Blasmusik Kapelle aus dem Film Orkester
Foto: Mitja Licen

Orkester – What happens on Tour. Stays on Tour.

Eine slowenische Blaskapelle tourt mit einem gemieteten Reisebus zu einem Blasmusik-Festival nach Österreich. Trinkgelage und gemeinsames Musizieren geben der Reise vom frühen Morgen bis in die späte Nacht Struktur. Wer einmal auf Klassenfahrt war, weiß um die Dynamik von Gruppen.

Der Film beginnt vor der Abfahrt nach Österreich mit einem Gruppenfoto vor dem Reisebus. Statt „Cheese“ schreien die slowenischen Blasmusiker*innen „Spritzer“. So kann man wohl auch den Inhalt des Films beschreiben: In 111 Minuten Film wird unglaublich viel Alkohol konsumiert, dazu gesungen und musiziert. Eine Milieustudie – zwischen Slowen*innen und Österreicher*innen, zwischen verschiedenen Generationen, zwischen Gastgeber*innen und Gästen.

EINE GRUPPENFAHRT UND DER ALKOHOL

Zu Beginn des Films startet die Busfahrt von Slowenien in ein österreichisches Dorf, in dem das Blasmusik-Festival „Harmonie“ stattfindet. Hierfür reist die Blaskapelle aus der slowenischen Partnerstadt an. Jede:r Zuschauer:in, der schon einmal Teil einer Klassen- oder Gruppenfahrt gewesen ist, kann die ersten 30 Minuten des Filmes gut nachvollziehen. Die ersten Probleme treten bereits auf, wenn es um das Einsortieren der Koffer geht und wer neben wem im Bus sitzt. Den ersten Teil der Fahrt wird gemeinsam gesungen und vor allem Alkohol getrunken.

In einer weiteren Szene werden vier der in Slowenien zuhause gelassenen Ehefrauen gezeigt, die sich in einem Lokal betrinken und mit anderen Männern vergnügen. Beim Nachhausefahren werden sie von der Polizei erwischt, am Steuer Magi (Ana Facchini), betrunken und ohne Führerschein.

GENERATIONENKONFLIKTE

Vor allem die zwei verschiedenen Busfahrer, Rajko (Gregor Čušin) und Emir (Jernej Kogovšek), werden genauer beleuchtet und stehen im Film auch als Zeichen für den Generationenkonflikt. Rajko, ca. 60 Jahre alt, kurz vor dem Ruhestand, der sich gerne gemeinsam mit der Blasmusik betrinkt. Emir, ca. Mitte 30, der nicht Teil der Trinkgelage sein möchte und das Ziel verfolgt, mit dem verdienten Geld seine junge Familie zu ernähren. Die beiden reden nicht viel miteinander, aber bei jedem Dialog wird klar, dass sie in unterschiedlichen Welten leben. „Sprichst du immer über Video mit deiner Frau?“, fragt zum Beispiel Rajko Emir am Abend vor dem Schlafengehen.

Weitere Charaktere, die näher beleuchtet werden, sind die Geschwister Maruša (Ela Murko) und Cene (Matej Abrahamsberg). Bei der Busfahrt machen sie sich immer wieder lustig über die ältere Generation und drehen Handyvideos für Social Media. Ihr Vater ist der Kapellmeister. Maruša erwischt ihn inflagranti mit einer Blasmusikerin des Orchesters, wie sie in das Zimmer des Vaters verschwinden. Daraufhin wirft sie aus Wut das Fenster eines Dönerladens im Dorf mit einem Stein ein.

GASTGEBER*INNEN und GÄSTE

Nach ca. 60 Minuten Film tritt zum ersten Mal das österreichische Gastgeber-Ehepaar Marie (Maria Hofstätter) und Alois (Alexander Mitterer) in Erscheinung. Ab diesem Zeitpunkt wird im Publikum auch viel gelacht und geschmunzelt. Zwei Blasmusiker sind bei ihnen untergebracht und es wird ein Klischee nach dem anderen bedient. Das christlich-konservative, im Dorf wohnende österreichische Ehepaar trifft auf die „Ausländer“. Die Ehefrau hat sich gewünscht, dass Frauen bei ihnen untergebracht sind. Stattdessen sind es zwei trinkfeste Slowenen geworden. Nach einer distanzierten Begrüßung beziehen die zwei Männer das Zimmer und reißen Witze wie „wenigstens sind wir nicht in einem Keller eingesperrt“. Währenddessen räumt Marie ihren Schmuck in Kisten, um ihn zu verstecken, damit die fremden Männer diesen nicht klauen.

Nach einer durchzechten Nacht in der Kneipe kommen die beiden Slowenen sturzbetrunken nach Hause. Einer von ihnen übergibt sich noch im Hausgang, dann schlafen beide, mit dem Kreuz, das in ihrem Zimmer hängt, in der Hand, selig ein. Am nächsten Tag wird Alois darauf aufmerksam, dass sein geliebter Preis des „Grand Prix der Blasmusik“ nicht mehr da ist. Sofort beschuldigt er die „Ausländer“ und zeigt somit einen tief verankerten Rassismus.

Der Film endet damit, dass bei der Rückfahrt der Bus einen Hirsch anfährt, der nach einer Zeit lang gemeinsamer Suche im Wald tot aufgefunden wird. Anschließend wird die Rückfahrt nach Slowenien fortgesetzt und lässt die Zuschauer*innen etwas ratlos zurück.

FAZIT

Während der ersten Stunde des Films sind einige Menschen im Publikum gegangen. Nach dem Film hörte ich eine Zuschauerin auf die Frage, wie der Film gewesen ist, sagen: „Naja, viel gsoffn haben’s“. Auch ich weiß nicht genau, was der Film aussagen soll. Bis auf die gute schauspielerische Leistung von Maria Hofstätter und Alexander Mitterer, die man leider nur ca. 30 Minuten des Films sieht, bewerte ich den Film als eher durchschnittlich.


ORKESTER

ORKESTER

Regie: Matevž Luzar
Kamera: Simon Tanšek
Slowenien, 2022
111 Minuten


Festival Der neue Heimatfilm

23. – 27. August 2023

www.filmfestivalfreistadt.at

Alle Artikel zum Festival hier auf subtext.at

Festival Der neue Heimatfilm 2023

Kulturfrau // Veranstalterin // Konzert-, Kino- und Museumsliebhaberin // Beisl-Liebe // Yoga // Wandern