er noch etwas verloren. Die Stimmung und musikalische Leistung waren aber von Anfang an bestens. Der erste Song „Lauf Davon“ animierte das Publikum gleich zum Mitsingen. Unterstützt wurden Danger Dans Klavierkünste und klare Stimme nach einigen Liedern vom Heck Quartett, die virtuose Klänge mit tiefen Bässen mischten.

Wie auch bei der Antilopengang sind Danger Dans Texte voll Ironie und Sozialkritik. So kann es in der Hitze des Gefechts schonmal passieren, dass man mitten unterm „Sextouristen verprügeln“ den Text der nächsten Strophe vergisst! Wie gut, dass eingefleischte und textsichere Fans im Publikum waren. Bei anderen Songs nahm sich der Improvisationskünstler die Kunstfreiheit, seine Texte auf die politische Situation in Österreich abzustimmen. So wurden statt deutschen Politikern Karl Lueger, Martin Sellner und HC Strache aufs Korn genommen – Hausübung brav gemacht! Das Publikum teilte dem Applaus nach zu urteilen die Ansichten des Musikers. Mit seinem bekannten Song „Gute Nachricht“ verabschiedete sich der erste Act des allerersten LIDO SOUNDS Festivals. Sehr gelungen und sympathisch, finden wir!

Lou Asril

Währen Danger Dan die letzten Noten spielte, waren vom anderen Ende des Festivalgeländes schon die ersten Bässe von der Ahoi! Pop Summer Stage zu hören. Lou Asril, stimmgewaltig wie immer, hatte zu Beginn erst ein paar treue Fans um sich geschart. Nach und nach lockte seine Musik aber immer mehr Zuhörer:innen ins Zelt. Im Gegensatz zum ersten Act auf der Main Stage hielt sich Lou Asril eher zurück mit der Publikumsinteraktion. Besonders textsicheren Fans schenkte er aber gerne mal ein warmes Lächeln.

Neben bekannten Hits wie „Soothing Moving“ und „Divine Goldmine“ hatten wir auch das Glück, zwei noch unreleaste neue Songs zu hören. Der etwas zartere gefühlvollere Sound der neuen Tracks lässt zu, dass der Sänger die Facetten seiner Stimme großartig zum Ausdruck bringen kann. Gegen Ende des Sets wurde der Bass aber wieder voll aufgedreht und nochmal ordentlich getanzt. Erwähnt werden muss unbedingt auch die geniale Backgroundsängerin Pia-Sophie Denz, die seit 2019 Lou Asrils Live-Auftritte bedeutend aufwertet. Kann sich hören lassen!

My Ugly Clementine

Mit richtig Power legte die Band von Anfang an gleich mal zwei Banger hin. “Are You In“ aus dem im August erscheinenden neuen Album und „Never Be Yours“, einer ihrer Klassiker. Das Publikum tanzte und tobte, die Stimmung war richtig gut und das Wetter war noch erstklassig. Ganz ohne Ansage geht jedoch My Ugly Clementine natürlich nicht von der Bühne. „Geht’s zum Marsch fürn Arsch, geht protestieren!“, feuerten die Sängerinnen die Menge an. Daraufhin gab es ein „Fuck Rammstein!“ und einen nagelneuen Track, der vom Consent handelt. Es schallte Pop Punk aus den Lautsprechern des LIDO SOUNDS und um dem ganzen musikalisch noch einen drauf zu setzen, gabs ein Cover von 4 Non Blondes „Whats up?“. Ein Chor entstand vor der Bühne und die 90s Hymne ließ die Herzen höherschlagen.

Anna CALVI

Diese Künstlerin musste leider auf sich warten lassen. Mit leichter Verspätung, dank unvorhergesehenen Unwetters, musste die Band eine gekürzte Show hinlegen. Nichtsdestotrotz eine sehr gelungene Performance. Raue, psychedelische Sounds mit einer absolut einzigartigen Gesangseinlage ließ uns den Regen in Windeseile vergessen. Anna Calvi, die unter andrem auch durch die britische Serie „Peaky Blinders“ und ihrem Song „You‘re not God“ an Fans gewann, zog uns und das Lido Sounds für die kurze Zeit die sie hatte in ihren Bann.

Coach PARTY

Eine feine Überraschung. Die uns unbekannte Band, von der Isle of Wight, an der Küste Englands, war zum ersten Mal in Österreich. Coach Party begrüßte uns mit einem soliden Rock Sound. Ein Titel, der uns hierbei in Erinnerung geblieben ist: „Shit TV“. Es lockte zum Moshpit, die Crowd war dafür leider nicht zu haben. Ausgelassen getanzt wurde trotzdem. Die Female-fronted Band zeigte dem LIDO, was sie draufhaben, und hinterließen einen richtig guten ersten Eindruck.

AVEC

AVEC und ihre Band erhöhten den Frauenanteil auf der Bühne noch einmal. (In dieser Hinsicht kann man den Veranstalter:innen auf die Schulter klopfen – am Freitag waren viele starke weibliche Acts zu sehen!) Mit Songs wie „Under Water“, „I Don’t Pray“ oder „Still“ ist die Oberösterreicherin Miriam Hufnagl längst kein Geheimtipp mehr auf Österreichs Indiebühnen und darüber hinaus. Deshalb begrüßten die Musiker:innen das Heimspiel am LIDO SOUNDS. Obwohl sich die Sonne nach der unfreiwilligen Gewitterpause wieder hervortraute, war das Bühnenzelt gut gefüllt. Kein Wunder, die sympathische Sängerin versprühte mit ihrer geblümten Hose und warmen Stimme ansteckende gute Laune. Man könnte den Auftritt also gut als „Calm After The Storm“ bezeichnen! Nur der gesungene Text war leider etwas schwer zu verstehen. So war es für nicht ganz so eingefleischte Fans schwieriger, aufmerksam zu bleiben. Auch AVEC brachte uns ein „sneak peak“ mit – eine neue Single, die nächste Woche erscheint!

Giant Rooks

Vor der Main Stage tummelte sich schon ein Haufen Zuhörer:innen, als Giant Rooks die Bühne betraten. Mit sichtlich Spaß am Musizieren konnte die deutsche Band ihr Publikum von Beginn an zum Mitsingen bewegen. Die Songs aus ihrem aktuellen Album „Rookery“ sind bei Indiefans gut bekannt. Und wer sich schon nach neuem Content von Giant Rooks sehnt, der darf sich bald freuen! Die Band ist dabei, ein zweites Album zu finalisieren, und hat sogar einen unveröffentlichen Song extra für das LIDO-Publikum mitgebracht. Der Song zeigt die ausdrucksstarke Stimme von Leadsänger und Gitarrist Fred Rabe sehr gut, und ist durch die simplen Lyrics sehr eingängig – sogar für ein Gitarrensolo war Platz!

Die Giant Rooks-Version von „Tom’s Diner“ mit AnnenMayKanterreit-Sänger Henning May ging vor einiger Zeit durch die Decke. Auch ohne den unverkennbaren Bass von May wurde die Nummer gut performt, ganz im Sinne der Mentalität der Giant Rooks etwas beschwingter. Natürlich durfte auch unser all time favourite „New Estate“ nicht auf der Setlist fehlen, und „Watershed“ brachte den Auftritt zu einem wunderbar tanzbaren Abschluss.

Arlo Parks

Schon wieder Großbritannien, aber diesmal eine Künstlerin, die weit darüber hinaus Erfolge feiert. Das Publikum flippte aus, als die 22-jährige Sängerin die Bühne betrat. Was anfangs leichte Punk und Rock Einflüsse zu vermuten ließen, mündete in einem tief-gehenden Indie Pop, R&B Sound. Wundervoll. „Caroline“ fuhr richtig unter die Haut und niemand konnte mehr stillhalten. Eine einzigartige Atmosphäre und unserer Meinung nach, eines der Highlights am Lido Sounds.

ALT-J

Als die ersten Töne von alt-J erklangen blickten wir noch positiv gestimmt in den blauen Himmel und die Abendsonne, aber – so schnell konnten wir gar nicht schauen – änderte sich die Wetterlage abermals. Schon beim zweiten Song „Every Other Freckle“ musste der Lead Vocalist und Gitarrist Joe Newman die Unterbrechung der Show ankündigen. Zum Glück war das folgende Unwetter zwar heftig, aber nur kurz. So konnte die englische Indieband ihr Programm nach 20 Minuten fortsetzen, sehr zur Freude der Zuhörer:innen, die sich nach dem Platzregen wieder nach guter Stimmung sehnten.

Wer alt-J nicht kennt ist wahrscheinlich verwundert von Newmans Erscheinung, die in starkem Kontrast zu seiner einzigartigen, zarten und doch durchdringenden Stimme steht. Wer alt-J hingegen gut kennt kann bei Dauerbrennern wie „Gospel Of John Hurt“, „Taro“ oder „Left Hand Free“ nicht ruhig stehen bleiben. Insgesamt ist alt-Js Stil ein Monopol, das ihnen so schnell niemand nachmacht! Allerdings klingen die Songs live fast genauso wie auf Spotify – trotzdem feinste Musik, aber leider auch kein gewisses Etwas, das den Live-Auftritt zu etwas Besonderem macht. Einen gebührenden Abschluss des leider verkürzten Sets lieferten die Musiker mit „Breezeblocks“ und erklärten die positive Festivalstimmung somit für gerettet.

Interpol

Keyboard, Gitarren, Schlagzeug und eingängige Beats. Die New Yorker Indie-Rock, Post-Punk erschien, wie man sie sich vorstellt: Offenen weißen Hemden, Sonnenbrillen und zurückgegelte Haare. Von Alt bis Jung lockte die Band Interpol ihre Fans ins Zelt der Ahoi Pop Summer Stage am LIDO SOUNDS. Publikum und Band konnten somit trotz erneut starkem Regen, das ganze Set genießen.

Florence and the Machine

Der langersehnte Hauptact des Festivals. Bereits eine halbe Stunde vor dem Auftritt fülle sich der erste Wavebreaker. Viele waren angereist, beinahe nur, um diese Band einmal live zu sehen. Schön langsam wurde klar warum. Barfuß und im glitzernden Kleid, trat die Sängerin vor einem weißen Altar und präsentierte sich wie eine Heilige. Für manche Fans ist das auch. Es wurde allen klar, hier steht ein Superstar. Hüpfend und voller Energie tanzte sich die Sängerin ihren Weg über die Bühne und die Crowd folgte ihr. Schon in den ersten 30 Minuten waren einige der Fans zu Tränen gerührt und sinnlich fielen sich Pärchen in die Arme. Die ersten Reihen wurden von der Sängerin umarmt, berührt und besungen als wären es Freunde und Familie. Anscheinend kann man sich als Superstar einiges erlauben, den Berührungsängste gab es keine. Für die Fans wahrscheinlich einer der emotionalsten Konzerte an diesen Abend und am Urfahraner Donauufer.

PS: Afterparty im Brucknerhaus

Fazit

Organisation so lala zu Beginn (ist dann besser geworden – außer beim Ausgang), Line Up kann sich sehen lassen, leider Unwetter aber wir haben uns die Stimmung nicht vermiesen lassen!

Text: Dorinda Winkler (links) & Felix Maierl (rechts)
Fotos: Christoph Leeb, Lisa Leeb


LIDO SOUND 2023

LIDO Sounds

16.-18. Juni 2023
lidosounds.com

Tagsüber Lehrerin und Sportskanone, nachts subtext-Journalistin, Backstage-Crew, gelegentlich auch Vorband. Cello, vocals, piano.