Ahoi! Pop Festival 2017: ein bunter Start

Mit gleich fünf Acts startete die diesjährige Auflage des Ahoi! Pop-Festivals im Linzer Posthof. Fünf Bands, die allesamt in verschiedene Richtungen gingen – von Indie bis Soul bis Ambient war alles vertreten. War es also möglich, den Spagat von Indie-Newcomern wie Naked Cameo bis hin zu den Ambient-Shootingstars Cigarettes After Sex zu schaffen? Kurze Antwort: ja, es war möglich.

Bereits kurz vor 20 Uhr hatte sich eine ansehnliche Menge an Besuchern im großen Saal des Linzer Posthofes versammelt, um den ersten Tag des Ahoi! Pop-Festivals live mitzuerleben. Die vergünstigten 10-Euro-Tickets, die man mit seiner AK-Karte erhalten konnte, taten dabei wohl ihr Übriges dazu. So konnten die heimischen Indie-Aufsteiger von Naked Cameo als erster Act vor wohl gut 300 Zuschauern beginnen. Ihre Single „Luddite“ hat schon einiges an Bekanntheit eingespielt – 283000 Plays auf Spotify zeugen davon. Überhaupt kann man Naked Cameo als einen der wohl besten Newcomer des Jahres sehen – auch im Rahmen ihres leider ob des Zeitplanes nur halbstündigen Sets sah man in den ersten Reihen bereits zaghafte Bemühungen, die Hüften in Bewegung zu versetzen. Angesichts der Tatsache, dass der Opener-Slot manchmal ein undankbarer ist: Thumbs up!

Weiter ging es danach mit Gästen aus den USA. Woodson Black alias Haux präsentierte einen Ausschnitt aus dem aktuellen Werk „All We’ve Known“ – eine Platte, die wir übrigens nicht nur aufgrund des Konzertes am Mittwoch empfehlen können. Für all jene, die mit elektronisch angehauchtem Indie etwas anfangen könnten, ist der mittlerweile in London beheimatete Haux durchaus einen Abstecher wert. Live untermalt von einer stimmigen Lichtshow: ein frühes Highlight am diesjährigen Ahoi! Pop-Musikfestival.

In eine ganz, ganz andere musikalische Sphäre durfte man danach eintauchen. Mark Lanegan war zu Gast. Samt Band. Man merkte, dass ein guter Teil der Besucher wohl hauptsächlich wegen ihm gekommen waren. Mark Lanegans Stimme kann man ruhigen Gewissens mit einer Phrase beschreiben: bistdudeppert. Spätestens bei Song zwei, dem „Gravedigger Song“, hat man den ehemaligen Screaming Trees-Frontmann in sein musikalisches Herz geschlossen. Es fällt leicht, sich ihm hinzugeben – und das sage ich als jemand, der Mark Lanegan erst langsam für sich entdeckt hat. Gepaart mit einer großartigen Liveband ist ein Besuch eines seiner Konzerte sicher ein Highlight für jeden Fan. Songs wie „Nocturne“ und „Deepest shade“, das so richtig Gänsehaut ausgelöst hat, waren weitere Lichtblicke in einem leider nur dreiviertelstündigen Set.

Danach: radikaler Stilwechsel. Lee Fields & The Expressions standen auf der Bühne. Als jemand, der normalerweise ja nicht viel mit Soul anfangen lann, muss ich sagen: jetzt kann ich es. Denn was der gut 1,60m große Entertainer da auf der Bühne veranstaltete, war beeindruckend. Mit welcher Agilität der mittlerweile auch schon Mittesechziger seine Songs vortrug, war erfrischend – und tanzbar. Mit wie viel Inbrunst er seine „Love“ verbreitet, ist ansteckend. So konnte ich auch als notorischer Soul-Muffel nicht mehr still verharren. Subjektive Songhighlights: „Special Night“, „Just Can’t win“ und „Make The World“. Auch eine Signierstunde gab es danach noch, um vielleicht ein Autogramm abzustauben von einem Artist, der wohl so schnell nicht mehr nach Linz kommen wird.

Zum Abschluss auf der Bühne: Cigarettes After Sex, die den Slot von SOHN übernommen hatten, der vor ein paar Wochen seine Tour verschoben hatte. Ein Act, der mit dem gleichnamigen Album, das heuer auf PIAS-Records erschienen ist, aber sowas von in die Höhe geschossen ist. „Ambient Pop“ heißt die offizielle Beschreibung. Die Show? Reduziert. Die Band rund um Mastermind Greg Gonzalez verbringt das gesamte Konzert hinter einem Vorhang, auf den Visuals projetziert werden. Das ganze ist wunderschöne Musik, die einen würdigen Abschluss des ersten Festivaltages am Ahoi! Pop-Musikfestival bot. Wer da nicht schmust, ist selber schuld. Einziger Wermutstropfen, wie so oft am Ahoi! Pop-Festivaltag, der nicht an ein Wochenende fällt: die Leute beim letzten Act wurden immer weniger. Wohl auch, weil die Uhr bereits 01:15 zeigte, als das Konzert beendet war – wenn am nächsten Tag ein Werktag ist, ist das dann halt doch suboptimal. Musikalisch sind Cigarettes after Sex aber ein Act, der den Zuschauer ob der gelungenen Arrangements wegbläst!

Weiter geht es am Ahoi! Pop-Musikfestival am Freitag mit Voodo Jürgens, Black Lips, Childhood und Impala Ray. Wir sehen uns!

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.