Filmstill aus Innocence
Foto: filmfestivalfreistadt.at

Innocence

Die Dokumentation INNOCENCE erzählt durch die persönlichen Tagebucheinträge und Gedichte verstorbener SoldatInnen, von der erzwungenen Militarisierung israelischer Jugendlicher und wie sie trotz versuchten Widerstandes letztendlich doch aufgaben.

Ein einsamer Soldat, der die Wüste durchquert. Mit dieser Drohnenaufnahme beginnt der hundertminütige Dokumentarfilm des israelischen Regisseurs Guy Davidi. Voice Over Stimmen lesen nacheinander Tagebucheinträge von Jugendlichen, die nie mehr aus ihrem Wehrdienst zurück kamen. Sie geben uns einen intimen Einblick in die Hoffnungen und Zukunftswünsche der jungen Erwachsenen. Vor allem aber erfährt man von den tiefen Ängsten, die die jungen Erwachsenen vor und während dem Wehrdienst hatten. Private Bilder und Videos aus der Kindheit der Verstorbenen untermalen die Erzählungen. Gleichzeitig verdeutlichen reale Aufnahmen von Militärübungen und Raketenangriffen, wie sehr sich die Jugendlichen danach sehnten, dass dieser Alptraum endlich ein Ende findet. 

Kinder des Staates

Zwischen den Erzählungen wird uns ein Einblick darin gegeben, wie früh die Propaganda in Israel beginnt. Bereits im jungen Alter wird den israelischen Schulkindern ihre Pflicht, für das eigene Vaterland kämpfen zu müssen, klargemacht. Denn sowohl Männer als auch Frauen werden in Israel mit 18 Jahren zum Wehrdienst eingezogen. Leider kommen aber nicht alle von ihnen wieder heil zurück. Wer sich davor weigert, muss mit einem langwierigen Prozess rechnen und nicht immer nimmt dieser ein gutes Ende. Es scheint unfassbar, diesem System nicht entkommen zu können.

Fazit

Innocence ist eine Dokumentation, die durchaus eine Weile braucht, um den Zuseher zu fangen. Erst wenn man die Tagebucheinträge und Geschichten der verstorbenen Soldaten etwas zuordnen kann, schafft es der Film, das Publikum zu fesseln. Verstörende Bilder, die Kinder mit Waffen in den Händen zeigen, stehen im starken Kontrast zu den privaten Familienaufnahmen, bei denen fröhlich getanzt wird. Die Aufnahmen weinender und verzweifelter Mütter, die die Abschiedsbriefe ihrer verstorbenen Kinder vorlesen, gehen tief unter die Haut.

Der Film gibt einen ganz neuen Einblick in die Rekrutierung und Ausbildung Israels SoldatInnen. Statt von motivierten Kriegern wird von verzweifelten Jugendlichen erzählt, die vor dem System kapitulieren, die Hoffnung verlieren und letztendlich jedoch keinen Ausweg mehr finden. Ich denke vor allem diejenigen, die eine fortschreitende Militarisierung befürworten, sollten sich diesen Film ansehen, denn die Dokumentation führt uns nicht nur sozialen Folgen, die dadurch entstehen vor Augen, sondern verdeutlicht nochmal die Freiheiten und Privilegien, die wir haben.


INNOCENCE

Innocence

Regie: Guy Davidi
Kamera: Guy Davidi, Avner Shahaf
Israel, Island, Dänemark, Finnland, 2022
100 Minuten


Festival Der neue Heimatfilm

23. – 27. August 2023

www.filmfestivalfreistadt.at

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Festival Der neue Heimatfilm 2023