Lovely Lonely Planet: Endlich wieder reisen

Man könnte hoffen, dass 2022 wieder „ein Sommer wie damals“ wird. Corona? Nur mehr ein schaler Nachgeschmack. Doch nicht nur der Klimawandel lässt einen grübeln, ob Reisen in Zukunft vielleicht etwas anders wird.

Macht uns Reisen überhaupt Spaß, wenn uns keiner dabei sieht? Sich selbst auf Instagram mehrmals pro Jahr an tollen neuen Orten in Szene zu setzten, ist zu einer Art der Selbstdefinition geworden. Hobby: Reisen, liest man nicht nur auf Tinder in mindestens jedem zweiten Profil. Man gibt sich als Kosmopolit:in, offen, neugierig, spontan. Aber auch privilegiert. Das Reisen ist zu etwas geworden, das man konsumiert, um sich selbst zu belohnen. Doch zu welchem Preis?

Diesen uns vielen weiteren Aspekten des Reisens widmet sich die Autorin Maria Kapeller in Lovely Planet. Die Journalistin, Bloggerin und Vielreisende aus der dörflichen Umgebung Salzburgs hat dafür mit Expertinnen und Experten der unterschiedlichsten Fachgebiete gesprochen. Tourismus, Marketing, Zukunftsforschung, Umweltschutz, Psychologie – jede Betrachtungsweise wird beleuchtet.

Die Erde als ‚Lonely Planet‘, den wir einst auf der Suche nach Individualität und Erlebnissen abseits der Massen bereisten, ist längst nicht mehr ‚einsam‘. Die Erde ist überlastet, überfordert, überanstrengt.

Maria Kapeller in Lovely Planet

Dass wir unserem Planeten mit unserem Verhalten nichts Gutes tun, ist nun nicht gerade neu. Fliegen ist eine Möglichkeit, mit wenig Geld sehr schnell ziemlich viel CO₂ auszustoßen. Aber die Werbung versucht uns trotzdem einzureden, dass die Erholung umso besser wird, je weiter wir uns von Zuhause entfernen. Der Tourismus ist eine Art Drogenmaschinerie, denn wir leben in einer „Suchtgesellschaft“. Wir sind süchtig nach Glück. Dass wir verlernt haben, dieses Glück direkt vor der Türe zu finden, ist nur eines der Probleme.

Kein Ratgeber

Kappellers Buch will kein Ratgeber und auch kein Reiseführer mit Tipps für nachhaltiges Reisen sein. Sie will uns auch kein schlechtes Gewissen machen. Aber sie gibt uns unzählige Denkanstöße, die einen das eigene Handeln hinterfragen lassen und uns die eigenen Bedürfnisse besser verstehen lassen. Denn dem Thema Reisen widmet sich die Autorin schon seit 2014 in dem Online-Reisemagazin kofferpacken.at. Dort findet ihr Denkanstöße für achtsames Reisen und auch konkrete Reisetipps. Ohne Auto, ohne Flieger, ohne Konsum und vielleicht auch ohne Selfies für Instagram.

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Querweltein

Gleiches Thema, andere Herangehensweise. Der Ratgeber von Pia Wieland und Tobias Ertel sammelt zwanzig Geschichten von sehr alternativen Reiseabenteuern. Zu Fuß, per Anhalter, mit dem Fahrrad, oder dem Kanu – die ganze Welt lässt sich so umweltfreundlicher entdecken. Ob Tage, Wochen, Monate oder Jahre, die Reiseberichte sind nicht nur persönliche Erzählungen. Sie lassen sich mit Karten nachvollziehen und wer möchte, kann sich auf die Spuren der Protagonist:innen begeben.

Vielleicht, dass die Zeit, das Leben, unser Planet, alles, „wie im Flug“ vergeht, wenn man das Gespür für langsamkeit, Weite und Ferne verloren hat.

Beginnen wir einfach mit einem Mikroabenteuer. Das ist ein lokales, kostengünstiges, umweltfreundliches und kurzes Abenteuer – mindestens acht und maximal 72 Stunden lang. Öffis sind erlaubt, und wenn man übernachtet, dann unbedingt draußen! Klingt jetzt erst mal nach vielen Regeln, geht aber recht einfach. Du kannst mitten in der Nacht aufstehen und an einen besonderen Ort mit toller Aussicht wandern, um dort den Sonnenaufgang und ein mitgebrachtes Frühstück genießen. Oder geh zum Bahnhof, nimm den nächsten Regionalzug der abfährt und steig in der nächsten Stadt aus, um diese zu erkunden. Gerade mit dem Klimaticket kann man so seine Heimat ganz neu kennenlernen.

Die fast kindliche Herangehensweise des Buchs und die einfachen Lösungen und Zugänge zu vermeintlichen komplexen Themen sind erfrischend und machen neugierig. Neben der verspielten handgezeichneten Grafik und den persönlichen Fotos der Reisenden hat das Buch auch viele Tipps und Wissenswertes zum nachhaltigen Reisen parat.

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