oddisee
Foto: Christoph Leeb

Oddisee: in guter Gesellschaft

Sonntagabend – ein Hip-Hop-Konzert im Posthof Linz zum Wochenausklang. Mit Oddisee stand da auch eine echte Größe auf der Bühne. Eine, die sich eine größere Crowd verdient hätte.

Zugegeben: Es gibt dankbarere Konzertslots als einen Sonntag nach einem langen Wochenende. Das musste auch der Rapper Oddisee erfahren, der aus Washington D.C. stammt, aber seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile in New York City hat. Ursprünglich im mittleren Saal angesetzt, aus „produktionstechnischen Gründen“ wohl in die kleinere Halle verlegt – und die war auch nicht unbedingt rappelvoll. Schade, denn verdient hätte sich Amir Mohamed el Khalifa alias Oddisee eine große Crowd allemal. So wurde es ein intimer Konzertabend. Was normal nach „leiwand“ klingt, war es hier auch, mit einem kleinen Wermutstropfen. Aber dazu später.

Mad KEys

Support an diesem Abend kam von Mad Keys. Der Producer aus St. Louis durfte um 20 Uhr das Warmup gestalten – und tat das dann nicht alleine. Mitte seines Supportsets holte er sich mit dem Rapper Heno Verstärkung auf die Bühne. Kein Wunder, hat er mit ihm gemeinsam doch dessen neues Album Healing Out Loud produziert. Kostproben davon gab es auch im Linzer Posthof zu hören. Und angesichts dessen, dass eine nicht vorbereitete Zugabe auch noch Eingang ins Set fand, kann man hier von einem gelungenen Slot sprechen. Auch wenn die Settime dann etwas überzogen wurde.

Oddisee – in good Company, ohne Mascherl

Der Headlinder des Abends übernahm dann fast nahtlos. Und performte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Gleich mal hervorzuheben: sein Begleittrio, das nicht nur Lebensfreude auf der Stage verkörperte, sondern musikalisch verdammt gut war. Und wenn ich hier verdammt gut schreibe, dann ist das genau so. Die drei Jungs haben richtig Spaß gemacht und gaben ihrem Namen The Good Company alle Ehre. Oddisee ist auch bereits seit 1999 (!) aktiv – und das hört man. The Good Fight ist hier nicht nur der Name seines 2015er-Albums, sondern könnte auch so etwas wie ein Credo des mittlerweile Vierzigjährigen sein. Anekdoten über Laufrunden in den Tourstädten gepaart mit politischer Message, dazu natürlich auch ein Fokus auf sein 2023 erschienenes Album To What End – das Konzert ist schön, intim und auch ohne Sold-Out-Saal zu jeder Zeit authentisch. Nicht nur einmal ertappen sich Oddisee und ihre Band bei eigenen Witzen, die schon mal in einem Lachflash enden. Hier scheint die Chemie auch in der Travelcrew zu stimmen. Schön zu sehen.

Was mich allerdings auch schon zum einzigen Wermutstropfen des Konzertabends führt. Man spricht oft über Grenzen, Macht, Barrieren und „was ist eigentlich OK“ auf Stages. Was meistens in Richtung Publikum gemeint ist, war an diesem Abend andersrum. Lieber überenthusiasmierter Fan, der einfach zwischen zwei Songs auf die Bühne stürmte, den Artist störte und ihm zu allem Überfluss noch ein buchstäbliches Mascherl alias Bow Tie umhängen wollte: sorry, sowas geht nicht. Grenzen müssen und sollen auch für Artists gelten, die sich on stage exponieren und eh schon große Teile ihrer Persönlichkeit preisgeben. Gerade dann, wenn das Konzerterlebnis selbst eh schon ein persönliches ist. Wie an diesem Abend. Oddisee selbst nahm den, naja, nennen wir ihn mal Bow Tie Incident halbwegs mit Humor. Schön zu sehen – abgesehen davon ein sehr schöner Sonntagskonzertabend!

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockey- und Fußballfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.