CONRAD KEELY: „Was sind Know-hows?!“
Künstler wollen sich mitteilen, mit ihren Fans kommunizieren, sich ausdrücken und mit Gleichgesinnten in Kontakt treten. Conrad Keely will einfach nur schlafen. Der Sänger und kreative Kopf von …And You Will Know Us By The Trail Of Dead hat sich bereits im Taxi ein Nickerchen gegönnt. Beim Interview entschuldigt er sich bereits am Anfang. Müde sei er, aber das Gespräch will er trotzdem bestreiten. Gesagt, getan.
Im Interview mit subtext.at werden die Fragen meist mit geschlossenen Augen beantwortet. Ist etwas nicht klar oder eine Frage besonders interessant, macht Conrad auf seiner Couch auch schon mal die Augen auf. Ein eigenwilliges Gespräch über Kunst, Dreidimensionalität und ja, Know-hows.
subtext.at: Conrad, neben deiner Tätigkeit als Musiker malst und zeichnest du. Heute werden einige deiner Bilder in einer Skatergalerie in Wien zu sehen sein. Passt das überhaupt?
Conrad Keely: Es war nicht meine Idee. Sie sind auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich das machen möchte. Ich bin froh, dass sie diesen Schritt getan haben und ich meine Bilder ausstellen kann. Ich interessiere mich dafür und mag das, also Streetart und Graffiti. (überlegt kurz) Gibt es in Brooklyn beispielsweise zuhauf. Deswegen passt das auch mit dem Store. In dieser Umgebung sehe ich mich und fühle ich mich durchaus wohl.
subtext.at: Suchst du etwas, wenn du ein Bild malst oder zeichnest?
Conrad Keely: (wirkt leicht abwesend) Wie bitte?
subtext.at: Begibst du dich auf eine innere Suche, wenn du ein Bild malst oder zeichnest?
Conrad Keely: (überlegt kurz) Nein. Ich begebe mich nicht auf eine Suche, ich versuche nur das auszudrücken, was ich schon gefunden habe. Vielleicht suchen die Leute nach etwas, wenn sie sich die Bilder ansehen. Ich als Künstler suche nicht – ich habe es schon gefunden. Deswegen kann ich es auch durch die Kunst, die Malerei, ausdrücken. (überlegt kurz) Man kann durchaus nach der richtigen Technik suchen, das stimmt. Du suchst nach dem passenden technischen Ausdrucksmittel, um zu erzählen, was dir vorschwebt.
subtext.at: Hast du dir einige Know-hows durch deine Arbeit angeeignet?
Conrad Keely: Know-was? Was sind Know-hows?!
subtext.at: Eigenheiten, Kniffe, eine bestimmte Art von Technik eben, wie du oben bereits erwähnt hast.
Conrad Keely: (Pause) Kannst du die Frage noch einmal stellen?
subtext.at: Hast du dir durch deine Erfahrung als Maler und Zeichner eine besondere Eigenheit angeeignet?
Conrad Keely: Natürlich. Alles. Jede Linie, die du zeichnest, bedeutet lernen. Jedes Bild, das ich male, ist ein Experiment, welches ich versuche zu erreichen und zu vollbringen. Stilistisch will ich so gut werden wie die Künstler, die mich inspiriert haben. Sie sind der Standard für mich, die Messlatte. Dem eifere ich nach.
subtext.at: Brauchst du lange, um deiner Wunschvorstellung von einem perfekten Bild nachzukommen? Bist du glücklich, wenn du es geschafft hast?
Conrad Keely: Mit dem finalen Bild bin ich im Grunde nie zufrieden. Ich habe immer das Gefühl, dass es noch nicht fertig ist oder das ich noch etwas hinzufügen könnte. Bei all meinen Bildern geht es mir so.
subtext.at: Das klingt hart.
Conrad Keely: (wiegelt ab) Ach, du musst es eben akzeptieren. Wie beim Zen: Du lässt ein Werk einfach unfertig sein und du lässt es gehen. So, als würdest du ein Kind aufziehen und es später davonziehen lassen.
subtext.at: Ergeht es den Trail Of Dead-Songs genau so?
Conrad Keely: Absolut.
subtext.at: Denkst du, dass kommerzialisierte Kunst wichtig ist, weil sie in unserem Leben eine Rolle spielt, uns beeinflusst und einen großen Teil unseres Lifestyles definiert?
Conrad Keely: Ich denke, dass die Leute eine breitere Sichtweise haben sollten, was kommerzialisierte Kunst sein kann oder ist. Die Sixtinische Kapelle ist kommerzialisierte Kunst. Die Pyramiden in Ägypten sind kommerzialisierte Kunst. Für die Monarchie wird Werbung gemacht und Kathedralen kann man überhaupt in diese Schublade stecken. (überlegt kurz) Die Kirche und ihre Kraft finden in der Werbung Verwendung. Wenn man es auf diese Weise betrachtet, unter diesen Aspekt, dann kann alles darunter fallen. Du kannst Mickey Mouse als religiöses Symbol anbeten, wenn du möchtest.
subtext.at: Sind wir stärker von Kunst und Werbung beeinflusst, als wir es uns eingestehen möchten? Wenn wir durch die Straßen gehen, eine bestimmte Werbekampagne sehen und später im Unterbewusstsein die Idee aufkeimt, genau so auszusehen wie die Person auf dem Plakat beispielsweise…
Conrad Keely: Es kommt darauf an, wie beeinflussbar du bist. Wenn du dir ein Plakat ansiehst und dich dann so anziehen möchtest, dann bist du wirklich sehr leicht zu beeinflussen. (überlegt) Ich ziehe ganz andere Inspiration aus der Werbung. Es ist nicht so, dass ich mich wie diese Puppe anziehen oder den tollen Körper des Typen haben will. Ich achte mehr auf die Farben, die Verläufe, wie sie zueinander passen, solche Sachen. Dann möchte ich das für meine Arbeit irgendwie verwenden. Es muss nicht zwingenderweise etwas damit zu tun haben, was die Person auf dem Plakat gerade vorstellt. Die Sixtinische Kapelle ist ein gutes Beispiel: Sie soll die Kraft der Kirche großzügig aufzeigen und repräsentieren. Es war ja auch dafür gedacht, den Papst damit zu feiern. Ich denke über den Papst am wenigsten nach, wenn ich an die Kapelle denke. Ich denke an die Technik von Michelangelo und an die Künstler, die Brillanz der Darstellung, die Ideen… Ich denke nicht mal an die Bibel.
subtext.at: Kann kommerzialisierte Kunst den Leuten helfen, diesen Bereich besser zu verstehen?
Conrad Keely: Nicht unbedingt. Wenn du offen dafür bist, kannst du jede Art von Kunst verstehen und nachvollziehen. Die Kunst von Kindern gehört für mich zu den erinnerungswürdigsten Dingen auf diesem Sektor. Ihre Illustrationen oder bestimmte Buchcover gefallen mir sehr.
subtext.at: Denkst du, dass es immer eine gewisse Nachfrage geben muss, eine Art Bedarf nach Kunst bei den Leuten?
Conrad Keely: (wirkt in sich gekehrt) Wie war noch mal die Frage?
subtext.at: Muss es eine Nachfrage geben, für einen, der Bilder malt und sich Künstler nennt?
Conrad Keely: Ich glaube, dass du nicht ganz verstehst, was du fragen willst. Versuche zu verstehen, was du fragen möchtest und stelle mir die Frage noch einmal.
subtext.at: Malst du die Bilder nur für dich selbst oder denkst du auch darüber nach, ob sie sich verkaufen lassen, ob sie jemand haben möchte?
Conrad Keely: Daran sollte man wohl als Letztes denken. Für jemanden, der malt, ist es wichtig, die Kunst als eine Kommunikationsform zu verstehen und zu beanspruchen. Das ist wichtig. Du musst einen Grund haben, warum du dich dadurch ausdrücken möchtest. Ich finde es auch nicht schlimm, mit Kunst Geld zu verdienen. Daran ist nichts verkehrt. (überlegt) In den USA gibt es einen Wettbewerb im Fernsehen, „Art Race“. Zwei Künstler starten von verschiedenen Anfangspunkten, an verschiedenen Künsten, und sie müssen den Anfangspunkt des jeweils anderen erreichen. Die einzige Möglichkeit, um da hinzukommen – sie müssen ihre Kunst verkaufen. Damit kommen sie in die nächste Stadt. Sie können Portraits von den Leuten anfertigen oder eines ihrer eigenen Bilder verkaufen, um Geld zu bekommen. (überlegt) Sie haben festgestellt, dass sie dadurch durch ganz Amerika reisen können. Ich konzentriere mich nicht zu sehr auf den kommerziellen Aspekt meiner Kunst, ich schau lieber auf die Story, auf das Narrative, auf diese Welt, die in meinem Kopf existiert. Das möchte ich zum Leben erwecken. Ich verfolge dieses Konzept schon sehr lange und ich trage diese Geschichte mit mir herum, seit ich klein bin. In den Artworks und auf einigen Bildern finden sie ihre Verwendung. Durch die Kunst kann ich diese Ideen erfassen. Ich müsste es sonst mit Wörtern beschreiben, was viel schwieriger wäre.
subtext.at: Wie bist du auf die Idee gekommen, digital zu zeichnen?
Conrad Keely: Ich glaube, dass es wirklich wichtig ist, mit der Technologie Schritt zu halten. Technologie verändert stets die Kunst und sie hinterlässt immer ihren jeweiligen Einfluss. Die Ölmalerei war damals ein Fortschritt, ein großer Sprung für die Kunst. Das Piano war ein großer Sprung für die Musik. Der Computer war auch ein großer Schritt und er verändert die Sichtweise, wie wir etwas betrachten – auch in der Kunst. Eigentlich bin ich ein Traditionalist, der mit der Hand malt und zeichnet, aber die Errungenschaften durch den Computer kann ich nicht leugnen. Ich kann meine Arbeit einscannen oder auch reproduzieren.
subtext.at: Du möchtest deine Webseite, conradkeely.com, in 3-D gestalten. Ist das der nächste logische Schritt, wie wir das Internet betrachten werden?
Conrad Keely: (Pause) Stammt das von mir? Habe ich das gesagt?
subtext.at: Es steht auf deiner Webseite…
Conrad Keely: Hm. (überlegt) Ich bin mir sicher, dass es passieren wird, wobei ich nicht den genauen Zeitpunkt benennen kann. Es sieht alles danach aus, als ob es sich in diese Richtung entwickeln würde. In Filmen wie „Iron Man“ kannst du sehen, wie diese dreidimensionalen Hologramme projiziert werden. So wird man seinen Computer in Zukunft verwenden.
subtext.at: Danke, Conrad. Das war’s schon.
Conrad Keely: Ich danke dir. Und sorry, dass ich so müde bin. Aber deine Stiefel gefallen mir.
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