Mono & Nikitaman: „Die Jungen lassen sich von Freibier verarschen“

Mono & Nikitaman in Linz. Was 2004 mit „Das Spiel beginnt“ in der Stadtwerkstatt begann, endete 2011 mit einer Abrissparty im Linzer Posthof. subtext.at hat die beiden zum Interview gebeten und dabei über Sozialismus, HC Strache, den Chiemsee und Fahrräder gesprochen.

subtext.at: Zu Beginn eine Frage, die sich unweigerlich aufdrängt. Euer erster Gedanke, nachdem ihr das Ortsschild „Linz“ wieder gesehen habt?
Mono: Wir sind eh ziemlich oft da. Unsere Band kommt ja auch aus Österreich, und geprobt haben wir hier auch.
Nik: Es ist auf jeden Fall ein Nachhausekommen – wir sind ja hier noch immer mit vielen Leuten befreundet.

subtext.at: Kommen wir zu eurem vierten Album „Unter Freunden“. Das Cover kommt in Schwarz-Rot-Gold daher. Ist das Zufall, dass das Album die selben Farben hat wie die deutsche Flagge?
Nik: Ja, auf jeden Fall.
Mono: Das ist ja auch kein Gold, das ist Ockergelb (lacht).

subtext.at: Also keine subtile Message dahinter?
Mono: Es orientiert sich ja an den Propagandabildern des Sozialismus. Das erklärt auch einiges.
Nik: Die Farbgebung ist auf jeden Fall eher auf den künstlerischen Hintergrund zurückzuführen als auf Flaggen, zumal ich ja holländischer Staatsbürger bin und Mono Österreicherin. Außerdem hab ichs ja eh nicht so mit Nationalismus.

subtext.at: Ihr habt es gerade schon angesprochen: Das Cover sieht tatsächlich aus wie aus der ehemaligen Sowjetunion. Was war ausschlaggebend dafür, dass das Cover so aussieht, wie es ist?
Mono: Nach dem Fertigstellen des Albums stellt sich dann immer die Frage, wie das Ding dann aussehen soll. Diesmal haben wir mit Tim – der kommt aus Hamburg – zusammen gearbeitet, und uns haben solche alten Sachen immer schon auch angesprochen. Es war schon ganz gut, damit zu spielen.
Nik: Es wird ja auch oft so getan, als ob „der Sozialismus“ an sich ganz schlimm ist. Der grundsätzliche Gedanke, dass allen alles gehört, ist ja an sich eine schöne Idee. Unser Album und unsere Musik soll ja auch allen gehören.
Mono: Das Album ist ja auch sehr symbolhaft. Es sind Sterne drauf, die für Antiautorität stehen, und so weiter.

subtext.at: Mit „Ein paar Meter“ ist wieder mal ein Song vertreten, der die Thematik der Kriege aufgreift. Warum ist diese Thematik gerade im deutschen Reggae so beliebt?
Nik: Ich weiß gar nicht, ob das gerade im deutschen Reggae aktuell ist. Es geht da um die Auseinandersetzung mit Dingen, die zwei Generationen vor uns passiert sind – der zweite Weltkrieg ist ja auch nicht solange her. Als ich bei meinen Großeltern zu Besuch war, fand ich das schon interessant, was die darüber erzählt haben. Je älter ich werde, desto mehr begreife ich, dass das gar nicht so weit weg ist. Da wird mir bewusst, dass mein Opa mit 17 Soldat bei der Wehrmacht war und sechs Jahre nach Sibirien verbannt wurde. Wenn ich mir überlege, dass das heute 17-jährige machen müssten, das finde ich heftig. Es soll aufgezeigt werden, dass solche Sachen nie mehr passieren dürfen – dass 17-Jährige ohne Fressen ins Arbeitslager geschickt werden.

subtext.at: Auf „Unter Freunden“ ist, wie auch schon auf eurem ersten Album „Das Spiel beginnt“, ein Feature mit Ce’cile drauf. Ist das ein Homecoming, das den Kreis von Album Eins auf Album Vier schließt?
Mono: Das ist spontan entstanden – in dem Lied gibt es ja auch die Zeile „Man trifft sich immer zweimal“. Wir waren auf Jamaika, wir haben alle Bock gehabt, wir haben es dann einfach gemacht.
Nik: Natürlich gings dann auch darum, das Lied thematisch anzupassen. Insofern ist es schon ein Homecoming, ja.

subtext.at: Ihr seid wohl schon öfter auf die Auskopplung „Komplizen“ angesprochen worden, die auf dem „Bad People“ Riddim von Stephen McGregor (einer der angesagtesten Produzenten Jamaikas, Anm. d. Red.) erschienen ist. Wie schwer ist es als deutsche Gruppe, den Riddim zu verwenden und dann auch auf dem Titeltrack des Albums zu nehmen?
Mono: Wir haben seinen Vater auf den Festivals getroffen und der hat uns zu sich eingeladen. Da ist grad der Riddim rausgekommen und wir haben einfach gefragt.
Nik: Da gabs keine Ressentiments. Die Jamaikaner produzieren ja die Musik auch professionell und wollen, dass ihre Musik gehört wird. In dem Moment, wo wir gesagt haben, wir wollens verwenden, hat das für ihn dann auch von Anfang an gepasst.

subtext.at: Vor acht Jahren noch in der Linzer Stadtwerkstatt vor 300 Leuten, mittlerweile am Chiemsee vor 30000 Leuten. Etwas provokant formuliert: Habt ihr eine Marktlücke für euch entdeckt?
Nik: Ich glaube das würde es ein bisschen runterreduzieren aufs Geschäft.
Mono: Wir haben gemacht, was wir selber auch gut finden, und haben dann das Glück gehabt, dass die Leute aufgesprungen ist.
Nik: Es ist natürlich auch viel Arbeit dahinter, das darf man auch nicht vergessen. Ich finde es aber fatal, wenn man sich als Musiker hinsetzt und sich fragt, wo jetzt die zündende Idee ist. Sowas kann funktionieren, wird aber nie lang Bestand haben. Man muss in sich reinhorchen, was die Richtung ist, die man machen möchte. Wenn man sich auf sich besinnt, dann kann die kein Anderer machen – und dann stellt sich die Frage nicht.
Mono: Das ist ja auch nicht von einem Tag auf den anderen passiert. Das war ja auch ein laufender Prozess. Wir sind nicht Major-mäßig gepusht worden, da haben wir auch kleinere Schritte setzten können.

subtext.at: Stichwort Chiemsee – wenn man sich die Plakate des Chiemsee Reggae Summers ansieht, dann seid ihr von ganz klein zum Headliner geworden. Ist dieses Festival ein Abbild eures Werdegangs?
Nik: Es wächst einfach. Wir haben uns schon vorgenommen, dass wir wachsen wollen – nicht nur besuchertechnisch, sondern vor allem musikalisch. Der Status Quo sollte immer weiter entwickelt worden. Natürlich sind auch quantitative Steigerungen schön, wenn du nach Touren vor 80 Leuten in einem Jugendzentrum dann auf einmal vor 800 und mehr auftreten kannst. Davon ist es zwar nicht abhängig – aber schön ist es trotzdem.

subtext.at: Vor 2 Jahren haben wir schon mal ein Interview geführt und dabei über die Themen Strache, rechte Tendenzen und das Wahlverhalten Junger gesprochen. Diese Tendenzen haben sich in den letzen Jahren verstärkt – habt ihr euch schon mal die Frage gestellt, ob ihr mit eurer Message die Leute dann auch genügend erreicht?
Nik: Ich glaube schon, dass wir die Leute erreichen und die Leute auf unseren Konzerten nicht einfach nur mitschreien „Ja, wir sind gegen Diskriminierung“. Ich glaube, dass das eher eine große Politikverdrossenheit unter den jungen Menschen in Österreich ist – und seit das Wahlalter auf 16 gesenkt worden ist, lassen die sich auch ein bisschen verarschen von Freibier und irgendwelchen Zeltfesten. Die Frage ist dann eher, warum es die anderen Parteien nicht schaffen, die Jugend zu mobilisieren. Solang die nicht den Arsch hochkriegen, sag ich nur „selber schuld“. Wenn mehr als die Hälfte der Jungen rechts wählt, ist das schon sehr bedenklich.

subtext.at: Zurück zu euch. Ihr seid seit Gentleman die ersten deutschen Artists, die auf das Cover der Riddim gekommen seid. War das sowas wie ein Ritterschlag für euch?
Mono: Einfach so passiert ist es nicht. Eigentlich hätte es ja auch nicht passieren sollen. Wir haben das Interview geführt, und die haben gemeint, dass das keine Coverstory ist. Anscheinend haben die sichs aber anders überlegt.
Nik: Es hat michs schon gefreut, und es ist schon auch ein Statement der Riddim, uns auf das Cover zu packen – auch für den deutschen Reggae. Wenn man dran arbeitet, freut man sich nach zwei Jahren Arbeit an diesem Album darüber – das ist eine schöne Belohnung und nichts, was wir zufällig im Lotto gewonnen haben.

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subtext.at: Zum Abschluss des Interviews bitte eine Anekdote: Das kurioseste Eregnis auf der „Unter Freunden“-Tour bislang?
Mono: Ui. (Überlegen) Wir haben auf Langeoog gespielt, das ist eine Insel in Norddeutschland. Wir sind da mit der Fähre angekommen – das Blöde war nur, dass das eine autofreie Insel ist. Das Gepäck ist mit einer anderen Fähre gekommen.
Nik:Wir durften also den Tourbus ausladen und das Gepäck auf die Fähre verladen.
Mono: Wir sind dann mit dem Fahrrad zur Bühne gefahren. Und unser Techniker hatte eine Möwe in seinem Zimmer.

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Fotos: Daniel Friesenecker, Christoph Thorwartl

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.