Schlachthof Wels: Twelve Points!
Zugegeben: am Tag des Eurovision Song Contests ein Konzert veranstalten ist ein durchaus mutiges Unterfangen. Der Schlachthof Wels tat aber zum Geburtstag genau das und lud sich quasi das Who is Who der heimischen aufstrebenden Musikszene ein.
40 Jahre und kein bisschen leise: der Schlachthof Wels wird Alt. Vielleicht heißt er ja auch darum Alter Schlachthof Wels. Schlechter Scherz, sorry. Denn die Welser Kulturinstitution erneuert sich seit einem Jahr mit neuer Leitung und erschließt neue Konzepte. Am vergangenen Woche lud der Schlachthof auch zur großen Geburtstagsparty – und die machte auch trotz großer TV-Konkurrenz rund um ESC-Sieger JJ Spaß.
Während Freitag Baits, Äffchen & Craigs, Monobrother, Aze und Normfrei zu Gast waren, haben wir es leider nur am Samstag hingeschafft. Hier stand der Fokus ebenso auf der heimischen Szene, die gar nicht mal so klein ist, wie sie manchmal geschrieben wird. Und ein buntes Potpourri aus Musikstilen nach Wels brachte.
Killed By Youth
Den Anfang kurz nach 19 Uhr machten Killed By Youth. Die „wohnen“ und arbeiten teilweise im Schlachthof – und dürften sowas wie der Inbegriff von Prokrastination sein. Teile des Sets wurden überhaupt erst in den letzten Tagen vor dem Konzert geschrieben, Teile davon gab es natürlich schon länger. Das Trio vereint: laut, Rock, ein bisserl Grunge, immer mit einem Augenzwinkern. Hört mal rein in Songs wie Pawns oder I’m the one – lokale Band, guter Sound, hoffentlich mit ein bisserl mehr Bühnenroutine (als Artist) bald wiederzusehen!
kleinabaoho
Danach: kleinabaoho. Der Name ist Programm. „Ich bin lesbisch und mache Popmusik“, so kleinaboho, die in Wels samt Band auf der Bühne stand. Dass wir die Dame lieben, haben wir schon im Rahmen unseres Gigs in Linz bemerkt. Und wenn die Dame eines kann, dann: Popmusik schreiben. Da gehts um zeit zu zweit, sophie oder emma – oder auch schon mal um ikea. Herzschmerz inklusive. Ein bisschen gay, ein bisschen Musik – so schreibt kleinabaoho über sich selbst auf Instagram. Wir meinen: auch ein bisschen gut!
tauchen
Auch schon Aufsehen erregt hatten danach tauchen. Nicht nur, weil die bekannteste Single Bleib hier sowas von Ohrwurmpotenzial hat und auch 2025 noch immer angenehm in den diversen Playlists vertreten ist. Nein, auch weil tauchen sich auf der Bühne zu einem Projekt weiterentwickelt haben, auf dessen weiteren Output man sich freuen darf. Gepaart mit der wohl, naja, sagen wir mal ambitioniertesten Merch-Vorstellung des Abends (wobei die Shirts wirklich schön sind!) ein Gig, wo das erste Mal an diesem Abend im Schlachthof Wels getanzt wurde. Und hey, auch eine politische Message gabs: F*** FPÖ! Wenn sie doch schon mal in Wels waren …
Hidden Gemz
Hui – was sind Hidden Gemz vor gut einem Jahr durch die Decke gegangen. Airplays auf verschiedensten Stationen, namhaft in Playlists großer Streamingportale. Was 2023 mit Miss Monroe als Single begann, hat sich schnell zu einem der heißesten Scheiße des Landes weiterentwickelt. Und apropos heiß: letztes Jahr am Lido Sounds in praller Mittagssonne bei gefühlt 60 Grad hat das auch einer großen Zahl an Zuhörern Spaß gemacht. Doch nicht immer ist alles Gold, was glänzt, wie Frontmann Didier in Wels verriet. Strugglen muss man, mal auch weg von der Musik, die nicht immer einfach und oft erbarmungslos ist. Hidden Gemz sind aber mit gewohnter Qualität zurück: einem eingängigen Mix aus Hip-Hop, R’n’B, Funk und ein bisschen Rock als Garnitur. Macht immer noch Spaß, aber auch hier die Message: hey, schauts auf euch, gell!
Sharktank
Den Abend zu späterer Stunde beschließen durften Sharktank. Sharktank? Ja, die wohl angesagteste Indieband des Landes. Zumindest, wenn man so altmodischen Dingen wie „goldenen Platten“ glauben kann. Die haben Sharktank nämlich grade für Washed Up erhalten. Oder, um es für die jüngere Generation zu übersetzen: das Ding hat 26 Millionen Streams auf Spotify. Auch net nix, wie der gemeine Österreicher behaupten würde. Nun, Sharktank live machen Spaß. Sehr viel Spaß sogar. Get It Done heißt nicht nur der Titel ihres Debuts, sondern ist auch Programm. They get a good show done, oder so ähnlich. Das auch in Wels, wo das Publikum noch letzte Energien rausließ. Auch wenn man das Gefühl hatte, dass Sharktank ein früherer Slot gut getan hätte. Macht ja nix, denn man sieht sich sicher bald auf den großen Festivals dieses Landes, oder darüber hinaus. Bis zum nächsten Mal!
Fazit
Der Schlachthof Wels ließ sich nicht lumpen und veranstaltete eine anständige zweitägige Geburtsagssause, trotz Songcontest. Mit buntem Line-up, das auch gezielt eine jüngere Zielgruppe angesprochen hatte, alte Wegbegleiter aber genauso in die Kulturstätte führte. Bitte genau so weitermachen, gerne die nächsten 40 Jahre!
Fotos: Christoph Leeb, Andreas Wörister