STEPHEN KING’S N. – Der Zweifel als Krankheit

Aufstehen, ins Bad gehen, sich das Gesicht waschen, Zähneputzen. Dinge, die wir tagein, tagaus bewerkstelligen. Doch was, wenn unser Alltag obsessive Züge annimmt und dadurch unser Leben bestimmt?

Kein Wunder, dass sich Gruselautor Stephen King früher oder später diesem Thema annehmen musste. 2008 erschien die Kurzgeschichtensammlung „Sunset“. Darin enthalten: „N.“, eine wirklich gelungene Erzählung, in der sich das Übernatürliche mit menschlichen Zwängen anfreundet und das Leben eines Patienten, der nur N. genannt wird, auf eine harte Probe stellt. N. sucht den Psychiater Johnny Bonsaint auf, der ihm bei seinem Dilemma helfen soll. Die Therapiesitzungen kreisen nur um ein Thema: Der mysteriöse Steinkreis auf Ackerman’s Field. Sind die Steine der Auslöser einer Krankheit oder geschehen dort übernatürliche Dinge?

Die Gespräche zwischen N. und Bonsaint vertiefen sich, die Beziehung der beiden Männer beginnt sich zu verändern. Doch es gibt keinen Ausweg: Die Zwangshandlungen und Visionen treiben N. in den Selbstmord. Bonsaint droht das selbe Schicksal. Ehe er sich versieht, geht die Besessenheit seltsamerweise auf ihn über – mit fatalen Konsequenzen.

Diese Kurzgeschichte war so populär und wurde dermaßen gefeiert, dass eine Comicadaption entstand, die vor kurzem auch auf Deutsch erschienen ist. In „N.“ verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Alptraum meisterhaft. Eine ruhige, gleichwohl spannend-unheimliche Erzählung um Leben und Tod. Auf vordergründige Knall- und Horroreffekte wird verzichtet, Bedrohlichkeit wird stattdessen mit subtilen Offenlegungen geschaffen. Die Macher verstehen ihr Handwerk. Autor Marc Guggenheim und Zeichner-Star Alex Maleev illustrieren die Geschichte glaubwürdig und bilden das Szenario mittels realitätsnahen Bildern ab.

Das Horror-Genre bietet ausreichend Optionen, sich bildlich mit dem Verfall des Körpers, dem Tod, dem Einbruch des Ungeheuerlichen und Bösartigen in die scheinbar normale Alltagsrealität zu beschäftigen. Es ist das Metier von Stephen King. Die Verdrängung persönlicher Konflikte, die Erfahrung mit Triebkräften, die plötzlich ausbrechen und einen an den Rand der Verzweiflung und Verstörung bringen, sind Aspekte, die in „N.“ thematisiert werden. „N.“ macht aus der existentiellen Zusammenkunft mit einer nicht nachzuvollziehenden Macht eine Art Seelen-Kirmes, bei der nicht klar ist, ob das Gute am Ende siegreich hervorgehen wird.


Facts:
Stephen King’s N.
Softcover, 112 Seiten
Von Stephen King, Marc Guggenheim & Alex Maleev
14,95 €

Links & Webtips:
paninicomics.de
marvel.com
 stephenking.com

Foto: Panini Comics (Marvel)

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