Scanorama Festival
Foto: Scanorama Festival

SCANORAMA 2023 – Ein Blick über den Tellerrand

Von 9. bis 19. November 2023 feierte das European Film Forum Scanorama in den vier litauischen Städten Vilnius, Kaunas, Klaipėda und Šiauliai den europäischen Film – mit Fokus auf baltischem und nordischem Kino.

83 Spielfilme und 28 Kurzfilme bilden das Programm des 2003 gegründeten Filmfestivals, das zu den größten in Litauen gehört. Scanorama zeigt hauptsächlich Produktionen aus Europa, aber auch von anderen Kontinenten. Programmkoordinator Dmitrij Gluscevskij legt dabei Wert auf eine Mischung aus Retrospektiven und zeitgenössischen Filmen.

Where the magic happens – die Küche in The pot-au-feu © Stéphanie Branchu

Die Eröffnungsfilme

In Vilnius eröffnete das Festival mit dem franzöischen Historiendrama The pot-au-feu (2023) von Tran Anh Hung. Der Film rund um eine freiheitsliebende Köchin und ihren Arbeitgeber erhielt in Cannes den Preis für beste Regie. Außerdem geht der Film mit Juliette Binoche und Benoît Magimel in den Hauptrollen für Frankreich ins Rennen um den Auslands-Oscar. Die vielen Küchen-Closeups dürften vor allem Kulinarik-Fans ansprechen, als Eröffnungsfilm ist die 145-Minuten-Produktion aber doch eine ungewöhnliche Wahl. Geliebte Köchin, wie das Drama in Österreich heißt, feiert am 29. Februar 2024 Kinostart.

Mit Aistė Stonytės Dokumentarfilm The Mammoth Hunt (2023) eröffnete Scanorama in der zweitgrößten Stadt Litauens, Kaunas. Der FIlm erzählt von kulturellem Ungehorsam in Litauen unter sowjetischer Unterdrückung und seinen Folgen. Sieben Jahre arbeitete Stonytė an ihrer Dokumentation über ein verbotenes, anti-sowjetisches Theaterstück aus den späten 1960er Jahren. Die Premiere fand in Kaunas – jenem Ort, an dem das Stück einst gespielt wurde – unter Standing Ovations statt.

Emma Stone im Viktorianischen Steampunk-Märchen Poor Things  © 2023 Searchlight Pictures

Die Festivallieblinge

Zu den Festivalhighlights gehörten außerdem einige Retrospektiven, u.a. Lars von Triers Medea (1988) und The Rite (1969) von Ingmar Bergman. Das vor allem visuell sehenswerte, skurril-fantastische Horror-Märchen Poor Things (2023) von Kult-Regisseur Yorgos Lanthimos begeisterte ebenso. Der Film mit Emma Stone, Willem Dafoe und Mark Ruffalo startet in Österreich am 18. Jänner 2024.

Zum Publikumsliebling wurde Hafsteinn Gunnar Sigurðssons Komödie Northern Comfort (2023) gewählt. Die internationale Jury kürte das ukrainische Drama Stepne (2023) von Maryna Vroda zum besten Film. Im Kurzfilmbewerb wurde Agata Tracevičs Plica Polonica (2023) als bester litauischer short film ausgezeichnet. Der Hauptpreis ging an Carla Melo Gampert und ihren Beitrag The Bitch (2023).

Lab of Cultural, Creative and Festival Journalism

Scanorama ist wie das Crossing Europe Filmfestival in Linz Teil des „Moving Images – Open Borders“-Netzwerks (MIOB). In Vilnius organisierte der Verband während des Festivals einen fünftägigen Workshop für Kultur- und Festival-Journalismus für junge Kritiker. Sechs Filminteressierte aus Georgien, Bulgarien, Kroatien, den Niederlanden, Deutschland und Österreich verbrachten auf MIOB-Einladung eine Woche in der litauischen Hauptstadt. Wir tauchten in das Festival ein, versuchten uns an Filmkritiken und erhielten dabei Unterstützung von Filmkritiker Neil Young. Das Festivalnetzwerk MIOB, das sich der Förderung des europäischen Films mit all seinen künstlerischen Facetten und regionalen Besonderheiten widmet, hielt vorab eine Online-Schulung für die Teilnehmenden ab. Danach ging es zum praktischen Training auf Filmfestivals in Litauen, Sevilla, Les Arcs und Triest.


Mehr dazu:
European Film Forum Scanorama
Moving Images – Open Borders

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