Folkshilfe: ausgsteckt is
In reduziertem Gewand, aber doch sehr präsent on stage: das heimische Quetschn-Pop-Aushängeschild Folkshilfe gastierte „unplugged“ in den ehrwürdigen Räumlichkeiten des Linzer Brucknerhauses. Sold Out – zurecht!
1470 Sitzplätze bietet der große Saal des Brucknerhauses. Ein Konzertsaal mit herausragender Akustik in einem Haus, das es in letzter Zeit in den Schlagzeilen und hinter den Kulissen nicht leicht hat. Deswegen anfangs noch eine Feststellung: freundliche MitarbeiterInnen an Kassa, Einlass und Platzanweisung hat das Brucknerhaus auch zu bieten. In Zeiten wie diesen umso unterstreichenswerter, dass genau diese das Haus auch so nach Außen vertreten, wie es sein soll: besucherorientiert. Wenn auch die Ausschank ob des überwältigenden Andrangs das Prädikat „verbesserungswürdig“ verdient gehabt hat, aber dafür kann das Haus per se ja auch wenig. War aber auch so ein schöner Konzertabend mit der Folkshilfe, aber dazu jetzt mehr.
Das Trio Flo Ritt, Gabriel Fröhlich und Paul Slaviczek hat sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten (mit Umbesetzung) buchstäblich hochgearbeitet. Was im Kultur HOF in der Linzer Ludlgasse begann, fand gestern im ausverkauften Brucknerhaus einen weiteren vorläufigen Höhepunkt. Dazwischen? Hat sich die Folkshilfe stetig weiterentwickelt. Fast wäre sie ja auch beim Songcontest gelandet, hat das erste Konzert im Posthof in Linz nach dem Lockdown gespielt und ist mehr als gern gesehener Gast in verschiedensten Festivalsettings. Auch Sportevents sind nicht sicher vor ihnen, und ja, auch wir können sagen, sie mal „irgendwann früher“ veranstaltet zu haben. Genauer gesagt im Linzer Musikpavillon. Soweit mal ein kleiner musikalischer Rückblick.
Die Gegenwart an diesem Montagabend hieß „Folkshilfe Unplugged“ im Brucknerhaus. Die eingangs angesprochenen 1470 Sitze im Brucknerhaus waren jedenfalls allesamt gefüllt – und ja, diese Show war die eigentliche Zusatzshow für den regulären Termin am kommenden Freitag, den 25.10. Dass dieser auch ausverkauft ist, versteht sich von selbst. Zugegeben, anfangs ist es noch ein komisches Gefühl, die Folkshilfe vor „bestuhltem“ (sic!) Publikum, wie es Frontmann Flo ausdrückte, zu sehen. Die Krankenschwester in mir lacht über dieses schlechte Wortspiel mehr als sie sollte. Aber kann „unplugged“ funktionieren, wenn man von Folkshilfe Ekstase, Glücksgefühl und Emotion gewohnt ist?
Folkshilfe: auch im reduzierten setting mitreißend
Kleiner Spoiler: es funktioniert. Reduziert ist in diesem Setting ein Behelf, um die Musik vielleicht noch um das „Eitzerl“ emotionaler ans Publikum zu bringen. Gut aufgelegte Begleitband sowieso inklusive, und wenn die Quetschn schon mal nicht als Bassverstärker herhalten muss, dann hat der liebe Flo ja auch noch mehr Zeit für Zwischenansagen. Vire heißt das im Jahr 2023 erschienene, ja, vierte Album der Combo. Die Setlist? Ausgewogen, mit allen Mitsinghymnen wie Mama, Hau di her, Schena Mensch, Mir laungts, Maria Dolores, Karl und Resi und mehr. Dazu darf auch die nicht nur in Linz bekannte Bianca Ortner die erste Nummer nach der Pause zum Besten geben.
Pause? Ja, braucht man ja in der „Hochkultur“, wo man noch Ressourcen zum Konsum hat. Und wenns schon an der Bar länger dauerte, konnte man ja immerhin auch an den Merchtisch daneben ausweichen. Herausragend zum Schluss: die Premiere von Ohne Di im wirklichen Unplugged-Setting. Der sehr persönliche Song von Sänger Flo Ritt erscheint just am Freitag, dem Tag des zweiten Linz-Konzertes, und ist ein Vorbote auf Bunt, das im kommenden Jahr erscheinende Album. Dann auch wieder mit Linz-Termin, dieses Mal dann am 18. Juli mit einer Audienz am Domplatz im Rahmen von „Klassik am Dom“. Dann ohne bestuhltem Publikum (sic!) in gewohntem Umfeld.
Fazit des Abends: ein mehr als nachhallender Konzertabend. Ein Konzertabend einer Band, die sich „nach oben“ gearbeitet hat, aber der man dennoch immer noch abkauft, dass sie das, was sie on stage tun, gern machen. Nicht selbstverständlich, umso erfrischender zu sehen. Eine Band, die verschiedenste Charaktere sowohl auf als auch vor den Bühnen vereint. Und darum gehts ja beim Musikmachen eigentlich: Grenzen überwinden, getreu dem Motto „hauts eich her, samma mehr“. Für all jene, die am Freitag Tickets ergattern konnten: you’re in for a treat!
Foto: Christoph Leeb