THE TEMPER TRAP: Creating something beautiful

Mal subtil, mal offenherzig pluckern und blubbern die Schaltkreise. Elektronik, Synthies und stille Sanftmut hat heuer bislang keine andere Band so ausbalanciert auf einem Tonträger vereint wie The Temper Trap. Hat man die Zugangscodes erst mal geknackt, wartet eine dunkelblaue Atmosphäre, die in zwölf Songs innewohnt. Es gibt wenig Aufgekratztes, dafür viel Herzenswärme.

Es ist, wie es ist: Depeche Mode sind weltweit die einzige Synthiepop-Gruppe, der es seit Jahren gelingt, genug Menschen in die Stadien zu locken. The Temper Trap eifern diesem Vorhaben nach und versuchen, es ihnen gleichzutun. Am besten so schnell wie möglich. Nachdem das zweite, selbstbetitelte Album der Australier in ihrer Heimat direkt auf Platz eins gelandet ist, könnte dieses Vorhaben sogar irgendwann wirklich gelingen.

Die Band polarisiert, was nicht zuletzt an Stimmwunder Dougy Mandagi liegt, der stets zwei Oktaven (mindestens!) höher singt als die Konkurrenz. Seine Stimme kann man hassen oder lieben. Auf „The Temper Trap“ geht es um Beziehungsbewältigung, einmal hin & retour. Ein Album, das sich nicht ausschließlich, aber mit einer gewissen Mehrheit dem broken heart widmet, dabei weniger verzweifelt ist, als man vermuten könnte.

Den Wave-Pop & Post-Punk der 80er haben sie dabei stets im Visier, trotzdem ist der Klang dieser Platte absolut zeitgemäß. Sie haben ihn intensiviert, weiterentwickelt und die eigenen Note nicht vergessen. Investiert haben sie auch, nämlich in das fünfte Bandmitglied Joseph Greer, der die Keyboards bedient. Um die vielschichtigen Songstrukturen hat sich Tony Hoffer gekümmert, der ansonsten bei Künstlern wie Air, Silversun Pickups, Beck und eben auch Depeche Mode hinter dem Mischpult sitzt. Jetzt der Wermutstropfen: Das alles ist gut, toll und fabelhaft, trifft jedoch nicht immer ins sprichwörtliche Schwarze. Was nützt Melancholie, wenn sie nicht traurig macht?

Aber der Reihe nach. Mit „Need Your Love“ steht die offensichtlichste Nummer gleich an erster Stelle. Nach und nach hat mich die Single, nach anfänglicher Abwehrhaltung mit dem offensiven Refrain vereinnahmt. Auf diese Weise spielt das gesamte Album mit mir. Beim ersten und zweiten Mal Hören ein „Ja, klingt nett“, beim dritten und vierten Mal dann „Aha! Großartig!“. In „London’s Burning“ wird die letztjährige politische Großwetterlage in Groß Britannien thematisiert, wo es zu Krawallen auf den Straßen kam. Ein polterndes, mit einem zackigen Tusch versehenes Stück Musik.
Ansonsten regiert Schöngeistigkeit. „Trembling Hands“ ist verletzlich, traurig und ganz, ganz zauberhaft. Das im Rhythmus des Herzschlags pulsierende „Miracle“ klingt zart, glasig auch. Hingebungsvoll nimmt einen „The Sea Is Calling“ an die Hand. Der anschmiegsame Schlusspunkt „Leaving Heartbreak Hotel“ soll hier auch noch erwähnt werden.

Der beste Song ist jedoch an zehnter Stelle zu finden. Das vorab im Internet veröffentliche „Rabbit Hole“ ist ein Ab und Auf von einem Song, der nicht dem gängigen Strophe-Refrain-Strophe-Muster folgt. Dazu Worte, wie aus einem Fiebertraum.

Ungeachtet dessen bleiben die ganz großen Gänsehautmomente aus. Sie agieren zwar oft gefühlvoll, doch den Höhepunkt erreichen sie bis auf „Rabbit Hole“ nicht. Wenigstens schaffen es The Temper Trap, dem Hörer in einigen Augenblicken näher zu kommen. Ob das reicht? Selbst entscheiden!

Facts:
The Temper Trap – The Temper Trap
Gesamtspielzeit: ca. 47 Minuten
Infectious, Liberation Music (PIAS)

Links & Webtips:
thetempertrap.com
facebook.com/tempertrap
twitter.com/thetempertrap

Foto: PIAS, Ken Leanfore

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