Albumcover: Christian Brix (Kids Artwork), Live-Foto: (c) Slow Bloomer

SLOW BLOOMER: Nudity

Slow Bloomer kommen aus Leipzig und Dresden und bescheren uns mit ihrem Debütalbum „Nudity“, welches am 10. März erschienen ist, eine Indie/Emo-Punk Platte internationaler Güteklasse. Nach ihrer zuvor veröffentlichten und bereits sehr vielversprechenden EP „Gravel Between Teeth“ packt die erste Full-Length in Sachen Gesamtqualität und Abwechslungsreichtum mühelos noch einige Schippen drauf. Für Genrefans ein ganz heißer Tipp und eines der ersten großen (unerwarteten) Highlights des Jahres – versprochen!

Vorweg – Slow Bloomer sind keine ganz Unbekannten mehr. Die Mitglieder sind ebenso in den Besetzungen der beiden Hardcorebands Reason To Care und Continents zu finden und haben uns vergangenes Jahr auf ihrer Tour mit Rivers & Tides auch schon in Linz besucht (hier geht’s zum Konzertbericht). Nach der 2015 veröffentlichten EP „Gravel Between Teeth“, die noch deutlich rauer und ungeschliffener klang, haben die Jungs aus Ostdeutschland mit ihrem ersten Werk in Albumlänge in Sachen Songwriting und Produktionswert nochmal stark zugelegt. Schon die Liste an DIY-Labels, über die dieses Album erscheint, dürfte bei einigen Szenekennern für Schnappatmung sorgen. Midsummer Records, Miss The Stars Records, Through Love, Koepfen und Flood Floorshows machen hier nämlich gemeinsame Sache und zeigen, dass hier wenig dem Zufall überlassen wurde.

„Nudity“ begeistert vor allem durch seine dichte Atmosphäre und den Variantenreichtum, der sich hier in jedem Songs aufs Neue über den Hörer ergießt. Aus jeder Rille dieser Platte sprudelt Kreativität und Herzblut en masse. Slow Bloomer toben sich auf ihrer Spielwiese richtig aus, was sich in einem Gefühl von Unbekümmertheit und Freiheit manifestiert, welches die Platte ausstrahlt. Ständig fügt die Band ihrer Klangkulisse neue Facetten hinzu. Um mit Referenzen nicht zu geizen: Das erinnert ab und zu an die Neo-Grunger Basement, wie etwa in der nach purer Sehnsucht klingenden Vorabsingle „Delicate Apathy“. Beim Über-Song „Salt Or Cyanide“ glaubt man hingegen die Post-Hardcore Pioniere Alexisonfire nach einer gehörigen Frischzellenkur zu hören.

Die größte Stärke der Platte sind definitiv die farbenfroh sprudelnden Gitarrenparts und die Gesangsmelodien, die sich nie an Erwartungen halten, sondern von Mal zu Mal neu zu überraschen wissen. Auch der Kontrast zwischen hier und da eingestreuten Härteausbrüchen („On Wings Of Paper Planes“) und verträumt vor sich hin schwelgenden Indie Versatzstücken („Delta Waves“) stimmt einfach. Sogar die Instrumentalnummer „89:90“, in der sich fuzzige Nineties-Gitarren miteinander duellieren, fügt sich nahtlos und stimmig dem Flow des Albums. So viele Ideen und Stile miteinander zu vermischen und das Ganze nicht nach Stückwerk, sondern wie ein tatsächlich zusammenhängendes Album mit einer unverkennbaren Handschrift klingen zu lassen, ist eine Leistung für sich.

Fazit: Wer bei „Nudity“ ein Ohr riskiert, läuft Gefahr sich zu verlieben. Sehnsüchtig, erfrischend, mitreißend – Slow Bloomer ist eine Band, die man definitiv auf dem Schirm behalten sollte.

Tracklist

01. With White Lamb
02. Salt Or Cyanide
03. Delta Waves
04. Shared Bodies
05. Delicate Apathy
06. Hazel Grave
07. Vertebrae
08. Sleeping Next To
09. 89:90
10. On Wings Of Paper Planes

VÖ: 10.03.2017 via Midsummer Records, Koepfen,
Through Love Rec., Flood Floorshows, Miss The Stars Records

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.