FOXING: Dealer

Conor Murphy singt von Liebe, Sex, Tod und Weltschmerz. Die zweite Foxing-Platte ist ein atemberaubend schönes Stück Indierock mit komplexen Arrangements und tiefschürfender Thematik geworden.

Bereits angefangen beim zärtlichen Weave verweben Foxing Indierock, 90’s Emo, orchestrale Klänge und sogar etwas düster angehauchtem R&B zu einem großen Ganzen. Das klingt ähnlich wie auf dem Debüt „Albatross“, aber dann doch irgendwie noch ausgereifter und zwangloser. Die R&B-Komponente macht sich am deutlichsten in The Magdalene bemerkbar. Hoher Falsettgesang, eine für das Genre gar a-typische Melodie und der markante Hi-Hat Einsatz im Refrain („When they unravel the webs that I’ve spun / what shall be undone?“) machen den Song wahnsinnig catchy und schrauben das Hitpotenzial gleich einmal in die Höhe. Definitiv einer meiner Lieblingstracks des Jahres 2015.

Night Channels verschreibt sich wieder mehr klassischem Indie Rock, ohne dabei ins Hintertreffen zu geraten und schlägt mit starken Refrain („Future love don’t fall apart“) ebenfalls gekonnt seine Krallen in den Hörer und das jazzige Laundered treibt mit pulsierendem Bass und zartem Trompetenspiel in verträumtere Gefilde. Danach folgt der wohl emotionalste Moment der Platte. Bassist Josh Coll schildert in Indica seine Zeit als Soldat in Afghanistan. Dabei bleibt er zwar meist vage, zeichnet aber mit Zeilen wie >>And if so, do I haunt their parents dreams? And in so, am I summarized by sounds of young lung screams?<< ein Bild von innerer Zerrissenheit und Schuldgefühlen, dass einem bei genauem Hinhören die Luft wegbleibt. Wenn Indica das Filmende ist, dass Münde offen stehen lässt, dann ist das orchestrale Winding Cloth die dramatische Abspann-Musik dazu. Man kann sich den Song zwar nur schwer für sich alleinstehend vorstellen, im Kontext aber funktioniert diese Kombination einfach ausgezeichnet.

Das postrockige Redwoods schwebt traumwanderlisch durch die Reverb-Soundlandschaft, wird kurz von pompösen Drums aus dem Schlaf gerissen und verflüchtigt sich wieder, Glass Coughs tanzt gefolgt von bittersüßen Gitarrenmelodien, zart schmachtend bis heißerem Gesang leichtfüßig dahin und Eiffel geht dann wirklich als Postrock Song mit Gesang durch, endet aber mit einem irritierend lieblosen Fadeout, dass durch das Ambient-Interlude Coda hindurch vor sich hin dröhnt. Das abschließende Three On A Match ist das mit mit über 5 Minuten längste Stück auf Dealer und erinnert zu Beginn auf angenehme Weise an die Alchemy Index: Water EP von Thrice. Zarte Synthies tragen den Song, während Murphy’s Stimme sanft darüberstreicht. >>I’m survived by the weight of my own mistakes<< heißt es da am Ende, bis die letzte Akustikgitarre verstummt.

Dealer ist bei weitem nicht so unmittelbar und aggressiv wie The Albatross geworden, klingt viel gediegener und grüblerischer, überzeugt aber auf weiten Strecken mit ansteckenden Melodien und starken Emotionen. Ohne ein paar Brecher in der Tracklist machen sich durch die fehlende Dynamik zwar ein paar Längen bemerkbar, dennoch haben Foxing einen würdigen Nachfolger zustande gebracht, dem man unbedingt sein Gehör schenken sollte.

 

foxing-dealer-album

Tracklist

01. Weave
02. The Magdalene
03. Night Channels
04. Laundered
05. Indica
06. Winding Cloth
07. Redwoods
08. Glass Coughs
09. Eiffel
10. Coda
11. Three On A Match

VÖ: 30.10.2015, via Tripe Crown Records

 

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.