TURBOSTAAT: Reise nach Abalonia // ARENA Wien
Sympathisch, mitreißend und spielfreudig – Turbostaat zeigten sich vergangenen Mittwoch in der Arena von ihrer Schokoladenseite und sorgten so dafür, dass das Publikum kaum genug von ihnen kriegen konnte. Aber gehen wir erst einmal zurück zum Anfang des Abends.
Turbostaat reisen ohne eine fixe Schar an Toursupports umher. Dadurch darf auch wieder mal eine lokale Band die Gunst der Stunde nutzen, um sich einem neuen, breiteren Publikum zu präsentieren. Eine Tatsache, die ich mit Freude erwähne, weil Bands diese Möglichkeit viel zu selten noch geboten wird. Ob das nun mehrheitlich an Bookingagenturen, lokalen Veranstaltern, Locations, oder an den großen Bands selbst liegt, sei einmal dahingestellt.
Im Falle von Turbostaat durfte sich die Wiener Band lorraine im Vorprogramm beweisen und dabei hoffentlich einen bleibenden Eindruck beim Publikum hinterlassen. Dieses war mehrheitlich in der Altersklasse über 30 und eindeutig rein wegen Turbostaat gekommen und beobachtete zwar mit Respektabstand, aber durchaus sehr interessiert das Spektakel auf der Bühne. Die Musik von lorraine ist stark an den Post-Punk und die New Wave-Bewegung der 80er angelehnt, klingt aber keineswegs nach Recycling. Im Gegenteil: das hier klingt auf seine Art frisch und aufregend. Die Rhythmus-Fraktion breitet einen überraschend groovenden Soundteppich aus, die Gitarre zerlegt der Reihe nach Akkorde und über allem schwebt dann noch dieser stoische, an spoken word grenzende Gesang. Musik, die einen nicht in der Circlepit, dafür einfach nur in ihren Bann zieht – nachdenklich und betörend.
In Folge eine kurzen Zigaretten- und Bierpause rückt das Teilnehmerfeld dann enger zusammen. Ohne großes Tamtam betreten die fünf Norddeutschen die Bühne der ARENA und starten die heutige Reise nach Abalonia chronologisch korrekt mit Ruperts Gruen – ein Husarenstück zum Einstieg. Danach werden alte, wie neue Hits zelebriert. Haubentaucherwelpen, Harm Rochel, Insel, Sohnemann Heinz und die geniale Beatsteaks-Co-Produktion („Wir haben uns da ein Lied in Berlin ausgeborgt“) Frieda Und Die Bomben. Alles dabei! Es wird ausgelassen mitgesungen, getanzt und geschwitzt. Die Band wirkt motiviert bis in die Haarspitzen und freut sich besonders über anwesende Freunde aus Zeiten, in denen sie noch im EKH gespielt haben. Sänger Jan Windmeier gibt Anheizer, Dirigent und Pantomimenkünstler zugleich. Seinen Kollegen ist die Spielfreude ebenfalls deutlich anzusehen. Turbostaat sind und bleiben eine grandiose Liveband. Das Publikum weiß das zu würdigen und fordert nach der Zugabe (Geistschwein, Fraukes Ende, Vormann Leiss) vehement noch ein paar ältere Stücke ein. Ein Wunsch, der ihnen auch gewährt wird. So endet das 90-minütige Spektakel mit dem Band-Klassiker Schwan, ehe die Meute selig und zufrieden von Dannen zieht. Auch wenn das Geschehen noch gerne ewig weitergehen hätte können.
Fotos: Andreas Wörister (Slih’s Photography)