Katya @ Maifeld Derby Festival 2023
Foto: Andreas Wörister

Maifeld Derby Festival 2023 – Power zur Halbzeit

Bei weiterhin grandiosem Wetter startete das Maifeld Derby Festival in Mannheim in den zweiten Tag. Nach dem sehr guten Start gestern legte Mannheim an diesen Samstag nochmal nach. Bands wie Phoenix, Noga Erez oder Warpaint brachten den Maimarkt zum beben!

Festivals sind nicht zum schlafen da! Nach einer eher kurzen Nacht, aber gut, sind wir froh, dass das Wetter schön ist, geht es dann leicht ko in einen ebenso schönen zweiten Tag. Und zwei Eiskaffee später ist die lange Nacht zuvor auch schon wieder vergessen. Weiterhin traumhaftes Sommerwetter hier in Mannheim. Stimmungstechnisch auch weiterhin top, kann also losgehen nachdem man sich bei den Kolleg:innen vom Maifeld Derby Team mal erkundigt hat, was sonst gestern noch passiert ist.

Cabin On Pluto

Den Auftakt bei Temperaturen über 30 Grad machten dann auf der Open Air Bühne Cabin on Pluto. Genre, to be honest, keine Ahnung. Das war gut, aber auch unmöglich in eine oder ein paar einzelne Schublade einzuordnen. Post-Punk, Deutschpunk auf Englisch gesungen, Shoegazing, Lemmy von Motörhead und Drangsal. Ganz wilde Mischung die von Song zu Song neu überrascht. Sicher nicht jedermanns und jederfraus Sache aber wir fanden das gut. Auch von technischen Problemen haben sie sich nicht großartig beeindrucken lassen und es gab eine motivierte Home-Crowd vor der Bühne.

Sorcha Richardson

Bereits im Vorfeld des Festivals waren wir von der irischen Sängerin Sorcha Richardson schwer begeistert. Jetzt die entscheidende Frage: konnte sie unsere Erwartungen auch live als erster Act auf der Hauptbühne erfüllen? Und wie! Wobei nicht ganz. Musikalisch und stimmlich eine Gewalt. Eine der wohl besten Stimmen auf dem Festival. Die Songs waren in ihren Feinheiten sehr unterschiedlich. Nur muss ich sagen, dass „Ruin Your Night“ nicht dabei war, hat mich doch etwas enttäuscht. Auch an Energie hat es ihr und der Band nicht gemangelt, wirklich in dieser musikalischen Hinsicht ganz großartig.

Wieso jetzt nicht ganz erfüllt: Weil es entweder die falsche Bühne war oder die falsche Uhrzeit. So richtig wollte das Publikum nicht mitmachen. Kann an den gefühlt 60 Grad im Zelt der Hauptbühne liegen, an der doch frühen Uhrzeit oder an der falschen Bühne. Keine Ahnung was ausschlaggebend war. Genug Energie für die Open Air Bühne hätte sie aber und würde auch auf die Kleine Parcours D’Amour Bühne gut passen – dann wär’s perfekt!

Katya

Ein bisschen ist dieser zweite Maifeld Derby Tag ja auch der „Ösi-Tag“. Den Anfang in dieser Hinsicht machte Katya, Singer-Songwriterin aus Wien. Das war am Ende des Tages ein bisschen eine Wundertüte für alle Beteiligten, kannte man doch außer dem Content auf Instagram nichts weiteres von ihr. Stellte sich dann als sehr, sehr schöne Wundertüte heraus! Ganz ohne seltsamen patriotischen Bonus war das stimmlich wirklich großartig. Feinfühlig, jeden Ton getroffen, trotz merklicher Nervosität, schöne Abwechslung zwischen den Nummern, einzig das Thema Live-Konzert ist noch ausbaufähig. Das kann natürlich an der Nervosität gelegen haben, aber das war dann schon etwas unangenehm rasch durchs Set gerusht. Aber dieses Set war über jeden Zweifel erhaben, wirklich eine musikalisch äußerst positive Überraschung. Das Publikum in Mannheim sah das offensichtlich genauso, denn da war es zum ersten Mal auf der kleinen Bühne gestopft voll! Da darf man sich auf das kommende Album freuen!

Hope

Vor kurzem mit Interpol auf Tour, hier und heute einen Tag vor Interpol im Hüttenzelt, Hope. Sehr sphärischer Indie-Rock, der fast zu dicht, zu intensiv in seiner Klangkulisse für das kleine Zelt ist. Intensiv, fast schon episch, gerne wieder!

Noga Erez

Das Palastzelt bebt zum ersten Mal an diesem Tag! Die israelische Musikerin Noga Erez bringt Energie in die Bude! Spätestens mit ihrem 2018 erschienen Debüt-Album „Off The Radar“ ist die junge Frau aus Tel-Aviv kein Geheimtipp mehr, sondern eine feste Größe die sich vor keiner Konkurrenz aus den USA oder co verstecken muss. Energiegeladener Hip-Hop im absoluten Zeitgeist, der live so unglaublich rein drückt, so viel Energie und Leidenschaft ausstrahlt, dass es eine Freude ist. So war es dann eben auch kein Wunder, dass das Maifeld Derby Publikum abging und das trotz weiterhin tropischen Temperaturen im Zelt. Highlight natürlich, und ab da wars spätestens pure Eskalation im Zelt, das Cover von Lil Nas „Industry Baby“. Absolutes Highlight an diesem Tag!

Viagra Boys

Politisch und sehr laut wurde es dann auch auf der Open-Air Bühne. Die schwedische Post-Punk Band, oder wie es das Programmheft sagt „Sarkastischer Post-Punk, so dreckig wie ein Disco-Besuch mit Happy End auf der Tanzfläche“, Viagra Boys betraten mit leichter Verspätung die Bühne. Die Verspätung war dann aber spätestens nach dem Witz über die Schweiz vergessen. Ansonsten ein schönes Set, inklusive der großen Hits wie „Punk Rock Laser“ oder „Sports“. Der Fokus lag im knapp 50-minütigen Set auf den beiden letzten Alben „Cave World“ und „Street Worms“. Immer wieder mal ein Witz oder kurze Ansprache von der Bühne, das Set sicher runtergespielt. Schlussfazit: souverän, aber bleibt doch was für Fans.

Sophia Blenda

Der Name Sophia Blenda könnte euch schon etwas sagen, war die Künstlerin doch erst vor kurzem am Stream Festival in Linz zu Gast. Das war aber, wie dieser Redakteur findet, nicht ganz die richtige Umgebung, der Parcours D’Amour dafür die perfekte! Vor allem bei stimmgewaltigen Songs wie „Wie Laut es war“, kommt ihre engelsgleiche Stimme in diesem Setting perfekt rüber. Kleines aber feines Set-Up bestehend aus Keyboard und Geige. Das ist dann einfach nur großartig. Dieser sphärische, traumhafte, volle und stimmlich unglaublich starke Sound von Sophia Blenda geht einfach in Mark und Bein und entfaltet in dieser Umgebung seine volle Stärke und bezaubert das Stadion. Liebes Maifeld Derby, da wäre beim Publikumszuspruch schon mehr gegangen? Alle die nicht da waren, großes Kino verpasst!

Warpaint

So langsam wurde es auch Kühler in Mannheim und das Finale des zweiten Tages rückt immer näher. Der Sonnenbrand existent und wehleidigen Fotografen und unseren lieben Kolleg:innen vom Maifeld Derby Videoteam tun so langsam alle Muskeln weh. Soll noch jemand sagen, das ist keine Arbeit. Aber nichts, was köstlicher Eiskaffee oder das lokale Bier um nur vier Euro, nicht lindern könnte.

Nach zehn Jahren Maifeld Derby Pause besuchte die amerikanische Indie-Rock Band Warpaint wieder Mannheim, dieses Mal auf der Open-Air Bühne. Lag natürlich auch daran, dass zwischen dem fulminanten Album „Heads Up“ und dem neuen Werk „Radiate Like This“, von 2022, sechs Jahre liegen. Die Band spielte dann zur Überraschung vieler sogar fünf Minuten früher als geplant, das war mal ein Sprint in den Fotograben. Aber ach, war das schön! Warpaint liefern stimmlich und instrumental hervorragenden Indie-Rock ab, gemischt mit Dreamy-Elementen, die durchaus Ähnlichkeiten mit Bands wie Alt-J haben und auch dem Zeitgeist des heutigen Indie entsprechen. Wobei das neue Album deutlich stärker in eine Pop Richtung geht. So war es dann auch live eine schöne Mischung aus den alten Nummern wie „Love is to die“ und neuem Material wie „Hips“. Mal tanzbar, mal zum wippen und genießen, stets auf den Punkt und eigentlich der perfekteste Act für diese Bühne. Das Publikum stürmte nicht nur die Fläche vor der Bühne, sondern dankte es der Band auch mit viel Motivation und bewegte die müden Knochen. Ach, wieso musste dieses Konzert enden? Ganz, ganz großartig! Für Indie-Fans sowieso eine Pflichtempfehlung!

Phoenix

Last but not least wieder zurück ins Palastzelt und zwar zum „Ritt auf einem weißen Schimmel“, wie es das Programmheft so blumig beschreibt und zu einer ganz anderen Interpretation von Indie bzw. Indie-Pop/Rock wie zuvor bei Warpaint. Die französische Band Phoenix betrat die Bühne! Wieder Indie aber ganz anders. Während Warpaint diese starken sphärischen, dichten Elemente in ihrer Musik hat, ist Phoenix Indie-Pop der 90er und Anfang 2000er. Das ist hell, das ist unglaublich tanzbar, verbreitet beste Laune und einfach ein Feuerwerk des Glücklichseins. Obwohl nicht von der Insel erinnert das dann doch auch sehr an Bands wie Maxiko Park, Matchbox Twenty oder die Kaiser Chiefs. Verfeinert bis zur Perfektion. Eigentlich die perfekte Sommer-Festival oder Roadtrip Musik. Stimmung großartig, egal ob bei alten Klassikern wie „1901“ in der Zugabe, „Lisztomania“ zu Beginn oder neuem Material wie „After Midnight“ in der Mitte des Sets. Einfach tanzen, Spaß haben und diesen traumhaften Indie-Pop feiern, mit jedem Muskel spüren. Das war einfach eine perfekte Party!

Was nicht weniger beeindruckend war, waren die Visuals, die Lichtshow, einfach die gesamte Produktion. Wir hätten euch das wirklich gerne auf Kamera eingefangen, war aber nicht möglich, da waren sogar unsere Kameras überfordert. Das ist auch nichts was Fotos rüberbringen können. Aber glaubt uns, das ist wohl einer der besten Produktionen und die wohl beste visuelle Show, die ihr sehen könnt! Passend zum Song, ständige Abwechslung, unglaublich viele Elemente. Vom Screen, über LED-Strips, Hazer und zig andere Scheinwerfer. Bist du fertig, war das gut, besser geht nicht mehr!

Alles in allem ein wirklich perfektes Konzert, ein perfekter Headliner, das wird schwer zu topen sein!

Wer noch weiter motiviert war konnte seine Restenergie im Moshpit bei Deutsch-Punk mit Pisse oder zu Synthie-Techno-Punkt bei PVA los werden.

Schlusswort

Was sollen wir noch sagen. War das großartig! Der zweite Tag am Maifeld Derby legte ganz klar den Turbo ein, drückte das Gaspedal ganz kräftig bis Anschlag durch. Egal ob großartige Stimmen wie Sophia Blenda oder Sorcha Richardson, schräger was-auch-immer Rock von Cabin on Pluto, oder der perfekte und abwechslungsreiche Indie Abschluss mit Warpaint und Phoenix. Dieser Tag zeigt wieder exemplarisch, was für ein großartiges und abwechslungsreiches Line Up hier jedes Jahr geboten wird.

Die Stimmung, das Wetter und das Publikum weiterhin top. Alle motiviert, alle liebenswert, kein Stress. Ebenso mal hier erwähnt: das tolle kulinarische Programm. Shoutout an die Kombüse und den Eiskaffee. Das ganze zu sehr fairen Preisen. Bier um vier Euro, ein Wrap der einen den ganzen Tag satt macht um 8 Euro oder vieles mehr.

Foto: Andreas Wörister

Musikliebhaber, Festivalreisender, Konzertsüchtig, Vinylnerd, Photograph, Konzertveranstalter, Linz-Liebhaber