CITY LIGHT THIEF: Shame EP

Wenn man denn in Deutschland nach aufstrebenden Bands Ausschau hält, die sich im Reich von Posthardcore & Co. zu Hause fühlen, kommt man nicht lange an City Light Thief aus Grevenbroich vorbei. Nach einer EP und zwei Alben (davon das letzte „Vacilando“ 2013) folgte Ende letzten Jahres mit Shame eine weitere EP, die wohlgemerkt einiges anders macht als die bisherigen Veröffentlichungen der Band. Weil Veränderungen die Würze ins Leben bringen, sollte man unbedingt einen genaueren Blick auf dieses letzten November erschienene, 4 Songs umfassende Werk riskieren.

City Light Thief sind, weiß der Teufel keine Easy Listening Band. 6 Mitglieder, 4 Stimmen, bis zu 3 Gitarren, Klavier, Bass, Drums – schwere Geschütze also. Diese Band spielt mit Erwartungen und packt mit Vorliebe so viele Kniffe und Wendungen in ihre Songs, dass einem Neuling beim erstmaligen Hören fast schwindelig wird. Das soll auf Shame nun anders sein, wie der Pressetext vermuten lässt: „Die neuen Songs sollten im Vergleich zu den alten Songs kompakter, direkter, und ja – irgendwie auch eingängiger werden, um sich dem Hörer nicht erst nach mehrmaligen Hördurchgängen völlig zu erschließen. Das gilt auch für die Texte: weg mit Metaphern und abstrahierten Formulierungen, hinter denen man sich so gut verstecken kann.“ Eine neu entdeckte Vorliebe zur Direktheit möchte man meinen. Aber City Light Thief wären nicht sie selbst, wenn sie dieses Ziel nicht auf eine ganz eigene Art und Weise ansteuern würden.

Tatsächlich ist Plus + Plus ein richtig eingängiger, melodischer Indiepunk-Song geworden. Stets nach vorne preschend, unverkrampft und fast schon euphorisch klingend. Der thematische Hintergrund ist aber ein ernster. Es geht um das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare und mit welchen Schikanen sich diese auch im Jahr 2016 immer noch konfrontiert sehen. Eine Problematik, die nicht gerade oft besungen wird und vielleicht deshalb umso wichtiger und lobenswerter, dass sich City Light Thief darum angenommen haben.
Das zweite Stück Wild Truth geht da schon wieder deutlich ungestümer zu Werke. Der Gesang wechselt ständig zwischen den einzelnen Mitgliedern hin und her und die Gitarren schlagen munter Haken. Allerdings ohne jemals wirklich einen Höhepunkt zu erreichen. So plätschert der Song letzten Endes etwas zu behäbig vor sich hin. Geordnetes Chaos sozusagen.

Deutlich spannender ist dafür die Singleauskopplung (mitsamt Tischtennis-Musikvideo) Younger You. Gesanglich erstmals zur Gänze clean gehalten und sehr ruhig beginnend, baut sich das Stück zu einer regelrecht hymnischen Indie-Rock Nummer auf. „Don’t be afraid to tell us / It keeps the shame and vigor in Balance“ – wird hier auch der Titel der EP vorgegeben. Definitiv Anspieltipp #1 auf der Platte. Zum Abschluss lassen City Light Thief die Experimente aber dann außen vor und liefern mit Quick Fix den routinierten Schlusspunkt. Hier wird wieder wütend auf die Instrumente eingedroschen, wie man es von dem Sechsergespann gewöhnt ist und auch schätzt.

Shame ist vielleicht im Gesamten nur ein kleiner Zwischenschritt für City Light Thief, aber wohl auch ein sehr richtungsweisender. Man darf gespannt sein wie sich diese Band noch weiterentwickeln kann und wird. Album 3 kann hiermit kommen!

City Light Thief - Shame - Cover

Tracklist

01. Plus + Plus
02. Wild Truth
03. Younger You
04. Quick Fix

VÖ: 06.11.2015, via Midsummer Records

 

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.