Irie Revoltes: „Das Leben ist politisch!“

Eines der musikalischen anfifaschistischen Aushängeschilder – Irie Revoltes. Die deutsch-französische Mischung nimmt sich bei ihren Gigs kein Blatt vor den Mund und ist aktuell mit dem gleichnamigen Album „Irie Revoltes“ auf Tour. Wir haben sie vor dem Gig in Linz zum Interview gebeten.

subtext.at: Bleiben wir gleich mal bei den Liveauftritten. Ihr seid fast schon weltweit als eine sehr politische Band bekannt – gibt es bei euch ein „totally No-Go“ bei Veranstaltern, Locations, Sponsoring und dergleichen ?
Mal Élevé: Ja, wir haben da auf jeden Fall unsere Einschränkungen, natürlich sind wir auch auf großen Festivals – das heißt wir können nicht ganz konsequent sein. So wie wir ganz ganz früher mal waren, wo wir nur in alternativen Jugendzentren gespielt haben. Aber wir haben zum Beispiel ein Festival abgesagt, was von EADS, einer Firma in Deutschland, die Kriegswaffen herstellt, gesponsert wurde. So etwas wollen wir nicht da sagen wir klar „Nein“ dazu. Wir spielen auch auf keinen Fall auf Festivals , wo rechtsoffene Bands spielen, so etwas machen wir nicht. Bei Reggaefestivals kommt es oft zu der Schwierigkeit, dass man auch homophobe Artists hat, da sind wir mittlerweile den Weg gegangen, dass wir das Konzert nicht absagen.  Sondern vom Veranstalter ein Statement zu der Thematik fordern oder mindestens, dass wir mit unserem Stand von „Make some Noise“ – der Kampagne, die wir zu diesem Thema gegründet haben – präsent sein können.

subtext.at: Immer wieder spannend sind die Rider von Bands. Gibt es bei euch eine Sache, die bei euch aufgelistet ist, die eurer Meinung nach untypisch ist?
Calito: (lacht) Wir haben jetzt keine besonderen extra Wünsche ,was die Garderobe oder so betrifft ,aber beim Essen steht bei uns schon keine Coca-Cola Produkte wenn möglich, kann man halt nicht immer vermeiden. Möglichst Bio-Produkte und Fairtradeprodukte zum Essen, mein Bruder ist auch Veganer – da muss es natürlich auch veganes Essen geben. Aber so für die Show oder was im Backstage sein muss sind wir komplett entspannt. Da sind wir ganz pflegeleicht.

subtext.at:Bleiben wir noch kurz bei den Live-Auftritten und beim Touren. Ihr seid ja Brüder – glaubt ihr, dass es dadurch leichter ist, so viel unterwegs zu sein weil quasi ein Teil der Familie immer mit dabei ist? Oder ist es genau deswegen eine Spur schwieriger?
Mal Élevé: Eigentlich kann man sagen „die gesamte Band ist eine Familie“. Uns gibt es ja schon seit 15 Jahren – wir sehen uns alle innerhalb der Band wie Geschwister, und von daher ändert es nicht wirklich was, dass wir leibliche Brüder sind. Und auf Tour ist es das Coole auch, dass wir relativ viele Leute sind. Manche fragen dann auch, ob das Touren mit so vielen nicht gerade noch schwieriger ist. Aber ich glaube, dass das gerade das gute ist,  weil wenn man nur zum Beispiel zu viert auf Tour wäre, würde man sich schneller auf die Nerven gehen als in so einer großen Gruppe. Dann kann man sich immer mal in Kleingruppen abgrenzen. Dadurch entsteht eigentlich nie dieser „Tourkoller“, von dem viele immer wieder erzählen. Das ist uns zum Glück noch nie passiert.

subtext.at: Ihr habt schon ganze sechs Alben in 15 Jahren geschaffen. Locker lässig oder doch ein Brocken schwerer Arbeit?
Carlito
: Ich glaub es waren 5 Studioalben, aber plus dem Livealben 6. So ein Album ist nie ein einfaches Ding. Leute die nie ein Album gemacht haben können es sich vielleicht auch nicht so gut vorstellen, was es für eine Riesenvorarbeit ist, alleine diese ganzen Songs vorzubereiten und Skizzen bzw. Fragmente zu entwickeln, die dann noch nicht einmal fertige Songs sind. Da gibt es dann immer etliche mehr. Ich glaube beim letzten Album waren es so ca. 50 Songs, und dann kommen 14 Tracks aufs Album. Dann noch den Sound auszuarbeiten – was uns jedes mal sehr wichtig, ist einen eigenen Sound fürs gesamte Album zu überlegen – und dann gemeinsam mit den Produzenten auszuarbeiten. Da letzte Album hat ein Jahr gedauert, das davor sogar zwei. Es ist extrem viel Arbeit, es macht Spaß, aber am Ende ist man immer so zermürbt, dass man sagt „eigentlich will ich kein Album mehr machen“. Es ist eigentlich jedes Mal das gleiche und dann muss erst mal Zeit vergehen (lacht).

subtext.at: Studioalbum versus live Album? Was sind eure Erfahrungen dazu?
Mal Élevé: Da gibt es natürlich einen riesigen Unterschied, beim Live-Album war das ganze viel krasser, weil es gebündelter war. In einem Mal musste alles klappen. Man muss sich um die Show kümmern, man muss sich um die komplette Kameraführung Gedanken machen, weil es ist ja auch als DVD erschienen. Man hat viel mehr Dinge um die Ohren, gekoppelt mit einer großen Anspannung, was das gesamte Projekt natürlich viel schwieriger, aber auch aufregender macht. Das war bis jetzt so ein einmaliges Erlebnis. Beim normalen Album im Studio kann man sich mehr Zeit lassen. Da kann man bestimmte Teile einfach 20mal aufnehmen, kann nochmal rumprobieren – das funktioniert halt bei einem Live-Album nicht, das ist halt dann eine wirkliche Momentaufnahme.

subtext.at: So aus dem Bauch heraus – was würdet ihr lieber jetzt machen ein weiteres Live-Album oder doch eher Studio?
Carlito: Jetzt gerade würde ich gerne lieber ein Live-Album machen, weil wir ja gerade das eine Studio-Album fertig gemacht haben. Und ich glaube alle, zumindest die intensiv involviert waren , haben erstmal keine Lust,  gleich wieder ein Studio-Album zu machen. Deswegen kann ich vielleicht auch für die anderen sprechen.

subtext.at: In euren Texten findet man fast ausschließlich Themen über aktuelle Politikkrisen, Umweltprobleme und der Gleichen. Wenn ihr heute hier und jetzt einen Text schreiben müsstet, über was würde dieser handeln?
Mal Élevé: Schwierig, das jetzt spontan zu sagen. Es kommt immer ganz darauf an. Wir haben ganz viele verschiedene Sachen, die uns inspirieren, wenn wir Songs schreiben. Und da ist dann immer aktuelle Stimmungen und aktuelle Themen, die jetzt gerade präsent sind – im Moment ist es natürlich Griechenland ein Thema. Aber parallel dazu die aktuelle Asylpolitik – wir haben jetzt auch in Linz mit Leuten gesprochen, die die Veranstaltung nützen, um auf das Thema Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Ich würde jetzt spontan sagen: eines von den beiden Themen wäre eines, worüber wir singen würden.

subtext.at: Wie wichtig ist euch die politische Einstellung eurer Fans? Glaubt ihr dass viele/einige nicht wissen, wie eure Einstellung zu Homophobie, Faschismus und Anitfeminismus ist?
Carlito: Klar, können wir nicht von jedem und jeder verlangen, dass sie gleich merken, um was es bei uns geht. Das ist normal. vor allem. weil wir ja auch immer mehr Leute erreichen. und eben auch Leute die zu diesen Themen nicht gleich denken oder vielleicht sich mit den Themen noch nicht beschäftigt haben. Dass die durch uns dann mal darüber nachdenken und hoffentlich auch was ändern wollen oder irgendwie selbst aktiv werden, das ist auf jeden Fall eines unser Hauptziele. Klar: wissen tun wir nicht, wer da aller genau weiß, wie wir wozu stehen, aber ich glaube wenn man mal auf einem Konzert von uns war, schnallt man das ziemlich schnell.

subtext.at: Könnt ihr euch vorstellen Musik ohne politischen Hintergrund zu machen?
Mal Élevé: Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich denke, dass das Leben politisch ist, von daher kann ich mir nicht vorstellen, dass ich Musik mache, die über „nichts“ geht. Auf der anderen Seite wir haben auch Songs, die über alltägliche Sachen wie Liebe und so handeln. Das finde ich auch wichtig, weil das gehört ja genauso zum Leben dazu. Aber ich könnte keine Musik machen, die keinen aussagekräftigen Inhalt hat.

subtext.at: Wenn ihr heute noch einmal die Chance hättet einen Bandnamen zu wählen, würdet ihr dann denselben nehmen?
Carlito: (lacht) Also hättest du uns jetzt vor einem Jahr gefragt, hätten wir wahrscheinlich nein gesagt weil da hatten wir überlegt den Namen zu ändern. Mittlerweile ist es schwer, weil wir jetzt gerade das Album „Irie Revoltés“ genannt haben und zu dem Entschluss gekommen sind, dass der Name doch am besten beschreibt. welche Art von Musik wir machen. Und was die Band auch gerade für einen politischen Hintergrund hat und diese Kombination aus Politik, Gesellschaftskritik und Musik in den Namen schon so gut ausgedrückt wird. Ich weiß es nicht hundertprozentig, weil es ja doch dieses große „Irie“, was jetzt doch schon sehr Reggae- und Dancehall astig ist. Das ist  jetzt nicht mehr unsere Musikrichtung – also könnte man sich da was anderes überlegen. Aber die Kombination aus den beiden Bedeutungen ist schon perfekt.

subtext.at: Was wäre dann der Name gewesen, gab es da schon konkrete Ideen?
Mal Élevé: (lacht) Verraten wir nicht.
Carlito: Weil falls wir das doch dann mal machen wollten, können wir immer noch sagen, dass das eine komplett neue Idee war. (lacht)

subtext.at: Zum Abschluss noch eine Wenn-Was-Sonst Frage. Welchen Beruf würdet ihr ausüben, wenn ihr nicht Musiker geworden wärt, bzw. gäbe es neben der Musik noch einen „Brotjob“?
Mal Élevé
: Ich weiß es nicht. Ich würde wahrscheinlich irgendwas im sozialen Bereich mit Jugendlichen machen. oder irgendwas mit Sport.
Carlito: Ja. Sport ist gut. Ich würde auf jeden Fall eine eigene Firma gründen, wahrscheinlich im Softwarebereich.

Weiter

Konzerte - Filme - Bücher - Musik - Kunst // Sozialarbeiterin - Veranstalterin - Redakteurin - Fotografin