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Lido Sounds: Quality Music for Quality People

„Kleckern statt Klotzen“ – Linz geht in Sachen Sommerfestival neue Wege und bietet Mitte Juni große Namen auf der Donauseite an: Peter Fox, Florence & The Machine und Die Toten Hosen sind nur einige davon.

„Lido Sounds“ heißt das neue Festival an der Linzer Donaulände. Alles neu, quasi, denn nach einigen Jahren am Ahoi! Pop-Sommer neben dem Linzer Lentos mit Arcade Fire, Sigur Ros, Bilderbuch und Beirut, aber auch Yung Hurn und Sido, wechselt vom 16.-18. Juni das Festival auf die Urfahraner Seite der Donaulände. Kapazitätsbedingt wohl – immerhin erwartet sich die Co-Produktion von Arcadia Live und LIVA bis zu 30.000 BesucherInnen. Täglich, wohlgemerkt. Dazu beitragen soll ein Lineup, das Linz in dieser Größenordnung schon sehr, sehr lange nicht mehr gesehen hat. Soweit, so opulent. Zeit also, sich das Lineup mal genauer anzusehen, das sich von 16.-18. Juni 2023 ein Stelldichein and der Linzer Donau geben wird.

Tag 1: The Stars, The Moon & die Freiheit der Kunst

Am 16. Juni steht die Donaulände ganz im Zeichen von Florence + The Machine. Florence Welsh muss man nicht mehr vorstellen – die wahrscheinlich mit beste Stimme in der weiten Welt der Pop-Musik. „You’ve Got The Love“, „Dog Days Are Over“, „Shake It Out“, „Cosmic Love“, „Never Let Me Go“ – die Liste der Hits ist unendlich lang, und Gastspiele der im Süden Londons aufgewachsenen Künstlerin ein audiovisuelles Gesamterlebnis. Neues Album inklusive und ein Konzert, das die Messlatte an „leiwand“ in Linz doch sehr hoch legen wird.

Apropos „audiovisuelles Gesamterlebnis“: das ist wohl auch die Kurzbeschreibung von Alt-J. Das Trio hat mit ihrem Debut „An Awesome Wave“ bereits untermauert, wohin ihr Weg gehen soll: an die Spitze. Es folgen „This Is All Yours“ und „Relaxer“, bevor mit „The Dream“ aktuell Album Nummer #4 erschinenen ist, mit dem sie während des Sommers 2023 touren werden. Für den Preis als „beste Lichtshow des Festivals“ haben wir mit Alt-J aber schon mal den Goldfavoriten auserkoren.

Neben den Headlinern ist auch die „Reihe 2“ eigentlich headlinerwürdig: mit Danger Dan, einem MC-Drittel der Antilopen Gang, der mit „Das ist alles duch die Kunstfreiheit gedeckt“ den wohl politischsten Song des Jahres veröffentlichte, deutschlands Indie-Aushängeschild Giant Rooks, die heimische Ausnahmestimme Avec und My Ugly Clementine. Gerüchten zufolge soll das aber noch nicht alles sein. Würde aber vielleicht auch schon reichen, seinen musikalischen Mittelpunkt nach Linz zu bewegen. „Dog Days Are Over“ – der Name an diesem Freitag sollte Programm sein.

Tag 2: Bussi, ein Auswärtsspiel in der Fickt-Euch-Allee

Samstag – musikalisch dann doch ein Stilbruch zum Alternative-lastigen Freitag. Rock ist angesagt, denn Campino & seine Toten Hosen haben sich angesagt. Vorstellen braucht man sie eh nicht mehr – „Auswärtsspiel“, „Tage wie diese“, „Hier Kommt Alex“ – die Toten Hosen gehören zu den bestimmenden Protagonisten der deutschen Musikszene und sind einer der wohl meinungsbildensten Bands des Landes. Lustigerweise auch eine der Bands, deren Hausverbot im Linzer Posthof erst 2019 aufgehoben wurde. Vielleicht wird man ja doch als Band auch noch erwachsen.

Dieses Prädikat gilt wohl auch für Wanda, die nach dem Ableben von Keyboarder Christian Hummer neue Perspektiven in der Bandgeschichte einschlagen. Fünf Alben umfasst die Discografie bisher, von Tante Ceccarellis „Amore“ 2014 bis zum Wanda-Album „Wanda“ 2022. Eine der raren Gelegenheiten, die Band nächstes Jahr live zu sehen, wird am Lido Sounds in Linz sein. Die treue Fangemeinde wirds danken, soviel trauen wir uns schon mal vorwegzunehmen.

Weiters am Samstag im Programm: die deutsche Party-Abriss-Band SDP, die die Pyrotechnik-Auflagen wohl bis auf den letzten Buchstaben ausreizen möchte, die Alternative-Aushängeschilder Beatsteaks, die immer noch nicht müde werden, sowie die Electro-Punker Grossstadtgeflüster & SXTN-Hälfte Juju. Auch hier gilt: Das war noch nicht alles, wie uns ein Vögelchen geträllert hat.

Tag 3: Pinke Zukunft, Maske, Hip-hop & Arbeiter:innen-Botschaften

„Alle sehen schwarz, ich seh die Zukunft pink!“ – mit diesem Track gemeinsam mit Inéz Schaefer (bereits im vergangenen November mit ihrem Hauptprojekt Ätna zu Gast in Linz) meldete sich Peter Fox zurück. Der Seeed-Member veröffentlicht heuer sein erstes Soloalbum seit dem Hall-of-Fame-Album „Stadtaffe“ im Jahr 2008. Fünfzehn Jahre und eine bewegte Seeed-Historie später ist Peter Fox wieder da – hier darf man wirklich gespannt sein, was der Berliner im Jahr 2023 zu sagen hat.

Apropos gespannt sein: das darf man auch auf Phoenix sein, die hier in der Redaktion das Prädikat „spannendeste Band seit langem, die in Linz spielt“ mühelos für sich verbuchen kann. „Alpha Zulu“ heißt die aktuelle Platte der Franzosen, die Indie-Pop auf ein neues Level heben. Bereits seit 1996 (!) aktiv, sind Phoenix sicher die Band, die sicher bei vielen BesucherInnen noch als „Geheimtipp“ durchgeht, und eine der Bands ist, die man spätestens nach dem Festival in das musikalische Herz schließt!


Nebenbei am Start: Apache 207 für die Hip-Hop-Fraktion, Masken-Pionier Cro, die Sleaford Mods als Vertreter der britischen Arbeiterbewegung, Jeremias für die jüngere Indie-Fraktion, die Viagra Boys für den obligatorischen Mitten-im-Festivaltag-Abriss, Salo als heimischer Newcomer, sowie Apollo Sissi und Bon Jour. Auch hier gilt: Lineup wird noch erweitert!

Und was kostet der Spaß eigentlich?

Ja, wir wissen: Inflation, steigende Lebenskosten & Co sind allgegenwärtig. Auch in der Kultur- und Musiklandschaft machen sich hier die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen bemerkbar. Was kostet der Spaß eines „Quality music for qualitiy people“, wie sich das Lido Sounds selbst beschreibt, eigentlich? Nunja, es könnte angesichts vergleichbarer Festivals teurer sein, wie wir meinen. So schlägt das Tagesticket „Standard“ aktuell mit 117 Euro zu Buche (Stand: Mitte Februar), das Tagesticket „Comfort“ samt Bier & VIP-Bereich dann doch schon schlappe 297 Euro täglich. Billiger wirds natürlich mit dem Festivalpass: 117€ pro Tag, 207€ für 2 Tage und 237€ für drei Tage stehen hier zu Buche. Knapp 80 Euro pro Tag also mit Festivalpass – angesichts des Lineups ist das dann aber doch noch human, wie wir meinen. Weiters werden „regionale Köstlichkeiten“ und „leichte Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ versprochen. Wir zählen jedenfalls schon mal die „relativen“ Linz AG-Straßenbahn-Warteminuten und freuen uns derweilen mal auf ein Festival mit einem Lineup, das Linz so wohl noch nie gesehen hat!

Weitere Infos & Tickets finden sich unter www.lidosounds.com

Foto: Lido Sounds

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.